Interview mit Daniel Merz von Age of Aggression

Ein Interview von Opa Steve vom 09.06.2007 (6995 mal gelesen)
Diesmal keine gelangweilten Musiker im Label-Office, die pflichtgemäß die Sprüche des "besten Albums" runterkauen. Sondern ein in Interviewform gegossenes "Streitgespräch" (und noch mehr) mit dem Bandleader, der den Kontakt suchte, um mit meinem harten Review ins Gericht zu gehen.

Normalerweise überlassen wir den Bands das letzte Wort. Aufgrund der Tatsache, dass sich aufgrund meines Reviews ein kontroverser Meinungsaustausch zwischen uns beiden entwickelte, möchte ich dir in diesem Fall das erste Wort erteilen - nachdem ich Einiges an euch auszusetzen hatte, darfst du all dies jetzt aus deiner Sicht kommentieren:

Daniel Merz: Tja, dann danke ich dir hiermit erstmal für die Gelegenheit im Rahmen eines Interviews Stellung zu deinem Review beziehen zu können! Dadurch bin ich inzwischen wenigstens davon überzeugt, dass du deine Meinung mit Überlegung vertrittst. Nach dem ersten Lesen deines Reviews war ich mir sicher, dass dir unsere CD einfach überhaupt nicht gefällt und dir jedes Mittel recht ist, um uns schlecht zu machen. Zunächst einmal möchte ich betonen, dass ich keine Schwierigkeiten mit Reviews habe, aus denen hervor geht, dass der Rezensent unsere Musik schlicht und einfach nicht mag. Jeder darf uns daher von mir aus langweilige und uninspirierte Songs vorwerfen! Ich bzw. wir selbst sehen das selbstverständlich anders, was aber auch logisch ist, da wir die betreffenden Lieder ansonsten wohl kaum aufgenommen und veröffentlicht hätten. Geärgert hat mich aber die Behauptung, dass meine Bassarbeit auf der Demo völlig überfordert wirken soll. Ich bleibe dabei, dass ich diese Feststellung für absolut falsch halte und du bist auch der Einzige, der bisher in diese Richtung argumentiert hat. Zufällig ist mir am Wochenende unser Tontechniker über den Weg gelaufen, bei dem wir die CD aufgenommen haben und auch er konnte deine Ansicht bezügich des Zusammenspiels der verschiedenen Instrumente nicht verstehen.

Es ist mir fast peinlich, jetzt mit anderen Review-Zitaten zu kommen (die natürlich keinen Einfluss auf mein Review hatten und erst jetzt recherchiert wurden), aber die Art der Arrangements und des Zusammenspiels scheint zumindest auf gespaltene Meinungen zu stoßen:

"Das Songwriting wirkt etwas chaotisch .... sorgt statt für Unterhaltung eher für Knoten in den Ohren" [metal-district.de]

"Die drei Jungs und zwei Mädels machen sehr chaotische Musik" [heavy-metal-heaven.de]

"Neben einigen weiniger störenden Timingschankungen nervt vor allem das stellenweise uninspirierte bzw. unpassende Rumgefrickel" [blackforces.de]

"Das Schlagzeug ist recht holprig und das gesamte Zusammenspiel auch ziemlich unsauber, wodurch der Hörgenuss schon mal arg geschmälert wird." [laermbelaestigung.net]

Wie geht ihr mit solcher Kritik um? Teilt ihr die Reviewer-Welt in "qualifiziert" und "unqualifiziert", oder differenziert ihr zwischen Kritik am Songwriting und Kritik an der instrumentalen Leistung? Schließlich war es für dich persönlich OK, wenn ich die Musik scheiße finde, solange ich das musikalische Können nicht diskreditiere.

