Sölicitör - Sölicitör

Review von Rockmaster vom 05.11.2019 (6380 mal gelesen)
Sölicitör - Sölicitör Wahnsinn. Dass es so was noch gibt. Alles an SÖLICITÖRs selbstbetitelter EP schreit nach den übelsten Erinnerungen an die 80er Jahre. Das Cover grinst einen verächtlich an und ruft einem ins Bewusstsein, dass irgendwo in irgendeiner Schublade noch Objekte rumgammeln, die genauso aussehen und die man irgendwann mal von einem heute wieder vergessenen Support Act für wenige Mark beim Merch erstanden hat. Das Cover auf dem Neunnadler hundertmal ausgedruckt, bis die Rasterung nicht mehr so stark auffiel - wer als Newcomer was auf sich hielt und sich das leisten konnte, hatte das dann durch den Laserkopierer der ersten kommerziellen Generation gejagt. Das Ganze handgefaltet und in die klapprige Kassettenhülle geschoben. Das BASF-CrO2-30 oder bestenfalls 45 mühselig von Hand mit dem Bandnamen, Mikrologo und Titel abgeklebt, und fertig war das erste Dutzend selbstproduzierter Tonträger.

Die klangen alle schlimm, aber wir liebten es - es gibt einfach Erlebnisse, die die Spotify- und YouTube-Jugend traurigerweise nie mit uns teilen wird. SÖLICITÖR hat sich auf der Wiederveröffentlichung ihres Kurz-Erstlings Mühe gegeben, uns die konservierte Essenz dieses Klanges minimalistisch modernisiert wieder aufzutischen. Die größte Leistung der Band und aller an der Produktion Beteiligten ist jedoch, das so zu tun, dass es sympathisch wirkt und vor allem geil abgeht. Tatsächlich haben SÖLICITÖR erst dieses Jahr mit einem Demo und mit eben der Erstveröffentlichung von "Sölicitör" auf sich aufmerksam gemacht. 2018 gegründet, haben Amy und die Jungs erst mal einen vergessenen Klumpen Rohstahl aus einem vor vierzig Jahren aufgegebenen Hochofen geklaut, dort mit schartiger Axt ihr detailliertes musikalisches Konzept eingraviert und mit stumpfen Motorsägen alle strittigen Punkte ausgefochten. Schließlich fehlte nur noch ein unvorbelasteter Name, dazu wurden schnell aus dem MOTÖRHEAD-Nachlass noch zwei Ö erstanden, und ab ins Stu ... in die heimische Garage ging's.

Die wundervoll keifende Amy Lee Carlson, die auch, wenn sie klar singt, eine echte Powerstimme hat, die Saitensäger Matt Vogan und Patrick Fry sowie Damon Cleary-Erickson am Bass und Johann Waymire am Schlagzeug geben alle Vollgas. Auch der Stil könnte geradezu der alten Zeit entsprungen sein. Roher, rasender Speed Metal mit gitarrenhalsbrecherischen Riffs, schepperndem Rhythmus und allem was das Speed Metal-Herz begehrt. Dass es soundtechnisch noch reduzierter geht, beweisen die mit verewigten Demo-Versionen der Kracher 'Nighstalker' und 'Speed Tyrant'. Beide sind Musterbeispiele, warum es sträflich gewesen wäre, SÖLICITÖR zum nächsten Label zu schicken, denn die rohe Energie ist einfach ansteckend. Gates Of Hell Records jedenfalls haben das erkannt und das Höllentor weit aufgerissen.

Das erste Vollzeit-Album ist für 2020 angekündigt, und sicherlich wird die Band dann auch fleißig touren (lasst's Euch nicht entgehen!). Wobei ich zugegebenermaßen Bedenken habe, dass ich mich auf deren Gig nicht aus dem Pit fernhalten könnte - und meine Knochen mir hernach belegen, dass ich nicht mehr so jung bin, wie ich mich in dem Moment fühle. Bleibt nur zu hoffen, dass die Band sich ihren wilden Charme bewahrt und trotzdem der Spagat gelingt, den Sound noch etwas definierter in die versilberten Bitströme zu pressen. Ich bin vollkommen unschlüssig, wie stark ich den Klang in die Bewertung einfließen lassen soll - und in welche Richtung. Drum bleibt nur eine Konsequenz: Das gehört so!

Gesamtwertung: 8.0 Punkte
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Trackliste Album-Info
01. Nighstalker
02. Speed Tyrant
03. Vulture Command
04. Execution Squad
05. Nightstalker (Demo Version)
06. Speed Tyrant (Demo Version)
Band Website: www.facebook.com/solicitor.speedmetal
Medium: CD
Spieldauer: 27:27 Minuten
VÖ: 25.10.2019

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