Interview mit Sascha, Peter, Mira von In Morpheus' Arms

Ein Interview von Opa Steve vom 18.01.2010 (6608 mal gelesen)
Nachdem uns aus Duisburg ein starkes Album einer mir bis dahin völlig unbekannten Newcomer-Band auf den Tisch flog, war es nach einigen Hördurchgängen mal an der Zeit, die Jungs und Mädels etwas näher kennenzulernen.

Einen schönen Gruß nach Duisburg - habt ihr die Feiertage und den Jahreswechsel gut überstanden?

Sascha: Ja, wir hatten alle eine stressfreie Zeit mit viel zu viel zu Essen und sind gut ins neue Jahr gerutscht.

IN MORPHEUS' ARMS sind eine mir bis dato unbekannte Band. Erzählt doch bitte kurz etwas über euren Werdegang.

Sascha: Ich denke unser Werdegang unterscheidet sich nicht großartig von dem anderer Bands. Angefangen hat alles aus dem Spaß an der Musik und dem glücklichen Zufall, unseren ersten Drummer Holger Kalff vor ca. 8 Jahren auf einer Blues Session zu finden. Hals über Kopf haben wir einen Proberaum gemietet, einen Deckenleuchter als Mikrofonständer umfunktioniert, und mit 2 Gitarren über einen kleinen Heimverstärker gespielt. Natürlich gab es dann ein paar Line Up Wechsel und einen neuen "Mikrofonständer" und voilà IN MORPHEUS' ARMS ward geboren. Seit nunmehr 5 Jahren können wir uns in dieser Besetzung behaupten und in der Zeit wächst man natürlich musikalisch und in seinen Aufgaben, sammelt live Erfahrung, produziert sein erstes Album, und natürlich schauen wir immer, dass es voran geht. Und jetzt sind wir hier (lacht).

Aus eurer Bandinfo geht hervor, dass alle Mitglieder noch relativ jung sind. In diesen Zeiten befinden sich junge Menschen meistens in der Ausbildung oder versuchen, in Berufen Fuß zu fassen. Wieviel Zeit nimmt die aktive Musik in eurem Lebensalltag ein?

Sascha: Alles was sonst noch übrig bleibt und noch mehr (lacht). Ich denke jeder von uns ist mit Leib und Seele Musiker und steht hinter der Band. So hat jeder seinen Aufgabenbereich, den er neben Beruf/Ausbildung/Studium quasi in jeder freien Minute abdeckt und Songs schreiben bzw. Ideen sammeln kann man überall, auch mal auf der Arbeit oder in der Uni. Dann kommen natürlich noch die Proben und Auftritte.

Mich hat beeindruckt, wie souverän aufeinander eingespielt euer Album "Distrust The Mantra" klingt - es ist aus einem Guss, als würdet ihr schon Jahre Nichts anderes machen. Das ist insofern interessant, als dass ihr euch als Band bei den Credits anführt. Wie verläuft euer Songwriting in der Praxis?

Sascha: Die ganze Band schreibt die Songs und ich denke, dass ist etwas, das unsere Musik zu einem großen Teil ausmacht. Es hat außerdem den Vorteil, dass jeder mit den Songs zufrieden ist und dahinter steht. Natürlich dauert es so manchmal etwas länger, bis alle mit einen Part/einem Song zufrieden sind, aber dafür ist er dann für uns perfekt. Es gibt also keinen Ego-Anspruch auf das Songwriting oder das Texten bei uns, jeder ist frei zu kreieren oder zu kritisieren.

Selten findet man bei 5 Leuten einen komplett übereinstimmenden Musikgeschmack. Was sind privat bei euch so die Richtungen, die ihr zuhause gern mal auflegt?

Mira: Ich höre eigentlich alles Querbeet, was eben gerade so gefällt. Momentan ist das viel Post Rock.

Peter: Zwischen SIGUR RÓS und BETWEEN THE BURIED AND ME kommt bei mir alles auf den Tisch.

