Livebericht End Of Green |
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Ein Livebericht von Stormrider aus Bochum (Matrix) - 22.04.2016 (22472 mal gelesen) |
Der Frühling entschließt sich kurz vor dem Wochenende doch noch nicht durchstarten zu wollen, und die Temperaturen gehen wieder runter in den Keller. Passt auch viel besser zu den melancholischen Tönen von END OF GREEN, die sich ihre Songs auf der aktuellen Darkoustic-Tour mal gänzlich ohne elektrische Unterstützung vornehmen. Ganz neu ist das im Bandcamp zwar nicht, gab es in der Vergangenheit doch schon immer Acoustic-Versionen verschiedener Songs als Bonustracks und 2013 in der Stuttgarter Röhre bereits ein einzelnes Konzert dieser Art, aber als ganze Tour konzipiert war es für die sympathischen Schwaben doch neu. Dass nicht nur die Band selber diesen Ansatz mag, sondern auch ihre Fans, wird deutlich, wenn man gegen 20:00 Uhr an der Matrix ankommt. Hier hat sich eine ansehnliche Schlange aus Dark-Rocker/innen eingefunden. Und als um 20:30 Uhr das Licht ausgeht und die Musiker auf ihren Barhockern auf der Bühne Platz nehmen, ist die Röhre in der Matrix ordentlich gefüllt, ohne am Sold Out zu kratzen. Auf eine Vorband verzichten END OF GREEN auf dieser Tour und spielen dafür lieber selber etwas länger, eine Idee, die den meisten Fans sehr recht sein dürfte. Denn solche Gigs, in anderer als der gewohnten Atmosphäre, bleiben ja meist sehr lange im Gedächtnis, und mit acht Alben in der Hinterhand bietet das eigene Schaffen auch genug Songauswahl für einen solchen Abend. Das Bühnenbild vermittelt heimelige Wohnzimmeratmosphäre, denn neben den Barhockern hat man ein paar 70er-Jahre Stehlampen sowie einen ziemlich alt aussehenden Teppich dabei. Das ganze vermittelt wirklich eine schöne und intime Atmosphäre, sodass man sich bei geschlossenen Augen zu jeder Sekunde vorstellen kann, dass die Band hier im Kreise ihrer Freunde einen Gig im Wohnzimmer spielt. Ich mag das sehr, und als beim Opener, 'Demons', die Bühne dunkel bleibt und die Band erst im Laufe des Songs in unaufgeregtes Licht getaucht wird, läuft mir bereits ein wohliger Schauer über den Rücken und wird auch für den Rest des Abends dort verweilen. Das anschließende 'Hurter' zeigt, dass man sich am besten einfach in die Melancholie fallen lassen muss, um die Tiefe der Musik und der Gefühle die diese Arrangements freisetzen können, gänzlich aufzusaugen und zu erfassen. Dazu diese dunkle und tiefe Stimme von Sänger Michelle Darkness, die eine nicht greifbare Traurigkeit und Verzweiflung transportieren kann. Augen zu und genießen. Das Publikum in der Matrix braucht allerdings noch eine Weile, um sich auf diesen Gig wirklich einzulassen. Natürlich eignet sich ein solcher Acoustic-Gig nicht für wildes abrocken, aber auch nach den Songs merkt man, dass die Fans erst nicht so recht wissen wohin mit ihren Emotionen. Dennoch ist im Saal zu jeder Sekunde diese Melancholie greifbar. Man sieht die Fans teilweise sehr versunken einfach die Musik aufsaugen. Nach einer Dreiviertelstunde hat sich dann aber auch der letzte Fan fallenlassen und die Band bekommt nach den Songs zunehmend mehr den verdienten Applaus. In den kurzen Pausen führt Mr. Darkness gewohnt schlagfertig durchs Programm, scherzt mit den Fans und selbst die technischen Probleme mit seinem Monitorsound, während 'Dying Moments', werden ohne Verlust der Atmosphäre gekonnt in eine kurze TOM PETTY-Hommage in Form einer 'Free Fallin'-Jam eingebettet. Der Sound in der Matrix ist heute sehr ausgewogen, zumindest auf Höhe des Mischpults, und das Wichtigste: genau richtig laut. Man kann ohne Gehörschutz den Gig genießen und hat am nächsten Tag dennoch keinen Tinnitus. Dazu fällt auf, dass im Gegensatz zu manchem Gig, bei dem man die Band nur auf Minibildschirmen der hochgereckten Arme zu sehen bekommt, vergleichsweise wenige Handyvideos und Fotos gemacht werden. Die Anwesenden schaffen es scheinbar die Musik einfach nur zu genießen, ohne das Bedürfnis die Welt daran teilhaben zu lassen. Da es aktuell kein neues Album zu promoten gilt, gibt es, mit Ausnahme des neuen Songs 'Head Down', fast nur bekanntes Material und die ein oder andere eingestreute oder mit einem END OF GREEN-Song verbundene Coverversion. So wird z. B. 'Rebel Yell' in 'Pain Hates Me' eingebunden, und das im Original zwar von den NINE INCH NAILS stammende, aber in seiner emotionalsten Version von wohl JOHNNY CASH performte 'Hurt', ist auch heute wieder für viele feuchte Augen gut, insbesondere, wenn es in einen Song wie 'Death In Veins' eingebettet wird. Wer da nicht sofort zentimeterdicke Gänsehaut hat, dem wurde wohl leider nicht die Gabe mitgegeben, überhaupt etwas zu empfinden. Ganz fantastisch und einer der absoluten Höhepunkte eines in sich schon sehr gefühlvollen Abends, der wie im Fluge vergeht. Als Abschlusstrack fungiert 'Nice Day' und hier erweisen END OF GREEN sowohl DAVID BOWIE, als auch dem einen Tag zuvor in den ewigen Backstagebereich entschwundenen PRINCE ihren Respekt und flechten mehrfach die Textzeile "We can be Heroes dancing under the Purple Rain ein". BÄÄÄM! Das sitzt nochmal und sorgt für allgemeine Klöße im Hals. Um 22:20 ist Schicht und als Outro läuft 'Purple Rain' nochmals komplett vom Band. Schaut man jetzt in die Gesichter des langsam aus der Röhre ziehenden Publikums, wird einem bewusst, dass PRINCE genreübergreifend seine Spuren hinterlassen hat, denn so gut wie niemand lässt das unbewegt, was sich in den Gesichtern gut ablesen lässt. Definitiv ein sensibel gewählter Abschluss eines emotionalen Gigs. Wie immer bei END OF GREEN endet der Abend zwischen Band und Fans aber nicht wenn die Lichter angehen, sondern dann, wenn das letzte Bier getrunken und der letzte Fan sein Foto und Autogramm hat. Hier zeigt sich einmal mehr das Selbstverständnis der Band, der man anmerkt, dass hier keine Zweckgemeinschaft am Werk ist, sondern fünf Freunde die zusammen Musik machen und gemeinsam mit ihren Fans Spaß haben wollen. Denn zwanzig Minuten nach Konzertende steht die gesamte Band am Merchstand und ist wie immer herrlich unkompliziert und signiert die eigens für diese Tour, und auch nur hier zu erwerbende, veröffentlichte "Silent Night"-CD. Melancholisch-zerbrechliche Musik in intimer Atmosphäre. Ein rundum gelungener Abend in der Matrix und ein Konzept, was END OF GREEN in ein paar Jahren gerne nochmal wiederholen dürfen. |
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