Aerodyne - The Last Days Of Sodom

Review von baarikärpänen vom 24.04.2022 (8255 mal gelesen)
Aerodyne - The Last Days Of Sodom Es ist wie so oft ein zweischneidiges Schwert. Vor allem, wenn man AERODYNE und ihrem Album wie "Damnation" aus dem Jahr 2019 mal eben die Höchstnote verpasst hatte und dann ein mehr als lustiges Interview führen durfte. Und jetzt sitzt man dann also wie das berühmte Kaninchen vor der Schlange vor dem Computer und weiß nicht, ob man die Play-Taste drücken soll, um sich den Nachfolger "The Last Days Of Sodom" anzuhören. Der Info-Zettel des Labels tut sein Übriges zum Gemischtwarenladen der Gefühle. Denn "Damnation" lebte vor allem davon, dass AERODYNE sich auf diesem Album locker-flockig präsentierten, eine Band, der es nur darum ging mit Heavy Metal ihren Spaß zu haben. Tja, und dann steht da im Promotext, dass "The Last Days Of Sodom" vor allem vom Zusammenbruch handelt, von Ruinen und Lügen. Glamour gibt's auch keinen, sondern nur Wut und Nihilismus. Kann es wirklich sein, dass AERODYNE eine 180-Grad-Wende hingelegt haben und nichts mehr von diesem unbekümmerten jugendlichen Charme da ist? Stimmt dieses Mal die Verbindung von düsterem Cover und Musik? Um das herauszufinden hilft ja nur eines: Play drücken und auf das Schlimmste gefasst sein.

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Nach den ersten beiden Durchläufen kann man bestätigen, dass AERODYNE tatsächlich düsterer geworden sind. Aber, und da freut sich der Rezensent, macht sich die neue Dunkelheit doch eher in den Lyrics bemerkbar und bleibt, bis auf einige wenige Songs, musikalisch außen vor. Selbst diese drei Longtracks, allen voran 'Innocence Lost', sind weit davon entfernt in die Kategorie Depri-Metal zu rutschen. Ganz im Gegenteil! Gerade 'Innocence Lost' gefällt mit seiner Mischung aus ACCEPT-Riffing ('Shadow Soldiers') und leichten Querverweisen zu JUDAS PRIEST, während 'Blood In The Water' als astreine Halbballade durchgeht, in deren letztem Drittel AERODYNE gewaltig das Tempo anziehen und die Rübe zum rotieren bringen. Letzterer der drei Longtracks, 'Children Of The Sun', ist ein im Midtempo angesiedelter Banger in bester MAIDEN-Manier, der vor allem mit seinem orientalischen Flair mehr als zu überzeugen weiß. Bleiben also acht weitere Songs. Und mein lieber Herr Gesangverein, was AERODYNE sich da aus den Ärmeln geschüttelt haben, ist Metal to let your Maul steh sperrangelweit open! "Damnation" hatte ja durchaus schon so seine Speed Metal-Momente, aber auf rund der Hälfte der verbliebenen Stücke drücken AERODYNE noch deutlicher auf's Gaspedal. Wir sprechen hier wohlgemerkt von hochmelodischem Speed Metal, also Mucke in der Tradition von frühen HELLOWEEN oder GAMMA RAY, dem AERODYNE allerdings eine deutliche Schippe Dreck spendieren. Es entzieht sich leider meiner Kenntnis, welcher der Gitarristen - oder sind es gar beide - für das Solo in 'Angband' verantwortlich zeichnet, aber das Urteil kann nur sein: Chapeau! Oder man nehme 'Whirlwind Of Fire', bei dem die Schweden sich die schnellen SAXON-Songs der frühen Jahre schnappen und daraus einen Hyperspeed-Boliden zusammenbauen. Herrlich, dieses Doublebass-Gewitter und der auf das Wesentliche reduzierte Chorus, der sofort im Ohr hängenbleibt. Also wieder eine Band, die das längst Bekannte durchkaut? Weit gefehlt! Es spricht für AERODYNE, dass hier trotz aller erkennbaren Einflüsse nichts aufgewärmt klingt. Der Titelsong beweist genau das und geht als fast schon moderne Kombination aus Thrash und Speed durch. Auch der Rest des Materials auf "The Last Days Of Sodom" ist weit davon entfernt, als Lückenfüller deklariert zu werden. 'Razor's Edge' macht alleine schon deswegen mächtig Spaß in den Backen, weil hier RUNNING WILD einer AERODYNE'schen Wurzelbehandlung unterzogen werden. Heraus kommt ein Song, den die Hamburger Piraten, bei aller Güte der letzten beiden Alben, schon seit Jahren nicht mehr auf der Pfanne haben. Bleiben schließlich noch 'Endgame' und 'Alien Front', bei denen durchaus hörbar W.A.S.P. und bei zweiterem auch MAIDEN ihre Spuren hinterlassen haben. Aber wie sich AERODYNE dieser Stücke angenommen haben, das würde einem Blackie Lawless die Runzeln aus dem faltigen Hintern bügeln und die arschfreie Buxe könnte mal wieder aus dem Schrank gekramt werden.

Wenn man wirklich irgendwas an diesem starken Album bemängeln möchte, dann könnte das höchstens der Sound sein. Der klingt, vor allem beim Opener, leicht blechern. Was natürlich auch an meinem Vorab-Download liegen kann. Ist aber letzlich eh schnuppe, weil das auf "The Last Days Of Sodom" vertretene Material eh über jeden Zweifel erhaben ist und man sich spätestens beim dritten Song an den Sound gewöhnt hat. Ganz ehrlich auch beeindruckend, welche Gesangslinien sich AERODYNE beziehungsweise Sänger Marcus Heinonen da ausgedacht haben. Die sind zum Teil mehr als außergewöhnlich und machen einen deutlichen positiven Unterschied zu sonstigen gleichgelagerten Veröffentlichungen.

Letzlich waren also alle Befürchtungen nichts weiter als heiße Luft. Auch wenn sich im Gegensatz zum Vorgänger dieses Mal ein paar dunklere Songs eingeschlichen haben, so geht das letztendlich als klarer Pluspunkt im Gesamtsound durch. Weiterentwicklung nennt man das wohl. "The Last Days Of Eden" ist für mich jetzt schon mehr als nur ein weiteres gutes Album. Vielmehr ist es jetzt schon ein Statement in Sachen ehrlicher Metal, lässt so ziemlich jedes andere Album aus der Sparte im bisherigen Jahr 2022 locker hinter sich und dürfte auch bis Dezember nicht mehr getoppt werden. Genau dafür gibt es zum zweiten Mal hintereinander nichts anderes als die Höchstnote für diese Band aus Schweden. Ich freu mich jetzt schon auf das später folgende Interview.




Gesamtwertung: 10.0 Punkte
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Trackliste Album-Info
01. Angband
02. Razor's Edge
03. Dust To Dust
04. Innocence Lost
05. Whirlwind Of Fire
06. Endgame
07. Last Days Of Sodom
08. Alien Front
09. Blood In The Water
10. 100 Days Of Death
11. Children Of The Sun
Band Website: www.facebook.com/aerodyneofficial/
Medium: CD
Spieldauer: 56:24 Minuten
VÖ: 22.04.2022

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