Daniel Merz: Da hast du mir zwei für mich neue Reviews gezeigt (Lärmbelästigung und Black Forces). Die kannte ich noch nicht und kann sie bezüglich der spieltechnischen Unsauberkeiten und vor allem bezüglich Timingschwankungen auch genauso wenig nachvollziehen wie dein Review. Das eben auch, weil ich unseren Produzenten schon ein paar Jährchen kenne und von eigenen früheren Aufnahmen genau weiß, dass er die Leute gerade was das Timing betrifft erst dann entlässt wenn der Kram wirklich auf das Metronom passt. Dieses Mal war's nicht anders, aber gerade der Bass war in ziemlich kurzer Zeit eingespielt. Ansonsten differenziere ich sogar sehr zwischen Kommentaren zum Songwriting und zur instrumentalen Leistung! Vor allem wenn der Begriff des Chaos auftaucht empfinde ich das eher als Lob, auch wenn es nicht so gemeint ist. Vor ein paar Monaten hat so etwas beispielsweise ein gewisser Götz K. in einem nicht ganz unbekannten Printmagazin WITH PASSION für ihr Album "What We See When We Shut Our Eyes" vorgeworfen. Das hat sich für mich so gelesen als wäre das auf dem Album verbratene Material schon gar keine Musik mehr. Natürlich musste ich sofort in die Scheibe reinhören und kam nicht drum herum das Teil zu verhaften, weil das Gebotene einfach unglaublich großartig war! Ich bin mir ziemlich sicher, dass es doch recht viele Leute gibt, denen es ähnlich geht wie mir und die dann gerne mal probehören, wenn sie so etwas lesen. Unser Material finde ich aber nicht sehr chaotisch, da es alles auf geraden Vierteltakten beruht und auch keine Tempoänderungen innerhalb der Songs beinhaltet. Ziemlich straighter Metal also, der halt nur in Sachen "Rumfinger-Riffs" etwas über dem Durchschnitt liegt. Es ist mir klar, dass wir mit unserer ersten Demo keinen neuen Rekord in Sachen technischen Metals aufgestellt haben (dies war auch nie unser Ziel), aber das was wir zocken haben wir alle ordentlich eingespielt! Obwohl mehr Üben immer gut ist, kann ich deine Forderung danach im Bezug auf unsere veröffentlichten Songs nur zurückweisen. Auch auf ein Runterschrauben des "Griffbrett-Gegurkes" darf nicht gehofft werden solange wir selbst Bock auf entsprechendes Gedüdel haben! Wir sind eine METAL-Band und deshalb unbelehrbar und immun gegen Ratschläge von außen!

Das ist ja auch legitim. Solange man selbst zufrieden mit dem Resultat ist, und sich vielleicht eine harte Fanschar aufbauen kann, die genau auf diesen Stil steht. Bei manchen Bands nennt man das heute Kult. Geht es euch also primär um den einzigartigen Stil mit Wiedererkennungswert - ohne Kompromisse?

Daniel Merz: Das hast du genau richtig erkannt! Wir machen die Musik nicht für das viele Geld, das wir sowieso nicht dafür bekommen und auch nicht dafür Lobeshymnen einzufahren. Wie gesagt steht bei uns die Einbindung von meinem Instrument sehr stark im Vordergrund. Das und der extreme Gesangsstil werden wohl auch stilprägende Elemente bleiben. Ansonsten ist alles mögliche denkbare, solange es in irgendeiner Form old school Metal ist. Momentan geht bei uns alles noch in die Death Metal-Richtung, aber wenn wir irgendwann mal Bock auf etwas melodischeren Heavy Metal (wie gesagt weiterhin mit den extremen Vox) oder Doom Metal oder was auch immer haben sollten, dann wird das in Verbindung mit einem prägnanten Bass auch gemacht! Wenn ich damit Teile einer Fanschar vor den Kopf stoßen würde, dann müssten die eben damit leben, denn die Verweigerung von jeglicher Anpassung ist für mich persönlich absolut METAL! Jetzt sagst du vielleicht, dass dann auch der von mir gescholtene Metalcore METAL ist, da die betreffenden Bands einfach das machen, was sie wollen. Dazu muß ich aber sagen, dass METAL für mich ein ganz bestimmtes Feeling verbreiten muß, das ich objektiv nicht erklären kann. Dieses Feeling erlaubt mir aber aus meiner Perspektive zu sagen, dass weder Metalcore, noch Nu Metal, noch Crossover METAL sind! Mir ist außerdem auch unbegreiflich, was der Gesang von Lara und Mayer mit "Gehechel" zu tun haben soll!

