River Lucifer - River Lucifer | |
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Review von derkleinekolibri vom 21.03.2024 (10539 mal gelesen) | |
"Unverhofft kommt oft?" Nein, eher selten. So etwas wie mit diesem Album habe ich bisher nur äußerst selten erlebt. Vollkommen ohne Vorwarnung spielte man mir RIVER LUCIFER mit dem gleichnamigen Album zu, das seit dem 16. Februar 2024 als Vinyl erhältlich ist. Des kleinen "Rockers" Neugierde war sofort geweckt, als auf dem Beiblatt vier verschiedene Musikgenres zu lesen waren. Aber, das vorweg, ich habe noch weitaus mehr herausgehört und komme auf neun Genres, die ich hier aufführe, ohne jeweils das Wort Rock anzufügen (das könnt ihr in Gedanken machen): Blues, Folk, Gospel, Hard, Pop, Prog, Psychedelic, Southern und Stoner. "Daredevil Records" kann man gratulieren, dieses Duo - denn mehr Leute sind es nicht - für sich gewonnen zu haben. Der Schwede Snicken, seines Zeichens Mitglied bei der Hard Rock-/Stoner-Formation STONEWALL NOISE ORCHESTRA, nahm einige Songs auf und dachte, der frühere Sänger Singe eben jener schwedischen Formation könnte einem oder zwei Songs seine Stimme leihen. Es endete aber damit, dass beide auf neun der zehn Stücke zu hören sind. Ohne jedweden Stress und ohne Terminverpflichtungen genossen sie das gemeinsame Aufnehmen von "River Lucifer". Die Schweden hatten jede Menge Spaß, sodass es nicht verwundert, dass sie am Ende sogar traurig waren, fertig geworden zu sein. Nachdem ich nun schon seit gut 57 Jahren bewusst Musik höre und seit 55 Jahren auch sammele, spiegelt dieses Album des schwedischen Duos praktisch meine 60er, 70er und 80er Jahre wider. Das beginnt sofort mit dem ersten Track 'Dying To Be Free', dessen Start mich an PINK FLOYD erinnert: Wabernde Klänge umfangen den Hörer, psychedelische Geräusche geben dem Stück neben der ständig bestehenden leicht bluesigen Grundthematik auch einen für die 70er typischen Prog Rock-Touch. Gitarren im Stile des Southern Rocks leiten 'Hello Spider' ein, THE ROLLING STONES der 60er Jahre sind deutlich musikalisch verortbar und stimmlich fiel mir spontan 'Boris The Spider' von THE WHO ein. Rockendes Gitarrenspiel verleiht dem viel zu kurzen Song das gewisse Etwas. Ein kurzes Solo lässt aufhorchen. 'Her Majesty The Night' hat Tendenzen zum Folk Rock. AL STEWARTs Werke vor seinem Megaalbum "Year Of The Cat" könnten hier Pate gestanden haben, auch ein Griff in die Gospel-Kiste wird wohl stattgefunden haben. Aber auch richtig rockig können die beiden Skandinavier aufspielen: Verdammt viel Dampf machen sie bei 'Submarine Vacation' mit dem typischen THE MOTORS-Sound der 80er Jahre. Der basslastige und mit akustischen Gitarren aufwartende fünfte Titel 'Back To Anger' ist Lagerfeuermusik vom Feinsten, hier erklingt eine (fast) typische Hard Rock-Ballade der fulminanten Eighties. Der Titelsong 'River Lucifer' hat dann den gewissen Groove und ein wenig der Düsternis früher PARADISE LOST- und THE SISTERS OF MERCY-Songs. Hier entfaltet sich ein besonders starker Tiefgang. Auf einen sanft dahinplätschernden Fluss scheint man durch die Fenster eines Irish Pubs in gemütlicher Runde zu schauen, lässt man 'The Moon Is My Witness' auf sich wirken. 'The Night Before The End' wirkt danach schon fast brachial, gitarrenlastig und mit einem herausstechenden Schlagzeugspiel weiß es zu glänzen, wobei auch mal wieder psychedelische Elemente Einzug halten. Eine klitzekleine "Schwachstelle" (nur wegen des mächtig hohen Niveaus der neun anderen Lieder) ist das sich mit knarzenden Gitarren dahinschleppende 'Driving'. RIVER LUCIFER haben in der Tat die 'Perfect Wave' mit dem das Album beendenden Titel gefunden. Dieser hat mich nicht nur wegen seiner Stoner-Elemente sehr berührt, sondern weil der Gesang an einigen Stellen jenem des erst vor einigen Tagen verstorbenen Steve Harley sehr nahe kommt. Es muss 1973 gewesen sein, als es mir mit 'Sebastian' von COCKNEY REBEL fast die Tränen in die Augen trieb. Steve Harleys Gesang war wundervoll und das änderte sich auch nicht, als man sich in STEVE HARLEY & COCKNEY REBEL umbenannte und zur Supergroup avancierte. Als Hommage an diesen begnadeten Künstler war das Stück von RIVER LUCIFER gewiss nicht gedacht, denn als das Album veröffentlicht wurde, lebte Steve Harley noch. Doch das ist noch nicht alles, was man zu diesem Song sagen kann, denn kurzzeitig hatte ich das Gefühl, John Lydon zu vernehmen, der als Sänger der SEX PISTOLS mit seinen Mannen der Musikwelt zur richtigen Zeit einen mächtigen Tritt in den Arsch verpasst hat. Ein Fazit zu ziehen, ist einfach: RIVER LUCIFER haben mit "River Lucifer" ein Meisterwerk abgeliefert! Es hat das Potenzial zu (m)einem Album des Jahres 2024. In den erlesenen Favoritenkreis dafür habe ich es bereits aufgenommen. Das frontseitige Coverartwork ist meines Erachtens gelungen. Die Rückseite hingegen hätte man besser gestalten können, indem man Snicken und Singe sich einander anblickend und nicht voneinander wegschauend abgelichtet hätte. Klar, das ist Meckern auf hohem Niveau, aber entweder analysiert man sorgfältig oder man verliert an Glaubwürdigkeit. So muss ich dann auch erwähnen, dass das Innersleeve auf einer Seite sogar miserabel gestaltet ist. RIVER LUCIFER, bitte vermeidet es doch in Zukunft, eure Texte ohne Absätze und fehlender Interpunktion aneinandergereiht zu präsentieren. Dann wäre euer Debütalbum in der Tat absolut makellos. Gesamtwertung: 10.0 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
01. Dying To Be Free 02. Hello Spider 03. Her Majesty The Night 04. Submarine Vacation 05. Back To Anger 06. River Lucifer 07. The Moon Is My Witness 08. The Night Before The End 09. Driving 10. Perfect Wave | Band Website: Medium: LP, Digital Spieldauer: 41:14 Minuten VÖ: 16.02.2024 |
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