Livebericht Hammerfall (mit Vicious Rumors und Amaranthe) |
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Ein Livebericht von Elvis aus Esch-sur-Alzette (Rockhal) - 06.11.2011 (29437 mal gelesen) |
HAMMERFALL haben zweifelsohne ihre Meriten verdient wie kaum eine Metal-Band der späten 90er Jahre. Mag man von der Musik der Schweden oder insbesondere der gelegentlich eigenwilligen Kleidungswahl von Gitarrist und Chef Oscar Dronjak halten was man mag - Stichwort: Blecheimer-Rüstung -, ohne HAMMERFALL und ihren enorm eingängigen Power Metal der skandinavischen Schule wäre der Stahl vielleicht nicht mehr so wieder aus der Versenkung auferstanden, wie es letztlich ab den 2000ern der Fall war. Dieser Aufstieg ist unweigerlich mit dem Namen HAMMERFALL und dem bedingungslosen Glauben der Band an ihre Musik verbunden. 2011 haben sich Joacim Cans und Co. ein wenig von ihren vorwiegend heroischen Heimgewässern entfernt und mit "Infected" ein eher traditionelleres Metal-Album veröffentlicht, das sich mit dem Ausbruch einer Zombieplage (viel spätpubertärer und cooler zugleich geht es ja wohl kaum - coole Sache!) beschäftigt. Weniger Chöre (wer liebt sie nicht?), mehr Arschtritte und dennoch gutes Songmaterial - "Infected" konnte mich jedenfalls durchaus überzeugen, auch wegen des Mutes, es mal abseits der üblichen Pfade zu versuchen. Grund genug, sich das Spektakel der "European Outbreak"-Tour leibhaftig zu gönnen und mitzuerleben, ob das Material live entsprechend überzeugen kann. Schauplatz des heutigen Geschehens ist der Club der Rockhal in Esch-sur-Alzette/Luxemburg. Der kleinere Teil der größten Halle des Großherzogtums hat schon ebenso diverse Musikgranden beherbergt wie der große Bruder echte Größen. Erfahrung hat man hier zweifellos, weswegen auch der Einlass problemlos und professionell funktioniert. Obwohl HAMMERFALL sicherlich keine kleine Kapelle mehr sind und mit Nuclear Blast eines der wichtigsten Labels im Rücken haben, ist man merchtechnisch offenbar nicht abgehoben und nah am Fan. Anders ist es nämlich nicht zu erklären, dass man die diversen Shirts und Jacken zu sehr zivilen Preisen verkauft. 20 Euro pro Shirt bzw. 40 Euro pro Jacke für eine Band dieser Größenordnung ist weiß Gott mehr als fair kalkuliert - der Absatz am Merchandisestand läuft dementsprechend und zurecht gut. Kurz nach dem für deutsche Verhältnisse späten Einlass spielt auch schon die erste Band des umfangreichen Tourpaketes. DEATHDESTRUCTION sind noch recht neu, jedoch beileibe kein unbeschriebenes Blatt. HAMMERFALL-Basser Frederik Larsson spielt hier ebenso mit wie Mitglieder von EVERGREY oder DEAD BY APRIL, weswegen ein geballter Haufen Erfahrung auf der Bühne steht. Klanglich gibt es schwedischen Death Metal zu hören mit entsprechend aggressiven Growls von Frontmann Jimmy Strimmel. Wenn man auf diese Art von Musik steht, ist das sicher auch nicht übel - ich kann allerdings, vielleicht auch schon wegen einer persönlichen Vorliebe für cleane Vocals - nicht übermäßig viel damit anfangen. Klingt alles ordentlich gespielt, die Show ist auch okay... aber eben nicht grade meine Musik. Ob das nun zwangsläufig zu HAMMERFALL und den Fans passt, mag man für sich entscheiden, aber immerhin ist es Abwechslung, was bei vier Bands an einem Abend sicher nicht schaden kann und verschiedene Schichten bedient. Mehrere Power Metal Bands am Stück wären wohl auch einiges zu viel des Guten... Anyway, DEATHDESTRUCTION machen in den 25 Minuten Spielzeit einen sauberen Auftritt und kriegen mehr als nur Höflichkeitsapplaus. Das ist für