Sabaton - The Great War | |
---|---|
Review von Cornholio vom 17.07.2019 (10653 mal gelesen) | |
Ja, die Schweden SABATON sind wirklich ein zweischneidiges Schwert. Die einen sagen, man könne doch nicht derartige Texte schreiben, und diese mit glorifizierender "Happy Metal"-Musik untermalen. Die anderen sagen, der Text sei doch vollkommen egal, auf die Musik komme es an. Ich sage, beide haben für sich recht, aber ich kann auch die jeweils andere Seite verstehen. Wie eigentlich immer, wenn es um eine Frage des Geschmacks geht, gibt es kein "richtig" oder "falsch". Ich höre SABATON generell sehr gerne, und zwar weil ich die Musik mag, und auch weil ich mich meistens auch für die Texte interessiere. Diesmal hat sich die Band wieder daran gemacht, ein Konzeptalbum zu erstellen, das zweite "richtige" nach dem 2012 veröffentlichten "Carolus Rex". Thematisch wird der Erste Weltkrieg behandelt, der international als "The Great War" oder "The War To End All Wars" bezeichnet wird. Dass beide Bezeichnungen zwei bis zweieinhalb Dekaden später hinfällig waren, weiß zwar jeder, aber die Namen sind trotzdem beibehalten worden. Um es vorweg zu nehmen: Leute, die SABATON bisher mochten, werden im Großen und Ganzen auch ihr mittlerweile neuntes Studioalbum mögen, und natürlich werden auch die vorigen Gegner die gleichen Themen kritisieren wie bisher. Ich muss sagen, bin hin- und hergerissen. Mir sind elf Tracks mit unter 40 Minuten Spielzeit deutlich zu wenig für ein ordentliches Konzeptalbum zum WW1, da hätte man deutlich mehr draus machen können. Der Auslöser beispielsweise, das Attentat von Sarajevo auf den österreichisch-ungarischen Thronfolger Franz Ferdinand, wird überhaupt nicht erwähnt, ebenso wie die historisch bedeutende Schlacht um Paschendaele (Dritte Flandernschlacht), die rückblickend sinnbildlich für die Sinnlosigkeit des Krieges steht. Andererseits würde ein Silberling vermutlich auch nicht ausreichen, um die Geschichte komplett zu erzählen und zu vertonen. Vielleicht hätte man auch die bereits thematisch passenden Songs der vergangenen Alben ('Cliffs Of Galipoli', 'Price Of A Mile', 'Far From The Fame' und 'Lost Battalion') noch unterbringen können, sei es neu aufgenommen, neu arrangiert oder als Bonustracks. Zeitgleich sind die Songs an sich ebenso typisch wie abwechslungsreich. Die bisher veröffentlichten Singles 'Fields Of Verdun' (PRIESTs 'Electric Eye' lässt grüßen), 'The Red Baron' (braucht seine Zeit, gefällt mir mittlerweile deutlich besser als am Anfang) und der Titeltrack versprechen ein Feuerwerk an Melodien und Chören, und diese Erwartungen können größtenteils erfüllt werden. Mein Fave ist übrigens 'A Ghost In The Trenches', das thematisch ebenso auf 'Heroes' hätte stehen können, genau wie 'The Red Baron'. Parallel dazu werden wieder historische Gegebenheiten aufgezeigt. Lawrence von Arabien ('Seven Pillars Of Wisdom'), der bis heute existierende größte Luftlandeverband der Welt ('82nd All The Way'), der Chlorgasangriff der Deutschen auf die polnische Festung Osowiec ('The Attack Of The Dead Men'), die US-Marines ('Devil Dogs'), Freiherr von Richthofen ('The Red Baron'), Francis Pegahmagabow ('A Ghost In The Trenches'), die Schlacht von Verdun ('Fields Of Verdun'), allesamt können aber wegen der knapp bemessenen Spielzeit nur angerissen werden. Gänsehaut sind bei den letzten beiden Tracks garantiert. 'The End Of The War To End All Wars' ist an Theatralik schwer zu überbieten, aber durchgängig in Moll dargestellt, um die Grausamkeit zu verdeutlichen. Der Abschluss des Albums lässt mich mit den Tränen kämpfen: 'In Flanders Fields' ist ein choral dargebotenes Gedicht des kanadischen Leutenants Colonel John McCrae, in dem er über den Verlust eines Kameraden klagt. Dass Krieg generell abscheulich ist, darüber sind wir uns wohl alle einig. Aber wer der Band, bei allen Melodien und Happy-Tunes zu Textzeilen wie "Nowhere to run, father and son fall one by one" und den beiden letzten Songs dieser Scheibe Kriegsverherrlichung vorwirft, dem ist nicht mehr zu helfen! Vor ein paar Jahren habe ich mal ein Interview mit Sänger Joakim Brodén gelesen, der meinte, dass es ihm lieber wäre, wenn ihm die Themen zu den Songs ausgehen würden, aber das wird wohl keiner von uns mehr erleben. Eine Sache möchte ich noch erwähnen. "The Great War" wird als normale und als "History-Edition" auf den Markt kommen. In meinen Augen grenzt die History-Edition an eine große Frechheit! Ich habe mich drauf gefreut, zu jedem Song eine oder zwei Minuten über das jeweilige Thema zu lernen - Pustekuchen! Es sind insgesamt nicht mal vier Minuten, und viel erfährt man in der Zeit nicht. Den einen Euro Differenz, den diese Variante ausmacht, kann man sich getrost sparen. Abgesehen davon, dass der Drive der Songs durch die Unterbrechungen total flöten geht, wobei man sich das im Vorfeld schon denken kann. Wer generell mehr zu den Hintergründen der Songs von SABATON wissen will, nicht nur auf "The Great War" bezogen, der schaut am besten auf dem YouTube-History-Kanal der Band vorbei, in dem die Band zusammen mit Historiker Indy Neidell verschiedene Themen ihrer Songs ausführlich erklärt und diskutiert. Ich freu mich jetzt schon auf die Tour im Januar! Gesamtwertung: 7.5 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
01. The Future Of Warfare 02. Seven Pillars Of Wisdom 03. 82nd All The Way 04. The Attack Of The Dead Men 05. Devil Dogs 06. The Red Baron 07. Great War 08. A Ghost In The Trenches 09. Fields Of Verdun 10. The End Of The War To End All Wars 11. In Flanders Fields | Band Website: www.sabaton.net Medium: CD, LP Spieldauer: 38:28 Minuten VÖ: 19.07.2019 |
Alle Artikel