Sascha: Meine Lieblingsbands sind TOOL, OPETH, ISIS und OCEANSIZE aber daneben höre ich alles was mir gefällt: Blues, Jazz, Rock, Pop, Post-Rock, Prog, Metal in jeder Form etc.

Peter, du zeichnest dich für die Texte verantwortlich. Diese drücken allesamt ein Gefühl von Isolation und Verlorensein aus. So etwas erwarte ich eher von jammernden Doom-Kapellen, aber nicht im progressiven Metal. Hat das Album ein inhaltliches Konzept?

Peter: Jammernde Doom-Kapelle? Das hör ich zum ersten Mal in Verbindung mit unserer Musik, hehe. Die Texte zum Album sind mittlerweile schon ziemlich alt (Dezember 2003). Ich war damals stark angetan von den großen Konzeptalben à la "Scenes From A Memory". Thematisch habe ich mich von Platons Höhlengleichnis inspirieren lassen. Ich habe der Geschichte ein pessimistisches Ende verpasst. Der Protagonist durchlebt ähnliche Gefühle wie Winston Smith in "1984".

Mira, wie ist es für dich, fremde Texte wiederzugeben?

Mira: Natürlich ist es viel schwieriger fremde Texte zu interpretieren ... bei den eigenen ist das viel einfacher, weil man da eben unmittelbaren Zugang zu den Gedanken/Gefühlen hat, die einen dazu veranlasst haben einen Text zu schreiben ... folglich ist es dann auch einfacher, das Ganze mit Melodie zu versehen. Wenn ich die Texte schreibe, favorisiere ich diese Songs dann meist aus dem einfachen Grund dass sie mir etwas mehr entsprechen. Ich kann mich aber mittlerweile auch ganz gut in die Texte der anderen hineinversetzen. Das ist dann zwar mehr Interpretation und/oder mehr Schauspielerei als bei den eigenen Texten, aber in diesen Texten kann man auch immer wieder Aspekte entdecken, die man dann doch vielleicht irgendwann nachvollziehen kann oder die einen in der Vergangenheit beschäftigt haben ... genauso wie man sich von den eigenen Texten mit der Zeit emotional distanzieren kann weil man sich verändert hat.

Deine Stimme klingt, als hätte sie eine Ausbildung genossen. Oder hast du bestimmte Vorbilder, an denen du dich misst und orientierst?

Mira: Bislang hatte ich noch keinen Gesangsunterricht, was ich aber vor habe zu ändern, weil ich schon denke, dass da noch etwas mehr herauszuholen ist. Stimmliche Fitness ist leider auch tagesformabhängig. Es gibt schon verschiedene Sänger/innen die ich gut finde und die meine Art zu singen bestimmt auch unbewusst beeinflussen, aber ich versuche niemanden zu imitieren. Ich finde es vor allem wichtig, nicht zu gekünstelt zu klingen, sondern einfach so zu singen wie es der Text und der Song erfordern, um die Stimmung und den Inhalt authentisch wiederzugeben.

Da du selbst kein Instrument spielst müssen Instrumentals wie die 'Pandemonium'-Parts bei Live-Auftritten der pure Horror sein. Überstehst du die Tatenlosigkeit bei einem Bier, oder tanzt du dir wie in den 70ern üblich 'nen Wolf, oder ... öhm ... verzichtet ihr einfach auf diesen Titel?

Mira: Wir verzichten keinesfalls darauf, unsere Instrumentalsongs live zu spielen. Wäre ja schade drum. Den "Horror", doof auf der Bühne rumzustehen, habe ich zum Glück auch schon lange überwunden. Bei den Pandemonium-Songs geh ich entweder in den Backstage-Bereich und nutze die Zeit um wieder etwas Atem schöpfen zu können, oder trink mir eben ein Bierchen. Wenn das Publikum in der Stimmung ist, kommt es auch vor, dass ich mit der ersten Reihe die Mähne schüttle. Den "Wolf" tanze ich mir dann bei den Instrumentalparts innerhalb der Songs, bei denen ich dann auch singe. (z. B. 'Reality') Am Anfang war das natürlich schon schwer, als man auch noch mit der Nervosität zu kämpfen hatte, allerdings hat sich diese mit der Routine zum Glück verloren und ich genieße es mittlerweile auf der Bühne abzugehen.

