Haken - Virus

Review von Metal Guru vom 09.07.2020 (10175 mal gelesen)
Haken - Virus HAKEN spielen seit circa 10 Jahren in fast unveränderter Besetzung metallischen Progressivrock, progressives Rockmetall, rockigen Metalprog oder welche Vermengung dieser völlig willkürlichen Zufallsbegriffe auch immer. Nach "Aquarius" (2010), "Visions" (2011), "The Mountain" (2013), "Affinity" (2016) und "Vector" (2018) veröffentlichen sie mit "Virus" ihr mittlerweile sechstes offizielles Full-Length-Album. Die zwar ebenfalls offizielle, aber eben livehaftige Veröffentlichung "L-1VE" (2018) lass’ ich mal außen vor. Als quasi 'Half-Length-Album' gab's zwischendurch noch "Restoration" (2014), das seinem Titel entsprechend älteres Material 'restaurierte' (= ersetzte, säuberte, vollendete) und anderen Kapellen mit über ’ner halben Stunde Spieldauer als Full-Length-Album genügt hätte. Nicht so bei/für/mit HAKENs "Virus": Hier gibt’s mal wieder/wie immer massig Material für moderate Moneten! Besprochen wird heute die Deluxe-Edition, bestehend aus einer Audio-CD, einer Instrumental-CD (= gesangloser Playback-/Sing-Along-Variante) und einem eingeklebten Booklet im corona-, äh, kanariengelben, momentan modischen Mediabook.

"Virus" heißt das hochinfektiöse Werk, umfasst 11 Songs (22 in der 'Deluxe-Edition') und zählt exakt 52 Minuten. Gleich das erste Stück 'Prosthetic' macht 2020 genau da weiter, wo "Vector" 2017 aufgehört hat. Der Song war bereits länger als Video raus (= dem Hardcore-HAKENer/der Hardcore-HAKENerin bekannt) und zeigte nicht weniger (aber auch nicht mehr) als eine Band bei der Arbeit: Fünf Typen mit ihren Instrumenten, ein Typ mit seinem Mikrofon, ein (für HAKEN-Verhältnisse) harter, kompakter, nicht zu langer Song! Aber auch ein 'richtiger' (= komplexer, langer und in fünf Shorttracks unterteilter) Longtrack namens 'Messiah Complex' ist diesmal dabei. DER bietet so ziemlich alles, was HAKEN zu der rockig-progressiv-metallischen Ausnahmeerscheinung macht, die sie nun mal sind: Ausufernde Arrangements, kompositorisches Konzept, melancholische Melodien, irrwitzige Instrumentalschlachten, perfekte Produktion, polyrhythmische Spielereien über krummen und schiefen Taktarten, turnusmäßige Themen und schädelspaltende Soli. Die einen (= die Band) sehen "Virus" als Fortsetzung von "Vector", die anderen (= ich) einfach nur als weiteren Langdreher einer der begabtesten Gruppierungen im metallisch-progressiv-rockigen Zirkus. Nicht grundlos versucht ein gewisser Mike Portnoy immer mal wieder, Teil der hakeligen Historie zu sein/zu werden: Angst, Bewunderung, Ehrfurcht, Faszination, Liebe, Neid, Respekt, Verehrung, Wertschätzung - who knows? Die Wahl des Mischers (NICHT des Produzenten) fiel wie schon bei "Vector" auf Adam 'Nolly' Getgood. Dieser Typ war bis vor kurzem nicht nur DER Langzeitbasser der Core-Djent-Math-Metaller PERIPHERY (MIT immerhin 3 Gitarristen, dafür aber OHNE Keyboarder), sondern auch zusätzlich deren Mann am (Misch-)Pult. Der virale Sound fällt dementsprechend dicht, fett, laut, komprimiert, metallisch, schwer und voluminös aus. Die Angewohnheit, Routine oder Unsitte vieler Zementkapellen, ihren jeweiligen Veröffentlichungen in deren jeweiligen Deluxe-, Limited oder Special-Versionen noch eine Instrumental-CD (= gesanglose Playback-/Sing-Along-Variante) hinzuzufügen, halte ich nach wie vor für interessant/lustig/nett, letztlich aber vollkommen überflüssig. Ich meine, WER bitte will denn bei WELCHER Art von (Karaoke-)Party beweisen, dass er oder sie eben genau NICHT wie Mr. Jennings singen kann? Allerdings demonstriert eine solche (Karaoke-)CD auch den wahren Wert, die Unverzichtbarkeit, die Qualität seiner Beiträge (ähnlich DREAM THEATERs James LaBrie).