Damit war die Dynamik der Interpretation gemeint. Der Gesang ist sicherlich extrem aber nicht sonderlich abwechslungsreich. Wohl wirklich ein unpassender Ausdruck meinerseits..... (auch ein Reviewer steht nicht über der Kritik).

Daniel Merz: Aus meiner Sicht setzt sich der Gesang bei AGE OF AGGRESSION aus old schooligen, aggressiven Thrash-Vox (Lara) und traditionellen, tiefen Death-Growls (Mayer) zusammen. Da ich (wie bereits erwähnt) jedem eine eigene Meinung zugestehe will ich dich nicht für deine Haltung kritisieren, dass unsere Riffs belanglos seien. Dennoch möchte ich meine Meinung dagegen stellen und behaupten, dass es uns schon mit unserer ersten kleinen Veröffentlichung gelungen ist, abwechslungsreiche Songs zu präsentieren, die v.a. durch die soundtechnische Gleichstellung von Gitarre und Bass eine stilistische Eigenständigkeit offenbaren. Dabei verzichten wir ganz bewusst auf metalfremde Elemente und eine moderne Produktion. Eine Weiterentwicklung und Verbesserung ist dabei aber ohne Zweifel noch möglich und wird von uns auch angestrebt, ansonsten könnten wir die Band auch gleich auflösen, wenn das Optimum schon erreicht wäre. Wer also Musick hören will, die im Rahmen dessen was richtigen, unangepassten Metal ausmacht, durchaus experimentierfreudig ist, der kann unter http://www.myspace.com/ageofaggression zwei Songs hören oder unter info@age-of-aggression.de die komplette Demo gegen einen geringen Obolus bestellen!

Der Bass ist im Mix in der Tat außergewöhnlich betont und setzt sich durch starke Präsenzsounds und Höhen gerade im harten Anschlag noch mehr durch. Diente hier vielleicht ein gewisser Alex Webster als Vorbild, der sich auch auf so mancher Scheibe eigenständig aus den Gitarrenwänden "herausarbeitete"?

Daniel Merz: Da liegst du denke ich genau richtig! Wir haben zwar unserem Produzenten weitgehend freie Hand beim Sound gelassen, haben ihm aber als Orientierung für den Bass CANNIBAL CORPSE als Hörbeispiele gegeben. Da du den Bass noch mal explizit ansprichst möchte ich hier auch noch eine schnelle Huldigung an Rainer Landfermann und PAVOR loswerden. Da würde ich spieltechnisch gerne eines Tages mal hinkommen! Eine totale Hammerband und ein Monsterbassist!!!

Worauf kommt es euch bei eurer Musik mehr an: das Ausreizen technischen Könnens, oder den Transport von Emotionen (egal welcher Art)?

Daniel Merz: Mir persönlich sind beide Aspekte sehr wichtig! Müsste ich mich für einen entscheiden, so wäre aber wohl der Transport von Emotionen bzw. einer musikalischen Aussage wichtiger! Musik, die nichts ausdrücken will, ist für mich vollkommen seelenlos und somit im schlimmsten Fall sogar chartkompatibel! Gleichzeitig aber halte ich es nur für natürlich, wenn man sich an einem Instrument, das man spielt verbessern möchte. Ich spiele jetzt seit zwölf Jahren Bass, habe mich nie vor neuen Herausforderungen gedrückt und denke, dass ich dadurch mittlerweile einen recht ordentlichen spieltechnischen Standard erreicht habe. Durch noch viel mehr Üben wäre zwar bestimmt noch viel mehr möglich, dennoch habe ich so weit ich weiß (und wie mir auch immer wieder von allen möglichen Seiten gesagt wird) hier bei uns in der Gegend einen ziemlich guten Ruf als Metalbassist. Das, was ich technisch kann möchte ich auch unbedingt in der Musik von AGE OF AGGRESSION unterbringen. Nicht um allen zu zeigen, was für ein toller Musiker ich doch bin, sondern um selbst mit dem was ich tue zufrieden sein zu können. Um auf dieser Grundlage vernünftig als Band arbeiten zu können ist es wohl leicht verständlich, dass auch meine Mitmusikanten auf einem gewissen technischen Level zocken müssen! Bei AGE OF AGGRESSION ist das Ausreizen technischen Könnens gerade für mich als Bassist besonders essenziell, da das Zusammenspiel von Gitarre und Bass im Mittelpunkt unserer musikalischen Aussage steht. Dies vernünftig umzusetzen wäre unmöglich, wenn ich die ganze Zeit nur eine langweilige Begleitung in Form von Grundtönen spielen würde. Du siehst also, dass alles was wir mit unserer Band abseits von musiktheoretischen Überlegungen ausdrücken wollen überhaupt erst über ein einigermaßen anspruchsvolles Technikrepertoire erreicht werden kann.