Ihr habt ohne Labelkontakt ein professionelles Album gestemmt. Wart ihr auf fremde Hilfe angewiesen, oder habt ihr für alles einen Experten in der Band? Schließlich entstand das Booklet-Design ja auch in Eigenregie....

Sascha: Wir haben für alles einen Experten. Wie vorhin schon angesprochen sind wir eine komplett demokratische Band, und da wird natürlich auch viel gemeckert und kritisiert. Fremde Hilfe könnten wir nicht bezahlen bzw. die Leute würden schnell schreiend weg laufen (lacht). Daneben wächst man natürlich mit seinen Aufgaben, und das Album war für viele von uns eine neue Herausforderung, da keiner Erfahrungen in diesem Bereich hatte. Zum Glück haben wir ein sehr gutes Studio, das Spacelab Studio von Christian "Moschus" Moos, gefunden. Der "Moschus" ist nie schreiend weg gelaufen und darf sich ruhig für die Professionalität und den guten Sound verantwortlich fühlen.

Studio, Equipment, Pressung und die ersten Gigs kosten immer ein bisschen Geld. Rechnet ihr damit, dass sich die Musik finanziell eines Tages selbst tragen kann, oder macht es euch so viel Spass, dass ihr sie wie ein Hobby auch als Kostenfaktor weiter betreiben würdet?

Sascha: Wir hoffen es, aber rechnen werden wir nicht damit, bis es vielleicht mal so weit sein wird. Für größere Projekte wie "Distrust The Mantra" haben wir in derselben Besetzung eine Cover Band "Rockwork Orange" gegründet mit der wir nur in die Bandkasse einspielen. Dienstleistungen werden in Deutschland leider besser bezahlt. Darüber hinaus werden wir uns immer etwas einfallen lassen, denn ja, es macht uns so viel Spaß, dass wir es auf jeden Fall weiter betreiben werden, egal ob Profit oder Verlust.

Gab es schon desilliusionierende Momente bezüglich des Business, wo ihr euch gedacht habt: "Mööönsch, auf was haben wir uns hier eingelassen?", oder wollt ihr klar im Markt und in der Industrie Fuß fassen?

Sascha: Natürlich gab es die, und ich denke mal es werden noch einige kommen. Aber ohne das nötige Durchhaltevermögen erreicht man nicht viel. Für manche ist es in Ordnung, im Proberaum zu spielen und ab und zu mal ein Konzert zu geben, andere wiederum wollen öfter spielen und auch etwas rum kommen. Um das zu erreichen muss man verdammt viel Arbeit und Herzblut investieren. Wir arbeiten gerade daran etwas rum zu kommen und unsere Musik zu verbreiten, und wenn es nach uns geht, sind wir noch nicht am Ende angekommen…

Wie sehen so eure Pläne für die nächste Zeit aus - gerade was Live-Aktivitäten oder neue Songs betrifft?

Sascha: Es sind viele neue Songs in der Pipeline. Wir haben uns zwar noch keine konkreten Gedanken um ein nächstes Album gemacht, aber schon mal ein bisschen geträumt, hehe. Live arbeiten wir gerade daran ein bisschen "rum" zu kommen. Wir möchten gerne in ganz Deutschland spielen und unsere Region auch mal verlassen. Im März haben wir die einmalige Chance in Paris zu spielen, worauf wir alle uns schon sehr freuen. Mal schauen was in diesem Jahr noch kommen wird…

Vielen Dank für eure Zeit, die letzten Worte gehören traditionell unseren Interviewpartnern. Was möchtet ihr unseren Lesern noch auf den Weg geben?

Sascha: Es gibt sauviele arschgeile Bands da draußen, haltet die Ohren offen und vielleicht entdeckt man für nen 5er im Jugendzentrum um die Ecke mal ein echtes Juwel.

Dem gibt es Nichts hinzuzufügen!

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