Illuminate - 10x10

Review von Souleraser vom 05.08.2003 (6946 mal gelesen)
Illuminate - 10x10 Die Idee ist einerseits prima: eine CD für die Harten ("10 x 10" in Schwarz), eine CD für die Zarten ("10 x 10" in Weiß). Andererseits riecht das aber auch ziemlich nach Abzocke, denn andere Bands veröffentlichen durchaus auch 20 Songs auf einer Doppel-CD, die erfahrungsgemäß ein besseres Preis-/Leistungs-Verhältnis bieten, als zwei einzelne.
Aber hören wir's uns mal an...


Das "Schwarze Album" unterstreicht dabei die düstere und harte Seite des Künstlers Johannes Berthold, der für die Songs verantwortlich zeichnet.
Die Songs sind sehr heavy, erinnern phasenweise sogar an eine Band, die zu den extremsten Vertretern deutschsprachigen Metals zählt: Eisregen. "Der Torweg" könnte genausogut von den Thüringern stammen.
Das "weiße Album" hingegen ist wie eine Eisskulptur: Zerbrechlich, zart, wunderschön - und irgendwie endlos.

Ich habe hier also die Aufgabe, eine Kaufempfehlung anhand von 4 von 10 Songs (je Album) auszusprechen. Gleich vorab: Das kann ich nicht.
Im Gegensatz zu manchen Kollegen anderer Magazine maße ich mir nicht an, aufgrund von deutlich weniger als der Hälfte des Materials eines Albums eine Kaufentscheidung zu beeinflußen.

Ich möchte daher einfach kurz auf die Songs eingehen:

1. Der Torweg: Wie bereits erwähnt könnte dieser Song ohne Probleme von Eisregen stammen: Krächzende Vocals und ein endlos heavy kommender Musikkorpus. Super song, der mit seiner depressiv-morbiden Stimmung absolut passend zur "Schwarzen" Stimmung des Albums und der "Zielsetzung" ist. Hammersong.

2. Todesengel: Mit dem Song werde ich nicht warm. Musikalisch wäre er wirklich prima: Wie der vorherige Song ziemlich heavy und eher rockig mit durchaus spürbarer Energie. Der Schwachpunkt hier ist der weibliche Gesang: Zum einen erscheint mir die Tonlage unangemessen hoch, zum zweiten empfinde ich ihn als sehr monoton - mit einer ausgebildeten, weiblichen Stimme lässt sich mehr machen, wie etwa Anne Nurmi von Lacriomsa oder natürlich Tarja Turunen beweisen. Der letzte Schwachpunkt ist ein Melodiebogen in eben diesem weiblichen Gesang, der mich sehr stark an JBOs "Mensch ärgere Dich nicht" erinnert, kurz vor dem Refrain. Die Stoßrichtung ist klar: Obwohl mit Sicherheit anders geplant wirkt der Refrain in "Todesengel" unangemessen fröhlich.

3. Du liebst mich nicht!: Nein, keine Coverversion des unsäglichen Sabrina Setlur-Songs sondern eine heavy-/düstere Absage an einen Menschen, der vorhat, die Gefühle, die man für ihn hegt, auszunutzen. Schöne Melodie, wütender, teilweise wieder leicht krächzender Gesang und mit dem Refrain "Du liebst mich nicht!" echtes Ohrwurmpotential. Gefällt mir sehr gut.

4. Die Spieluhr: Warum dieser Song auf dem "Schwarzen Album" erscheinen soll, ist mir nicht klar. Die düstere Bass-Untermalung im Hintergrund klingt hinter dem glockenhellen Klingeln kaum durch. Dafür punktet der Song mit wunderschöner Melodie und sogar ordentlichen Lyrics. Lob geht in diesem Fall auch an die weibliche Gesangsstimme, die sehr stark und trotzdem angenehm klingt. Ordentlicher Song, meiner Meinung nach aber wie gesagt auf diesem Album deplatziert.

5. Blütenstaub: Gewohnt gothic-depressiv, schön abwechselnd männlich/weiblicher Gesang und eine angenehme Melodie - ein echter Song zum Träumen.
Dem Song haftet etwas sehr zuckersüßes an, was mich auch schon bei "Todesengel" störte: Obwohl die weibliche Gesangsstimme hier besser klingt, ist sie phasenweise immer noch beinahe unangenehm hoch.

6. Der Traum des Tänzers: Meiner Meinung nach wieder ein deplatzierter Song. Diesen anstatt "Die Spieluhr" aufs "Schwarze Album" und ich wäre überzeugt. Der Song selbst ist sehr heavy, sehr wütend und irgendwie auch depressiv, erzeugt aber trotzdem eine angenehme Atmosphäre. Bertholds Stimme drängt mir phasenweise wieder den Vergleich mit Lacrimosas Tilo Wolff oder sogar dem In Extremo Frontmann "Das letzte Einhorn" auf.

7, Leuchtfeuer: Gänsehautnummer. Einfach nur wunderschön, zum Träumen oder wahlweise zum Kuscheln oder auch zum Ausheulen perfekt geeignet. Erstmals kommen hier auch sehr tragend elektronische Elemente zum Zuge. Zudem beweist Johannes Berthold, dass er auch richtig gut und schön singen kann. Ist "Der Torweg" das Highlight des düsteren Bereichs, so ist "Leuchtfeuer" das Highlight des sensiblen Bereichs. Wunderschöne Liebeserklärung, die bestimmt auch bei Frauen ausserhalb der schwarzen Szene ankommen könnte.

8. Stern der Ungeborenen: Wunderschöne Rockballade, klassischer Gothic Rock-Stil. Depressiv, melancholisch und zum "Sterne gucken" schön.

Mein Fazit: Auch wenn es sich bei den Songs ausschließlich um eine Retrospektive der 10jährigen Bandgeschichte von Illuminate handelt, dürfte sich doch auch für Fans der ersten Stunde noch was interessantes finden, denn die Songs wurden gegenüber den Originalen teilweise doch ziemlich überarbeitet.

Auch wenn ich die "Eingruppierung" in einigen Fällen nicht nachvollziehen kann, habe ich mich mit den Songs gut unterhalten. Meine Empfehlung: Augen offenhalten und ggf. mal vorher im Laden reinhören. Hörenswert ist das Material, das mir hier zur Rezension vorlag, allemal.

- ohne Wertung -
Trackliste Album-Info
"10x10" in schwarz
1. Der Torweg
2. Todesengel
3. Du liebst mich nicht
4. Die Spieluhr
plus 6 weitere

"10x10" in weiß
1. Blütenstaub
2. Der Traum des Tänzers
3. Leuchtfeuer
4. Stern der Ungeborenen
plus 6 weitere
Band Website: www.illuminate.de
Medium: CD
Spieldauer: 74:00 Minuten
VÖ: 08.09.2003

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