Wie würdet ihr eure Art von Death Metal selbst beschreiben?

Daniel Merz: Dazu kann ich als erstes sagen, dass ich uns selbst überhaupt nicht als "Death Metal" sondern ganz einfach als "Metal" beschreiben würde. Da wir aber mit unserer Musik sicherlich am ehesten an das rankommen, was allgemein als "Death Metal" angepriesen wird und weil ich Death Metal auch sehr gerne höre kann ich mit dieser Bezeichnung gut leben. Ich muß allerdings auch sagen, dass die Etikettierung "Death Metal" in meinen Augen nicht sonderlich viel Aussagekraft hat. Wenn ich mir nacheinander SPAWN OF POSSESSIONS "Noctambulant" und danach UNLEASHEDS "Shadows in the Deep" anhöre, dann würde ich in beiden Fällen sagen, dass ich gerade Musik gehört habe, die ohne Zweifel echten Death Metal darstellt. Trotzdem klingen beide Bands vollkommen unterschiedlich. Deshalb werden dann 1000 verschiedene neue Begriffe wie "Brutal Death", "Thrash Death" oder von mir aus "Schlag-mich-tot Death" erfunden, die ihrerseits wieder nirgends genau definiert werden. In all dem Chaos ist es dann für die Geldmacher und Trenddiktatoren leicht, sich mit zunächst unauffälligen Bezeichnungen wie "Metalcore" in den Metal einzuschleichen, ihn zu verwässern und von innen auszuhöhlen. Dagegen stehen wir mit AGE OF AGGRESSION! Wir wollen den Metal mit Hilfe der ihm eigenen Mittel auf eigenständige Art und Weise interessant halten, dabei auf Trends scheißen und uns immer weiter verbessern. Einen Vergleich zu einer anderen Death Metal-Band kann ich in musikalischer Hinsicht nicht ziehen, da mir hierfür der Abstand zu unseren eigenen Songs fehlt. Von der Herangehensweise könnte ich mir aber vorstellen, dass wir eine ähnliche Einstellung haben wie sie Chuck Schuldiner hatte. DEATH haben sich im Lauf ihrer Existenz immer weiter entwickelt, dabei aber nie ihre Herkunft verleugnet und auf mich immer authentisch gewirkt. Sollte ich in einigen Jahren von AGE OF AGGRESSION Ähnliches behaupten können, dann wäre ich sicherlich sehr zufrieden! Da du eine Beschreibung für unsere Musik haben willst: wie wäre es mit "Metal-defending Anti-false-shit Thrash Death Metal with class" [lacht]???

Ihr präsentiert euch selbst als Underdogs. Ein Cover mit der Präsentation der zwei größten Volkskrankheiten, ein Bekenntnis "Metaller sterben früher", und dass es auch mal ordinärer zugehen kann liest man in eurem Bekenntnis von 'Hell's Bastards'. Trifft dieser Eindruck zu, oder geht es euch letztendlich um das Zelebrieren eines Images?

