In Extremo - Quid Pro Quo | |
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Review von Elvis vom 27.06.2016 (7799 mal gelesen) | |
IN EXTREMO haben letzten September bei ihrem zweitägigen Jubiläumsfestival auf der Loreley gezeigt, dass mit ihnen auch nach 20 Jahren Bandgeschichte noch mehr als rechnen ist. Da das Septett aber trotz dieses triumphalen Siegeszuges sich nicht auf die faule Haut legen wollte, gibt es schon ein Dreivierteljahr später ein brandneues Album. Seit dem durchaus nicht überall mit Begeisterung aufgenommenen, nichtsdestotrotz sehr erfolgreichen Vorgänger "Kunstraub" von 2013, ist ja auch schon lange genug Zeit verstrichen, als dass man hier von einem Schnellschuss reden könnte. "Quid Pro Quo" heißt das gute Stück und es wird spannend zu sehen, ob man sich ggfs. die Kritik manch langjähriger Fans zu Herzen genommen hat. Gerade manchem, der die Band wegen ihrer stark mittelalterlichen Elemente der Frühzeit liebte, war das ziemlich eingängige, aber dabei stark in Richtung Deutschrock schielende Werk zu stark weg vom Schuss. Dieser Schritt war zwar schon mit "Sterneneisen" vollzogen, aber "Kunstraub" zementierte ihn eben ein wenig. "Quid Pro Quo" jedoch müsste eigentlich - ohne dabei so zu wirken, als sei es eine Anbiederung oder krampfig gewollt - allen Fans von IN EXTREMO zusagen. Der Opener 'Störtebeker', der sich natürlich um den berühmten deutschen Piraten dreht, knallt schon mal locker-flockig ins Gehör und präsentiert erwartungsgemäß Single- und Live-Qualitäten. Solche Songs hauen die Sieben mit schöner Regelmäßigkeit raus und das hat man einfach drauf. Live macht der gleich noch mehr Spaß, wie ich selbst kürzlich noch beim Auftakt der diesjährigen Burgentour erleben durfte. 'Roter Stern' ist wiederum ganz anders und zelebriert die Liebe der Band zu Russland - nach Deutschland ist das immerhin der größte Markt für sie. Ganz anders als der Opener, aber unterm Strich nicht minder eingängig präsentiert sich das (natürlich) von russischen Klängen angehauchte Stück und bleibt ab dem Refrain gleich im Kopf. Hansi Kirsch von BLIND GUARDIAN unterstützt hier ausnahmsweise mal in deutscher Sprache und für Ambiente sorgt ein voller Moskauer Kosacken-Chor. Der folgende Titelsong 'Quid Pro Quo' ist eine ungewohnt politische Abrechnung mit der heute viele Lebensbereiche durchdringenden Gier nach Geld. Die ist jedoch wiederum so einlullend angenehm musikalisch verpackt, dass wohl doch der ein oder andere Investmentbanker hier fröhlich mitwippen könnte, obwohl der Text sich doch ziemlich gegen manche Auswüchse richtet. Musikalisch ist der Titeltrack ein recht straighter Rocker mit Livequalitäten. Nach diesen drei eher moderneren Stücken geht es mit 'Pikse Palve' wieder weit zurück auf den Mittelaltermarkt. Dieses Stück, welches ganz klar als IN EXTREMO der frühen Jahre erkennbar ist, macht einfach Spaß. Ende der 90er wäre das in der Diskografie auch positiv aufgefallen und rockt dabei gleichzeitig in der zweiten Hälfte doch auch noch ordentlich. Fremdsprachig waren die Sieben ja schließlich die letzten Jahre nicht mehr übermäßig oft unterwegs. Mit 'Lieb Vaterland, magst ruhig sein' wird es dafür im Anschluss gleich ein wenig ernster. Wie man am Titel schon erkennen kann, dreht es sich hier um Krieg und man kann sich vorstellen, dass dieser nicht glorifiziert wird. IN EXTREMO haben einen sehr guten Text geschrieben und die sensible Thematik erstaunlich gut umgesetzt. Der Kinderchor macht das Ganze nur umso eindringlicher. Unterm Strich vielleicht nicht unbedingt ein optimaler Livekandidat, aber textlich wirklich stark und berührend. In 'Flaschenteufel' geht es um eine Wunderlampe und was so passiert, wenn man diese nutzt. Als Gäste hat man sich hier die Kumpels von HEAVEN SHALL BURN eingeladen, die zwar durchaus auffallen, aber nicht so sehr, dass es nicht auch ohne gegangen wäre. Trotz der im Ursprung orientalischen Thematik klingt der Song jedoch abgesehen vom Intro und ein paar Passagen nicht sonderlich nach Orient. Dafür ist es ein guter, leicht experimentierfreudiger Rocker in IN EXTREMO-Tradition, dem auch die gelegentlichen Metalcore-Passagen exzellent stehen. Zurück in die Vergangenheit geht es mit 'Dacw 'Nghariad'. Der Song, der so auch auf "Weckt die Toten" seinen Platz gefunden hätte, ist allerdings etwas rockiger als 'Pikse Palve' zuvor. 