den Slot ja schon mal nicht schlecht. Nach einem nicht grade langen Change-Over geht es schon schnell mit der zweiten Band des Abends los, auf die ich doch deutlich mehr gespannt bin. AMARANTHE aus Schweden sind eine leichte Besonderheit, leisten die fünf Jungs und ihr heißes Mädel sich doch gleich drei Vokalisten bei einer Gitarre und einem Bass plus Schlagzeug. Das ist sicher nicht der Standard. Gespielt wird nach eigener Angabe irgendwas zwischen melodischem Death Metal und Power Metal. Klanglich brettert man dementsprechend ganz ordentlich voran, verliert jedoch niemals einen gesunden bis extremen Pop Appeal aus den Augen. Mit dem Debütalbum "Amaranthe" im Gepäck wird der Sound vor allem geprägt von den schönen Clean Vocals des einen Sängers und der hübschen Stimme von Blickfang Elize. Das Gegrowle des dritten Vokalisten sorgt wohl für ein Death Element, wäre aus meiner Sicht auch gar nicht notwendig, aber stört auch nicht übermäßig. Zuckergussmäßige Refrains reißen nämlich so einiges raus, wenn man drauf steht. Letztlich ist die Einschätzung eines YouTube-Users zur Single 'Hunger', die das Set beschließt, nicht falsch, dass die Band mit dem Song auch beim Eurovision Song Contest gute Chancen hätte, deutlich was zu reißen. Insgesamt ist das Material jedenfalls sehr gefällig und nicht zuletzt dank der weiblichen Präsenz auf der Bühne ansehnlich dargeboten. Schade jedoch, dass die deutlichen Keyboard-Anteile der Musik leider nicht auch live gespielt werden, sondern offensichtlich aus der Konserve kommen - da wäre noch ein bisschen mehr drin gewesen. AMARANTHE können mit der entsprechenden Rückendeckung durch Spinefarm Records durchaus ein Name werden, mit dem man rechnen kann. Das Luxemburger Publikum reagiert jedenfalls sehr wohlwollend auf die Schweden und bedenkt sie mit einem kräftigen Applaus - und wohl nicht nur, weil die Sängerin optisch einfach einiges hermacht. Ein guter Support, von dem man gerne mehr hören darf. Setlist AMARANTHE 01. Leave Everything Behind 02. Enter The Maze 03. 1.000.000 Lightyears 04. Automatic 05. Call Out My Name 06. It's All About Me (Rain) 07. Serendipity 08. Hunger Eigentlich sollten nach der kurzen Pause jetzt die reaktivierten Hard Rock-Recken von RIOT den ersten Teil der Tour bestreiten. Angesichts des starken Comeback-Albums "Immortal Soul" wäre das sicher auch spannend gewesen, leider musste Sänger Tony Moore jedoch unvorhergesehen unters Messer. Deswegen sind die Urgesteine von VICIOUS RUMORS eingesprungen, die sowieso ab dem zweiten Leg übernommen hätten und spielen schon den Anfang der Tour. VICIOUS RUMORS sind sicherlich kein schlechter Ersatz, haben mit "Razorback Killers" ebenfalls ein starkes aktuelles Album dabei und haben im Grunde auch ein ähnliches Standing wie RIOT. Es handelt sich nämlich ebenfalls um eine klassische Band, die es nie bis ganz nach oben geschafft hat, aber doch einiges bewegt hat. Motiviert geht man daher frisch ans Werk und liefert eine überzeugende Show. VICIOUS RUMORS sind eine der Bands, bei denen es in zahlreichen Besetzungswechseln nur eine Konstante gab, nämlich den Chef an der Gitarre Geoff Thorpe. Die bekannten Trademarks, nämlich eine qualifizierte Gitarrenarbeit und nette Harmonien, gibt es deswegen auch heute in Luxemburg zu bewundern. Klassisch ist wohl der beste Begriff, um die Show zu beschreiben, und es wäre sicherlich vermessen, hier keine Qualität zu attestieren. Nichtsdestotrotz merkt man bei aller Motivation, dass die amerikanischen Power Metaller eben doch nur in der oberen zweiten Liga spielen. Mit den absoluten Größen mitzuhalten, das ist ihnen dann doch nicht vergönnt. Für eine gute Show reicht es jedoch immer, und dafür reißen die Herren sich sprichwörtlich den Arsch auf. Den kräftigen Applaus haben sie sich daher auch redlich verdient. 