Daniel Merz: Aus deiner Formulierung schließe ich, dass für dich der Begriff des "Images" genau wie für mich etwas Negatives, Aufgesetztes beinhaltet. Daher möchte ich sagen, dass wir mit den von dir genannten Punkten mit Sicherheit kein Image zelebrieren wollen. Dies sieht man schon daran, dass uns im Vorfeld der Demoveröffentlichung von anderen versichert wurde, dass wir mit diesem Cover auf den ersten Blick in die Fun Punk-Ecke gestellt werden. Mit Fun Punk haben wir aber nun wirklich gar nichts zu tun! Uns war es scheißegal, was die Leute denken. Uns hat das Cover einfach gefallen, es war günstig umzusetzen (ein Vorteil, den man als Band ohne Kohle, die alles selbst finanzieren muß, sicherlich berechtigterweise anführen kann) und es hebt sich denke ich ganz gut von anderen Death Metal-Covers ab. Um auf die einzelnen von dir angesprochenen Punkte einzugehen fange ich am besten mal mit dem ältesten an. Der Text zu 'Hell's Bastards' ist der älteste Text auf der CD (die Musik dazu ist übrigens die neueste). Die vorgetragenen Zeilen sind locker schon fünf oder sechs Jahre alt und stammen damit noch aus der Zeit als AGE OF AGGRESSION noch als reine old schoolige Thrash-Band geplant war. Als ich den Text "Hell's Bastards" geschrieben habe, war ich gerade mitten in einer extremen TANKARD-Phase, das heißt ich habe zu dieser Zeit von morgens bis abends TANKARD gehört. Der Text ist daher direkt von den Frankfurtern beeinflusst und kann gerne auch heute noch als TANKARD-Tribut verstanden werden. Zur damaligen Zeit habe ich auch die Bier- und Schnapsvernichtung noch in etwa so betrieben, wie es in 'Hell's Bastards' beschrieben wird. Ich wäre allerdings ein Lügner, wenn ich behaupten würde das bis heute so exzessiv durchzuziehen. AGE OF AGGRESSION kann den Text aber heute immer noch gut verwenden, da ich erstens einem guten Bier bzw. dem im Text beschriebenen Lebensstil auch heute nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber stehe. Zweitens sah meine Vergangenheit eben wirklich so ähnlich aus und drittens gibt es bei uns in der Band auch heute noch Leute, die...ähem...gerne mal einen über den Durst trinken... [lacht]! Von daher geht's wohl tatsächlich ab und zu etwas ordinärer bei uns zu... Zum Cover der Demo kann ich sagen, dass es sich komplett um die darauf abgebildete Kippenpackung aufbaut. Ich hatte schon kurz nach Einführung der neuen Warnhinweise die Idee, dass diese Thematik mal von einer Metalband aufgegriffen werden sollte. Die Formulierungen auf den Tabakprodukten sind im Grunde genommen kein Stück gesellschaftsfähig, dafür passen sie aber durch ihre drastischen und unverblümten Inhalte sehr gut zum Metal. Daher wollte ich auf jeden Fall eine selbst gestaltete Kippenschachtel auf dem Cover haben, die unsere Sängerin Lara auch ganz gut hinbekommen hat. Die vollen Aschenbecher bzw. die leeren Bierflaschen harmonieren gut mit der Schachtel und geben außerdem ein realistisches Bild ab, wie es eben auf dem Tisch in unserem Proberaum regelmäßig aussieht. Da ich vor einiger Zeit eine e-mail mit der Nachfrage erhalten habe, was denn ein nichttrinkender, nichtrauchender dafür aber Leistungssport treibender Metaller von einem solchen Cover halten soll, möchte ich hier nachdrücklich betonen, dass wir meiner Meinung nach als METAL-Band keinen moralischen Auftrag haben! Lasst euch von mir aus bei euch in den Landtag wählen und diskutiert dort sinnlosen Blödsinn wie ein Rauchverbot in Kneipen, aber lasst diesen Mist aus dem Metal raus! Außerdem SOLL wegen mir keiner irgendwas denken! Denkt doch alle was ihr wollt, das mache ich schließlich auch!!! Die Präsentation als Underdogs entspricht doch vollkommen der Wahrheit! Wir sind eine neue Band und müssen ganz unten anfangen (das ist ja auch ganz richtig so!!!). Wir sind noch weitgehend unbekannt, haben kein Label und keine Hofberichterstatter in der Presse, müssen bisher praktisch alles selbst organisieren und dürfen uns über fantastische Huldigungen wie dem Review von Opa Steve auf bleeding.de freuen [grins]!!! Aber scheißegal, es macht Laune und gibt dem Leben einen Sinn!