'Moonshiner' dreht sich um Schwarzgebrannten und ist eine schöne Saufballade, die ein bisschen sentimental kommt, aber auch genug Gitarren hat, um diejenigen mitzunehmen, die nicht so auf Balladen stehen. 'Glück auf Erden' verbindet in bester Manier Mittelalter mit Rock und rockt mit guter Melodie, ein bisschen Metalcore-Anteil (hauptsächlich in der Bridge) und könnte sogar noch länger sein. Kurz vor Schluss gibt es mit 'Schwarzer Rabe' noch einen zweiten Song mit Russland-Bezug. Diesmal hat man sich sogar mit einem russischen Text reingehangen. Der Song ist irgendwie anders, aber auch irgendwie angenehm speziell dadurch. Als Rausschmeißer der regulären Platte gibt es die erste Single 'Sternhagelvoll' - und eines der absoluten Highlights des Albums. Die keltisch anmutende Pub-Nummer überzeugt durch extremen Ohrwurmcharakter und viel Atmosphäre. Ohne das negativ zu meinen: der Song hätte auch Potenzial als Karnevalshit. Die Deluxe-Version enthält noch drei Bonustracks. 'Wenn das Licht angeht' ist ein schon in den Metalbereich ragender schneller Rocker. Erwartungsgemäß knüpft 'Palästinalied 2' an den ersten Song an und schafft das auch niveautechnisch mühelos. Ok, ist ja auch von der Melodie her nicht anders. Zum Schluss gibt es noch den Titeltrack 'Quid Pro Quo' in einer Akustikversion. Die kommt gar nicht schlecht und der Text wirkt dadurch in seiner zwar teils augenzwinkernden, aber eben doch kritischen Botschaft nochmals eindringlicher. In der mit rund 30,00 Euro fair bepreisten limitierten Fanbox gibt es neben der Deluxeversion mit ihren Bonustracks noch eine limitierte 7-Inch-Single, Postkarten, einen Sticker, ein Poster und ein exklusives Live-Album. Dabei handelt es sich um sieben Tracks des Schifffahrts-Gigs am Donnerstag des Jubiläumsfestivals. Nicht nur für die, die dabei waren, ist das unterm Strich doch ein sehr ordentlicher Mehrwert. IN EXTREM schaffen es, mit "Quid Pro Quo" nach zwanzig Jahren ein Album einzuspielen, mit dem an sich jeder Fan mitgenommen wird. Ob man nun eher die "alten" Sieben mag oder doch lieber den neuen Stil der vergangenen Jahre, hier kommt man komplett auf seine Kosten. Ob IN EXTREMO hier ihr bestes Album abgeliefert haben, wird sich im Laufe der Zeit noch zeigen, aber ich glaube, man kann jetzt schon sagen, dass "Quid Pro Quo" eines der besten ist, welches die Mittelalter-Rocker bis dato abgeliefert haben. Das Songmaterial ist sehr gut, klasse produziert, die Band ist bestens in Form und hat selten so gekonnt ihre Ursprungsvision, Mittelalter-Klänge und Rock zu verbinden, verwirklicht. Dabei wirkt all das nicht gezwungen und schon nach ein paar Durchläufen wirkt "Quid Pro Quo" so, als sei es schon immer da gewesen. Das macht sich sicherlich auch in Zukunft im Liveset bemerkbar. Kann man einem Album ein größeres Kompliment machen? Ein ganz starkes Werk, mit dem IN EXTREMO wirklich bestens auf die nächsten 20 Jahre hinausblicken können. Anspieltipps: 'Störtebeker', 'Quid Pro Quo', 'Flaschenteufel' & 'Sternhagelvoll'. Gesamtwertung: 9.5 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
01. Störtebeker (3:34) 02. Roter Stern (3:32) 03. Quid Pro Quo (3:06) 04. Pikse Palve (3:41) 05. Lieb Vaterland, magst ruhig sein (6:16) 06. Flaschenteufel 07. Dacw 'Nghariad (4:18) 08. Moonshiner (4:12) 09. Glück auf Erden (2:54) 10. Schwarzer Rabe (3:44) 11. Sternhagelvoll (4:03) Bonus Tracks (Deluxe Digipack Version) 12. Wenn das Licht angeht (3:26) 13. Pälästinalied 2 (3:49) 14. Quid Pro Quo (Akustikversion) CD II Schifffahrt 2015 (nur bei Limited Fan Edition) 01. Siehst Du das Licht (Live) (4:11) 02. Nur Ihr allein (Live) (4:59) 03. In diesem Licht (Live) (4:40) 04. Frei zu sein (Live) (3:49) 05. Küss mich (Live (4:39) 06. Gaukler (Live) (4:07) 07. Feuertaufe (Live) (4:27) | Band Website: www.inextremo.de Medium: CD Spieldauer: 53:20 Minuten VÖ: 24.06.2016 |
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