Lamb Of God - Lamb Of God

Review von Damage Case vom 21.06.2020 (9169 mal gelesen)
Lamb Of God - Lamb Of God Kopien sind nie so gut wie das Original. Eine alte Binsenwahrheit, die sich fast immer zu bestätigen scheint. Was passiert aber, wenn die Kopie nicht mehr wie das vermeindliche Original klingt? Und was hat das mit LAMB OF GOD zu tun? In ihren Anfangsjahren, beginnend mit der Firmierung unter dem Namen BURN THE PRIEST, wurden sie als (technischerer) Abklatsch von PANTERA abgetan. Damals hatten sie aber noch nicht einen Fronter mit dem Charisma eines Phil Anselmos am Start, kein Gitarrenidol im Rang eines Dimebag Darrells im Team und nicht ansatzweise so mitreißendes Songmaterial wie die "Cowboys From Hell". Doch dann setzte etwas ein, was man als eine der spannendsten Metamorphosen im Metal der vergangenen zwanzig Jahre bezeichnen kann. Die Band benannte sich in LAMB OF GOD um, die Songs wurden trotz technischen Anspruchs immer spannender (wer 'Laid To Rest' und 'Omerta' vom 2004er Album "Ashes Of The Wake nicht verehrt, hat groovigen Metal nie verstanden) und aus dem gesichtslosen Randy Blythe wurde der schwermetallische Thinking Man schlechthin. Seine Worte haben Gewicht, seine Meinung und Ansichten werden gehört - ein Philosoph unter den Schreihälsen. Mit "Sacrament" gelang 2006 dann endlich der verdiente kommerzielle Durchbruch. Selbst Randys zwischenzeitlicher Gefängnisaufenthalt 2012 aufgrund des tragischen Todes eines Fans bei einem Konzert in Tschechien sowie der Ausstieg 2019 von Gründungsmitglied und Schlagzeuger Chris Adler konnten und können diese "Band Of Brothers" nicht stoppen.

Das selbstbetitelte Album sollte eigentlich bereits im Frühling 2020 erscheinen und die Band anschließend mit KREATOR auf Tour sein. Aber Corona machte dem einen Strich durch die Rechnung und so erscheint "Lamb Of God" im Juni 2020, Konzerte folgen irgendwann. Was darf man von einem selbstbetitelten Album nach über zwanzig Jahren gemeinsamen Lärmens in nahezu unveränderter Besetzung erwarten? Nich weniger als das fündundvierzigminütige Kondensat all dessen, was LAMB OF GOD auszeichnet. Die Band befindet sich auf dem Zenit ihres Könnens, alle zehn Songs klingen bis ins Letzte auskomponiert und perfekt arrangiert. Hier sitzt jeder Groove, jedes kleine Zitat (zum Beispiel 'Ressurection Man' - CHIMAIRA lassen grüßen), das Riffing ist über jeglichen Zweifel erhaben, Arturo Cruz gibt am Schlagzeug einen Weltklasseeinstand. Aber über allem thront Randy Blythe. Jeder, wirklich jeder Song, hadert mit der Gesellschaft, Digitalisierung, Umweltverschmutzung, dem Umgang mit den amerikanischen Ureinwohnern, den Medien oder handelt von persönlichen Beziehungen. "Lamb Of God" grübelt und verzweifelt von der ersten bis zur letzten Sekunde und Randy verleiht dem eine wütende Stimme - ohne zu klagen oder zu predigen. Beinahe hat man wie weiland gegenüber RAGE AGAINST THE MACHINE beim Hören ein schlechtes Gewissen, wenn man mal nur dem Groove und nicht der Message fröhnt. So auch die eindringliche Botschaft des Coverartworks: Die zerbrochene Uhr zeigt zwei nach zwölf. Gäste hat "Lamb Of God" auch mit an Bord. Jamey Jasta, Kopf von HATEBREED, hätte es nicht gebraucht, 'Poison Dream' funktioniert auch ohne ihn. Bei 'Routes' verhält es sich ein wenig anders. Hier erhalten Chuck Billy und seine TESTAMENT-Jungs eine bittere Lehrstunde in zwingendem Songwriting, denn dieser Song fegt alles vom Platz, was die Thrash-Veteranen 2020 mit ihrem Album "Titans Of Creation" aufbieten. Und wer Randy Blythe nur für ein schreiendes Krümelmonster hält, führt sich bitte 'Bloodshot Eyes' zu Gemüte.

Fazit: Bei Erfindung des Groove Metals um 1990/92 hätte sich niemand vorstellen können, dass Fünfzigjährige einmal dieser Musik auf so jugendliche Weise fröhnen könnten. LAMB OF GOD - Band und Album - treten den Gegenbeweis an. Diese zehn Songs sind nicht weniger als der vorläufige Höhepunkt ihrer bisherigen Karriere.

Drei Anspieltipps: 'Memento Mori' groovt und drückt dermaßen - besser wurde Melancholie selten in einen wütenden Metal-Song gepackt. Bereits das folgende 'Checkmate' mit seinem kurzen melodischen Intro und den folgenden technischen, fast schon progressiven Schlagzeugfiguren ist ein weiteres Highlight im Schaffen der Band - auf einem Level mit 'Laid To Rest'. 'New Colossal Hate' ist der beste PANTERA-Song, denn jene nie geschrieben haben.

Gesamtwertung: 9.0 Punkte
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Trackliste Album-Info
01. Memento Mori
02. Checkmate
03. Gears
04. Reality Bath
05. New Colossal Hate
06. Resurrection Man
07. Poison Dream (featuring Jamey Jasta)
08. Routes (featuring Chuck Billy)
09. Bloodshot Eyes
10. On the Hook
Band Website: www.lamb-of-god.com
Medium: CD
Spieldauer: 44:48 Minuten
VÖ: 19.06.2020

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