'Soldiers Of The Night' vom legendären Debüt beschließt deswegen auch zu Recht ein gutes Set, mit dem man gut gelaunt zum Headliner übergehen kann und darf. Setlist VICIOUS RUMOURS 01. Don't Wait For Me 02. Digital Dictator 03. Minute To Kill 04. Murderball 05. Lady Took A Chance 06. Abandoned 07. Let The Garden Burn 08. Hellraiser 09. Soldiers Of The Night Auf HAMMERFALL muss der geneigte Fan dann doch noch ein bisschen länger warten. Als die Lichter verlöschen und die Lichtshow mit dem Opener 'Patient Zero' vom "Infected"-Album angestimmt wird, jubelt die Masse in der doch sehr gut gefüllten Location entsprechend kräftig. Nachdem der Sound vorher bestenfalls ordentlich war, bekommen die Headliner einen klaren, kraft- und druckvollen Sound spendiert, der einfach nur Laune macht. Die Band ist bestens gestimmt, die Chemie mit der Menge ist ebenfalls gut und die Songauswahl passt ebenso. HAMMERFALL spielen ein Set, in dem die guten aktuellen Songs ebenso ihren Platz finden wie die diversen Klassiker, die einfach zu einer Show der Schweden dazugehören. Ob nun Fan der Band oder nicht, bei dem Klang und der Spielfreude kann man einfach nicht an sich halten und muss zumindest mitwippen. Erwartungsgemäß kann sich das neue Material live deutlicher und besser in den umfangreichen Back Catalogue einfügen als in der Studioversion mit der vor allem anderen Produktion im Vergleich zu den übrigen Alben. "Infected" überzeugt auf die Weise sicher auch die teils kritischen Fans mehr. Gegen Stampfer wie 'Any Means Necessary', 'Riders Of The Storm' oder 'Blood Bound' anzukommen, ist live eh ein Ding der Unmöglichkeit. Joacim Cans liefert sich immer wieder einige launige Ansprachen mit dem Publikum und singt durchgehend gut, wenn man bedenkt, dass er sicherlich nicht unbedingt als einer der besten Sänger der Metalwelt zu bezeichnen ist. Charakter hat der Frontmann jedoch allemal. Für meinen Geschmack könnte er sich zwar grade bei den Stampfern etwas mehr Bewegung über die Bühne gönnen, aber das ist vielleicht auch nur meine eigene Vorstellung. Denn zweifellos geht die Bewegung gerne auch mal zu Lasten einer makellosen stimmlichen Performance, was sicher auch nicht im Sinne der Fans sein dürfte. So oder so, ein feines Set wird von HAMMERFALL hier mit einer guten Show unters Volk gebracht. Die Zugabe, u.a. mit der Überballade 'Glory To The Brave' hinterlässt ein gutes Gefühl vor dem Heimweg, den man natürlich nicht ohne den unvermeidlichen - und immer wieder tollen! - Rausschmeißer 'Hearts On Fire' gegen halb eins in der Nacht antreten darf. Setlist HAMMERFALL 01. Patient Zero 02. Heeding The Call 03. Any Means Necessary 04. B.Y.H. 05. Blood Bound 06. Let's Get It On 07. Last Man Standing 08. Renegade 09. Always Will Be 10. Dia De Los Muertos 11. Riders Of The Storm 12. Steel Meets Steel 13. Legacy Of Kings 14. Let The Hammer Fall 15. The Dragon Lies Bleeding 16. The Templar Flame Encore: 17. Glory To The Brave 18. One More Time 19. Hearts On Fire Insgesamt haben HAMMERFALL heute zweifellos "Value For Money" geboten - ein tolles, abwechslungsreiches Paket, bei dem niemand ohne ein angenehmes Grinsen im Gesicht heimgefahren sein dürfte. Den Status, den die Schweden haben, haben sie heute wieder mal klar gerechtfertigt. |
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