Und wie hält es sich mit Aussagen wie "... living in aggression is our decision..." bzw. die Welt zu erobern?

Daniel Merz: Yeah! Und "Age of Aggression takes control"!!! Ich denke ein gesundes Maß an Selbstvertrauen ist schon angesagt! Nur weil ich hinter dem stehe, was ich tue bin ich schließlich noch lange kein arrogantes Arschloch! Außerdem sollten Metal-Lyrics aus meiner Sicht auch möglichst kraftvoll sein. Weinerliches Weltverbessererzeug hat mit Metal mal gar nichts gemein! Wenn ich über irgendwas in epischer Breite philosophieren möchte kann ich Aufsätze oder Bücher schreiben, aber Metal ist dafür da Ärsche zu treten! Es dürfte sich aber von selbst verstehen, dass wir nicht wirklich morgen mit Taschenmessern bewaffnet loslaufen, um die Armeen dieser Welt zu besiegen... Die Texte dienen einfach dazu uns selbst und den Metal zu feiern und gleichzeitig die breite Masse vom Metal fernzuhalten! Daher an dieser Stelle mal 1000 Hailz an Bands wie MANOWAR, SACRED STEEL oder TANKARD für die lyrische Inspiration!

Warum knallt ihr die Sänger im Intro ab? Weil sie so banales Zeug singen, oder weil's keine Metaller sind?

Daniel Merz: Da legst du den Finger auf einen wunden Punkt! Mit dem Intro bin ich ehrlich gesagt nicht mehr sonderlich zufrieden. Die Idee, blöde Idioten, die noch blöderen Mist singen, auf diese Weise zum Schweigen zu verdonnern finde ich immer noch gut. Allerdings hätte ich dafür wirklich lieber irgendeinen Klapsmühlenschlager verwendet. Da wir aber keinen Bock auf juristischen Ärger haben und uns diesen auch finanziell nicht leisten können haben wir eben auf die "Ode an die Freude" zurückgegriffen. Der Text eignet sich schon sehr gut als Intro für die darauf einsetzende "extreme and bloody creation of Metal", aber ich bin eben auch nicht ignorant genug, um zu verkennen, dass es sich beim ollen Beethoven um ziemlich großartige Kunst handelt. Abgeknallt werden die Sänger natürlich weil sie keine Metaller sind und weil sie merkwürdiges Zeug singen, das mal gar nichts mit dieser Welt hier zu tun hat! Eine der Sängerinnen ist übrigens Lara, die dann in 'Metal Creation' als Untote mit leicht veränderter Stimme zurückkehrt!

Wer zeichnet sich bei euch hauptsächlich für das Songwriting aus?

Daniel Merz: Tja, das bin ich selbst. Da AGE OF AGGRESSION in gewisser Weise "meine" Band ist kann ich hier alles so umsetzen, wie ich das gerne hätte. Allerdings bin ich auch immer bereit auf die Meinungen der anderen zu hören. Da dies die erste Band ist, in der ich so ausschlaggebend für alles verantwortlich bin, sehe ich es schon so, dass das Songwriting zukünftig noch verbessert werden kann. Dennoch verweise ich hier noch einmal auf die von mir bezüglich deiner ersten Frage genannten Vorzüge, die ich in den vier Songs auf der Demo bereits sehr gut erkennen kann.

Liegt ihr im technischen Spiel auf etwa gleichem Niveau, oder gibt es Bandmember, die das Komplexe noch weiter treiben wollen, und andere, die das Frickeln auch mal bremsen?