CORONA, KUNST/MUSIK, ZUKUNFT
"Virus" als Titel für (irgend)ein Album im Jahre 2020 wäre eine Dummheit, Frechheit oder/und Provokation, wenn (ja, WENN) die Band diesen Titel als Kommentar, Reaktion oder/und Statement zum wahrscheinlichen Weltuntergang gewählt hätte - davon gehe ich mal NICHT aus! Vielmehr nehme ich an, dass das Cover-/Booklet-Artwork (inkl. Albumtitel), möglicherweise gar der Cover-/Bookletdruck bei Ausbruch bzw. nach Ausbreitung der 'herausforderndsten' Infektionskrankheit seit Menschengedenken bereits abgeschlossen war (= sich eine Einstampfung des bisherigen Entwurfs/Neudruckung eines veränderten Entwurfs nicht mehr 'lohnte'). Nein, du darfst oder kannst oder solltest keine Platte der Welt nach etwas benennen, was sie (= die Welt) so dermaßen derbe zwangsverändert! Für den theoretisch möglichen, praktisch aber wenig wahrscheinlichen Fall, dass HAKEN genau DAS, genau SO wollten, frage ich sie (= die Band), euch (= die Rezensionsleser/innen) und auch mich (= einen Hardcore-HAKENer): WAS, meine lieben Herren Konzeptkapelle, habt ihr euch bloß DABEI gedacht, warum macht ihr den potenziellen Käufern und letztlich auch euch selbst das Leben bloß SO schwer? Die LP-Version enthält gar ein 'Quarantäne Protokoll' zum Selbstausfüllen - soll ich jetzt sogar meiner Lieblingskapelle Zeugnis darüber ablegen, was ich während meiner Zwangsisolation gemacht oder nicht habe, hallo? Da momentan noch kein Mensch dieser Welt mit Bestimmtheit vorhersagen will oder soll oder kann oder DARF, ob und wann (wenn überhaupt) jemals wieder 'normale' Auftrittsbedingungen für Bands/Künstler/Projekte und Konzerte/Konzertbesucher/Veranstalter herrschen werden, gleicht DER Titel tendenziell einem künstlerischen Selbstmord. Fast so, als nannte die Kreativabteilung irgendeines Eisherstellers seine saisonale Sommersorte 'Coronian Dream', die Marketingabteilung irgendeiner Supermarktkette ihre heiße Holzofenkreation 'Pizza Quattro Vironi' oder die Werbeabteilung irgendeines Pharmazieunternehmens seine weder erfundene, noch getestete, noch zugelassene AB-Pille 'COVID 21' - dat Zeuch wirste nich' los, nich' JETZT, nich' SO! Aber ich schweife ab - sorry! Neun (NICHT zehn) Tropfen für HAKENs hochinfektiöses "Virus" einzig und allein aufgrund der Tatsache, dass DAS Meisterstück bereits mit "Visions" (siehe oben), spätestens mit "The Mountain" (siehe auch weiter oben) abgeliefert wurde und sich die Band seitdem - ja, ich weiß - da und hier wiederholt ...

Gesamtwertung: 9.0 Punkte
blood blood blood blood blood blood blood blood blood dry
Trackliste Album-Info
01. Prosthetic
02. Invasion
03. Carousel
04. The Strain
05. Canary Yellow
06. Messiah Complex I - Ivory Tower
07. Messiah Complex II - A Glutton For Punishment
08. Messiah Complex III - Marigold
09. Messiah Complex IV - The Sect
10. Messiah Complex V - Ectobius Rex
11. Only Stars
Band Website: www.hakenmusic.com
Medium: DoCD
Spieldauer: 52:00 Minuten
VÖ: 10.07.2020

Besucher-Interaktion

Name:
Kommentar:
(optional)
Meine Bewertung:
(optional)
(Hinweis: IP-Adresse wird intern mitgespeichert; Spam und Verlinkungen sind nicht gestattet)

Artikel über soziale Netzwerke verbreiten