King Diamond - Abigail II: The Revenge

Review von Opa Steve vom 00.00.0000 (7375 mal gelesen)
King Diamond - Abigail II: The Revenge Der King ist irgendwie wie ein Uhrwerk. Bringt in schöner Regelmäßigkeit Alben mit Mercyful Fate und vor allem seinem Solo- Ding raus. Ist es eigentlich nötig, hier die wichtigsten Trademarks (die bei beiden Bands ohnehin die gleichen sind, nämlich Kings Gesang und absolut untrendige 80er-Riffs mit mystischem Touch) in zwei Projekten zu verheizen? Wie dem auch sei, ich war immer schon Fan von beiden, mußte aber auch beiden Bands vor paar Jahren noch eine ziemliche Kreativitätssenke bescheinigen.

Der King versucht hier, an eins seiner erfolgreichsten Alben anzuknüpfen, nämlich die Abigail-Geschichte, die vor 15 Jahren in der schwermetallischen Welt einschlug. Und so treffen wir bereits im Intro einen alten Bekannten: "O'Brian of the black horsemen". Schön in B-Movie-Grusel verpackt, wie wir es vom King gewöhnt sind.

Der Song "The Storm" begrüßt den Hörer mit bekannten Riffs der Marke Andy LaRocque. Es fällt auf, daß der King den Sopran immer noch zielsicher trifft, aber auch er wird älter, und so nehmen die Krächz- sowie cleanen Passagen immer mehr zu, während die hohen Melodien doch schon an Kraft verlieren. Auch die mehrstimmigen Parts dürfen nicht fehlen. Spätestens da fragt man sich, was live überhaupt noch von einem solchen Gesang übrigbleibt, wenn man die Overdubs wegläßt und dann noch grob über den Daumen peilt, wieviel Probleme der ständige Wechsel zwischen Krächzen und Sopran noch mit sich bringt. Ist wirklich eine Überlegung wert, ob man den King sich heute noch live angucken möchte, oder lieber die sauber im Studio produzierten Scheiben auflegt.

Die Riffs sind eigentlich wie immer: traditionelle 80er Riffs wechseln sich mit recht komplizierten Harmonien (eine echte Kunst von Meisterklampfer LaRocque). Dabei ist "80er Riffs" nicht mal so sehr altbacken oder gar negativ gemeint, denn trotz aller Einfachheit, die sich in manchen Grundriffs wiederfindet, kommen sie doch leicht und locker rüber und wirken alles andere als wiedergekäute Altware. Meist in Mid-Tempo gehalten entwickeln sich manche Songs zu echten Headbangern. Lediglich beim ziemlich genialen "Spirits" wird mal zwischenzeitlich auf die Tube getreten und die herrlichen Melodiebögen und fabelhaften Soli von präziser Doublebass unterlegt. Dieser Song hat wirklich die Klasse des legendären "Conspiracy"-Albums!

Richtig nostalgische Gefühle werden bei manchen Songs erweckt: "Little One" könnte auch streckenweise auf alten Fate-Meisterwerken wie "Melissa" einen Platz finden. "The Crypt" ruft nach den ersten Tönen kurzfristig sogar Erinnerungen an den Titeltrack "Melissa" von damals wach. So punktgenau hat die Produktion den cleanen Gitarrensound von damals getroffen. Dies zeigt, wie nah sich beide Bands stilistisch wirklich stehen. Oder noch mehr Nostalgie gefällig? Allen Fans der NWOBHM sei mal der Mittelteil von "The Wheelchair" empfohlen, der auch einer alten Maiden-Scheibe entsprungen sein könnte.

Die Produktion ist sehr, sehr trocken und klar. Ich persönlich bevorzuge dichteren Sound ohne Lücken, aber das ist ja Geschmackssache. Auf jeden Fall ist sie noch genügend druckvoll und räumt den vielen kleinen Details und Stimmen genug Raum zum Entfalten ein. Warum man allerdings für dieses Album ganze 5 Monate im Studio verbrachte, muß mir einer erklären.

Ich muß anerkennen, daß das Kreativitätstief von King Diamond überstanden ist. Nach zwei furchtbaren Vorgängern war bereits "House Of God" wieder sehr ordentlich, und auch dieses Werk besitzt eine Qualität, die sich von vielen Retro-Veröffentlichungen abhebt. Nichtsdestotrotz fehlt mir etwas. Es fehlt mir die Bandbreite. Ich möchte es Bands nicht ankreiden, wenn sie sich nicht großartig verändern - im Gegenteil. Nur ist es wirklich damit getan, sich stilistisch komplett einzuengen? So frisch und unverbraucht die Songs auch sein mögen, und auch so qualitativ hochwertig produziert, wie sie ohne Einspruch wirklich sind: King Diamond bewegte sich schon immer auf einem sehr schmalen Grat, der keine weitere Entfaltung mehr bietet, ohne ihn zu verlassen. Es gibt nichts mehr auszufeilen oder zu entwickeln. Dies ist der Vorteil anderer Bands, die sich stilistisch aus einem breiteren Spektrum bedienen. Diese Möglichkeit bleibt dem King verwehrt und hätte - wenn - eine Umschichtung seines Fankreises zur Folge. Wer also total auf die alten King Diamond Werke steht (Them, Abigail) und einfach nicht genug Songs dieser Art im Regal haben kann, sollte hier getrost zugreifen. Alte Fans, die mal Neuland entdecken wollen, werden auf dieser Scheibe gar nichts Neues entdecken (außer dem wirklich geilen "Spirits") und können es getrost bei den alten Werken belassen.

Aufgrund dieses Zwiespalts werde ich mich mit Punkten trotz aller Qualität etwas zurückhalten. So, und ein halber Punkt geht noch auf Kosten des Labels: Liebe Plattenfirmen, wie soll man denn CDs korrekt bewerten, wenn 90% aller Songs bereits nach 1:30 Minuten ausgeblendet werden? Ich hätte gern noch viel detaillierter über die Musik geschrieben. Vielleicht entwickeln sich ja manche Songs noch so richtig geil? Aber ich kann nur bewerten, was ich auch hören kann, und so muß ich das unbekannte Material eben mit Vorsicht genießen. Wenn ihr wirklich so panische Angst vor Raubkopierern habt, macht doch nach 2 Minuten einen kurzen "Promotional copy"- Spruch in den Song, oder ein "Piep" oder sonstwas. Wenn ihr eh schon rumeditiert, macht das auch nicht mehr Arbeit.

Gesamtwertung: 6.5 Punkte
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Trackliste Album-Info
1. Spare This Life (Intro)
2. The Storm
3. A Mansion In Sorrow
4. Miriam
5. Little One
6. Slippery Stairs
7. The Crypt
8. Broken Glass
9. More Than Pain
10. The Wheelchair
11. Spirits
12. Mommy
13. Sorry Dear (Outro)
Band Website:
Medium: CD
Spieldauer:
VÖ: 00.00.0000

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