Daniel Merz: Sagen wir es mal so, wir spielen schon alle insofern auf ähnlichem Niveau als dass wir vernünftig zusammen an der Musik arbeiten und diese voran bringen können. Davon abgesehen gibt es schon Unterschiede, was zum einen daran liegt, dass wir sehr unterschiedlich lang unsere Instrumente spielen, zum anderen daran, dass wir auch in Sachen Banderfahrung bisher sehr verschiedene Biographien haben. Während ich selbst jetzt schon seit zehn Jahren in Bands aktiv bin, mit meiner letzten Band, DEADSPAWN, gigtechnisch bundesweit unterwegs war und auch ein Album über ein Label draußen hatte/ habe, ist AGE OF AGGRESSION beispielsweise für Susanne die erste Band überhaupt. Außerdem will bei uns sicher keiner (mich eingeschlossen) das Komplexe mit aller Gewalt erhöhen. Die Songs entstehen sehr natürlich und bisher bekommen wir sie umgesetzt. Sollte das irgendwann mal nicht klappen, werden wir uns einfach einen etwas simpleren Song vornehmen und den, der nicht funktioniert hat, irgendwann später aufgreifen. Das ist kein Problem, da für mich guter Metal zwar verfrickelt sein KANN, aber nicht zwangsläufig sein MUSS.

Jede noch so verrückte Form von Arrangement kann mathematisch dargelegt werden, und wie man am Review feststellen kann, neigen auch trainiertere Zuhörer dazu, eher Unsauberkeiten zu empfinden als ein bewusst gespieltes Timing. Wo ist für dich persönlich die Grenze, bei der die Nachvollziehbarkeit schwindet?

Daniel Merz: Dazu kann ich nur sagen, dass mich eindeutige Unsauberkeiten und Timingschwankungen beim Hören ebenfalls stören. Bei unserer Demo kann ich dies aber nicht erkennen! Da du es aber offensichtlich stellenweise als fehlerhaft hörst, kann ich dich schon verstehen, dass dir das gar nicht gut reingeht! Wenn es (abgesehen von fehlerhaftem Zeug) um komplizierte und sperrige Musik geht, so kann ich sagen, dass ich sehr gerne Musik höre, die man erst nach mehreren Durchläufen so langsam begreift. Ein schönes Beispiel für eine Platte, die bei Reviews oft gar nicht so gut abgeschnitten hat, die ich persönlich aber riesengeil finde ist die "Colonizing the Sun" von THEORY IN PRACTICE. Über dieses Scheibchen habe ich schon so oft gelesen, dass sie den Leuten zu anstrengend und zu wenig nachvollziehbar sei. Ich kann das nicht verstehen, denn dieses Album ist für mich der Beweis, dass auch Melodic Death Metal richtig geil sein kann!

Beim Hören des Albums habe ich oft das Gefühl, dass schnell eine Idee nach der anderen verbraten wird, ohne sich zu überlegen, ob der Song als solcher noch wirkt. Habt ihr euch im Nachhinein genug Zeit für die Produktion gelassen, oder war bei dem Demo wie so oft der Zeit- und Geldfaktor entscheidend?

Daniel Merz: Diese Frage schließt im Grunde genau an das an, was ich eben gesagt habe. Es ist schon möglich, dass andere die Songs als überladen empfinden. Für mich aber klingen die Stücke genau so, wie sie sollen. Die einzelnen Riffs machen in sich Sinn und sind, wie ich finde, auch vernünftig zu vollständigen Songs zusammengefügt. Wie gesagt, ich sehe es schon so, dass das Songwriting in Zukunft sicher noch verbesserungsfähig ist. Allerdings würde ich die dir vorliegenden Songs nicht mehr verändern wollen, da sie so schon gut sind und die Band zum Zeitpunkt der Aufnahme auch angemessen repräsentieren. Zeit und Geld spielen bei so einer Produktion natürlich immer eine Rolle, aber wir hatten ein faires Angebot und den Sound finde ich für eine erste Demo-CD auch voll und ganz ausreichend. Als Album würde ich das Teil selbst nie bezeichnen, dafür ist der Sound dann doch nicht gut genug und auch die Spielzeit viel zu kurz. Davon abgesehen wäre es für uns doch noch etwas früh für eine komplette Albumproduktion. Ich finde aber, dass man auf der CD alle Beteiligten gut raushören kann, auch wenn das Schlagzeug ein bisschen mehr knallen könnte. An den einzelnen Songs haben wir im Studio übrigens nichts mehr verändert, die standen alle schon vor dem Aufnahmetermin. Ich halte auch nicht viel davon, im Studio noch etwas am Songwriting zu verändern, das wirkt am Ende nur künstlich. Von daher kämen für mich in diesem Zusammenhang nur dann Veränderungen in Frage, wenn mir wirklich erst im Studio auffallen würde, dass sich für mich irgendwas richtig scheiße anhört.

Eine Besonderheit von AGE OF AGGRESSION ist, dass sich Männlein und Weiblein die Vocals teilen. Aber im Gegensatz zu den meisten Fräuleins röhrt Lara so extrem wie Sabina Classen zu ihren besten Zeiten. Wie findet man so ein Ausnahmeorgan?

Daniel Merz: Hmm...so viel also zum Thema "Hechelgesang"... Lara wollte ursprünglich mit ihrer klaren Stimme bei AGE OF AGGRESSION singen, im Zuge unserer Bandmitgliedersuche hat sich dann aber herausgestellt, dass eine aggressivere Stimme besser zur Musik passen würde. Vor allem war der Mayer zu dieser Zeit auch noch nicht dabei, wodurch wir nur Clean-Gesang hatten. Da Lara eine klassische Gesangsausbildung genossen hat, wollte sie zunächst nicht auf typischen Thrash-Gesang umsteigen, da sie befürchtete damit ihre "normale" Singstimme kaputt zu machen. Mit Hilfe ihrer Gesangstechnik hat sie dann aber Wege gefunden, ihre heute bei AGE OF AGGRESSION hörbare Stimme zu entwickeln, ohne sich sonst stimmlich zu beeinträchtigen. Im Gegensatz dazu vertraut der Mayer auf seine wesentliche truere "Kippen und Bier"-Methode um die Stimme halten zu können. Die Gesangsarrangements stehen bei unseren Songs immer sehr schnell fest, was mich doch etwas wundert, da sich die beiden immer wieder die Texte recht kompliziert untereinander aufteilen, um die Tatsache, dass wir zwei Sänger haben, auch vernünftig zu nutzen. Aber irgendwie haben sich die beiden was den Gesang betrifft vom ersten Tag an, als der Mayer eingestiegen war, blind verstanden. Und so gingen auch die Gesangsaufnahmen extrem zügig über die Bühne.

Wie sind eure weiteren Pläne für dieses und nächstes Jahr, und was können wir von der nächsten Scheibe erwarten?

Daniel Merz: Wie die meisten anderen Bands versuchen wir möglichst viele Gigs an Land zu ziehen. Bisher stehen für die zweite Jahreshälfte 2007 Konzerte in Mainz, Ingelheim, Ludwigshafen, Bad Kreuznach und Marburg fest. Höchst wahrscheinlich kommen außerdem noch Gigs in Trier, Bitburg und Nürnberg hinzu. Wer uns ansonsten noch Auftritte beschaffen kann, der möge uns kontaktieren! Die nächste Scheibe wird definitiv noch einmal eine Demo-CD werden, vermutlich wieder mit vier Songs. Erwarten kann man einen weiteren Beweis, dass sich traditioneller, brutaler Metal und Experimentierfreude nicht ausschließen. Vielleicht lassen wir ja im Studio eine Katze über die Gitarre laufen und verwenden das Ergebnis als Break. Könnte ganz interessant werden...

Es gibt noch eine Death Metal Band mit gleichem Namen - allerdings aus Kalifornien. Wenn einer von euch beiden groß genug wird, könnten Verwechselungen auftreten. Habt ihr dafür schon Pläne, oder lasst ihr's erst mal darauf ankommen?

Daniel Merz: Die kenne ich auch. Wir haben uns aber nicht nach denen benannt, sondern sind erst lange Zeit nachdem wir uns für den Namen AGE OF AGGRESSION entschieden haben, auf die gestoßen. Aus meiner Sicht machen die aber keinen Death Metal, da sie doch recht eindeutige Hardcore-Einflüsse haben. Wegen des gleichen Namens mache ich mir keine Gedanken, da gibt es noch genügend andere Beispiele an Bandnamen, die ebenfalls mehrfach besetzt sind: ATROCITY, WARLORD, REVENANT um nur mal drei zu nennen. Außerdem ist die geographische Trennung so groß, dass sich zumindest bei der (Un-)Bekanntheit, die unsere Bands zur Zeit noch haben keine Probleme entwickeln sollten.

Vielen Dank für das Interview!

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