Doc Heyne - Penta | |
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Review von baarikärpänen vom 24.12.2021 (5563 mal gelesen) | |
Prinzipiell habe ich gar nichts gegen ein hin und wieder eingestreutes Instrumental auf einer Scheibe. Kann irgendwie auflockern. Wogegen ich mich mit rein instrumentalen Alben schon schwerer tue. Da muss ich mich schon extremst vom Gesamtkonzept angesprochen fühlen, um dem Ganzen etwas abgewinnen zu können. Ganz schwierig wird es allerdings, wenn Gitarristen Longplayer eintüten. Nun habe ich natürlich nichts gegen die Künste eines Steve Vai oder eines Joe Satriani, dessen letztes Album ich sogar recht angenehm fand. Aber denke ich an die unzähligen Scheiben aus dem Hause Shrapnel, die lediglich dazu da waren der Welt zu zeigen, wie schnell die Gitarristen über's Griffbrett huschten, bekomm ich heute noch Ohrensausen. Ausgerechnet mir flattert dann ein Longplayer von DOC HEYNE, der Band des Münsteraners Ralf "Doc" Heyne, zur Rezension auf den Tisch, der genau das bietet: Instrumental-Musik eines Gitarristen. Im Info zu "Penta" wird erst mal so richtig aufgetischt, denn da steht: "Er gilt schlicht als einer der besten deutschen Rockgitarristen. Auch deshalb, weil er Virtuosität nicht als Selbstzweck sieht, sondern kompositorischer Kreativität unterordnet." Mir persönlich war der Name Heyne bisher auch nur im Hinterkopf geblieben, weil ich mal gelesen hatte, dass Heyne mittlerweile Teil der reaktivierten MAD MAX ist. Sowas macht mich erst mal vorsichtig, denn wir wissen ja, wie das so mit diese Infoschreiben ist. Aber ein Blick auf den Künstler selbst nimmt schon etwas von der Anspannung. Wie ein selbstherrlicher Saitenzauberer sieht Heyne nun wirklich nicht aus. Eher wie jemand, der tatsächlich ganz in seiner Kunst aufgeht. Auch ein Blick in die Vita des Gitarristen lohnt sich, denn immerhin spielte Heyne schon mit Paul Sabu, mit Mitgliedern des Panikorchesters und auch Marc Storace (KROKUS) stand für eine von Heynes Bands (BLISS) hinterm Mikro. Da steigt bei mir schon mal das Interesse. Wenn man dann noch liest, dass als Produzent Michael Bormann (Michael Schenker, BONFIRE etc.) fungierte und "Penta" klanglich von keinem anderen als Vincent Sorg (IN EXTREMO, DIE TOTEN HOSEN etc.) veredelt wurde, dann darf man sicher was erwarten. Diese Erwartung erfüllt "Penta", so viel sei schon mal gesagt. Heyne hat definitiv den Schalk im Nacken. Denn anders ist es nicht zu erklären, dass der Gitarrist den Einstieg in das Album rund um seinen Kanarienvogel (!!!) baut. Besagter gefiederter Freund mit Namen Fifi darf nämlich in 'Carnary Rhapsody' nicht nur den Titel inspirieren, sondern munter mitzwitschern und sorgte dafür, dass 'Carnary Rhapsody' eine Woche nach Erscheinen in den Amazon-Charts landete. Und was für ein geiler Song ist das geworden! DOC HEYNE wissen mit einer ausgeklügelten Kombi aus modernen hartmetallischen Riffs und klassisch metallischen Parts zu begeistern. Klar flitzen die Fingerchen auch mal wieselflink übers Griffbrett, aber nie übertrieben. Dazu packt Ralf Heyne auch noch ein paar total abgefahrene Sounds obendrauf. Beim direkt nachfolgenden 'Boah Ey' treiben es DOC HEYNE gleich mal auf die Spitze, wenn das Stück wie eine Mischung aus RAMMSTEIN und SYSTEM OF A DOWN klingt. Total abgefahren! Aber auch das ein oder andere Goodie der klassischen Gitarre baut Heyne in die Songs ein, nachzuhören in 'Keyne Angst' oder 'Rest-a-fing', die mich irgendwie an einen Michael Schenker erinnern, der in den Jungbrunnen gefallen ist. Humor beweist Heyne dann wieder beim kurzen 'Bergau Fun Drauf' (kein Schreibfehler), das er mit einem Schiffshorn beginnen und mit Möwengeschrei enden lässt. Demgegenüber steht dann ein Song wie das recht dunkle 'Holterdipolter', inklusive opernhafter Vocal Samples. Apropos Vocal Samples: die bauen DOC HEYNE in fast allen ihren Songs ein und können so das Hörvergnügen deutlich steigern. Gilt übrigens auch für die geschickt genutzten elektronischen Sounds. Aber Heyne kann seine Gitarre auch singen lassen, was er unter anderem in den enorm stimmungsvollen 'Wellkamm To Makedonia', 'Tina Vor Ewa' und ganz besonders im abschließenden 'Lounget' beweist. "Penta" hat aber insgeamt einen wirklich gewaltigen Vorteil, denn "Penta" verkommt zu keiner Sekunde zur reinen Nabelschau eines Musikers, der maßlos von sich selbst überzeugt ist. Ralf Heye und seine beiden Mitmusiker*innen haben ein Album in der Hinterhand, das auch Leute anspricht, die einfach nur eine gute Metal-Scheibe hören wollen und nicht jede Note auf den Seziertisch legen. Aber auch genau die Hörer dürften ebenfalls von "Penta" begeistert sein, denn egal ob man Tom Morello, Daron Malakian oder Michael Schenker zu seinen Helden zählt, auf "Penta" gibt es ständig neue Spielereien oder Griffbrettübungen zu entdecken. Im Gegensatz zu den ebenfalls aus Münster stammenden LONG DISTANCE CALLING und ihrer für meinen Geschmack zu verkopften Musik haben DOC HEYNE eindeutig die Nase vorne. DOC HEYNE haben mit "Penta" ein echt schönes Album abgeliefert, bei dem man zu keiner Sekunde den Gesang vermisst. Was für ein Instrumentalalbum ja eigentlich schon den Ritterschlag bedeutet, denn es sollte auch in der Gruppe der Hörer, die sonst nicht ohne Sänger können, jede Menge Anklang finden. Nach einigen Durchläufen kann ich sagen, dass mir "Penta" so manches Schmunzeln entlockt hat und auch prima funktioniert, wenn man es nicht nur unterm Kopfhörer hört, sondern auch einfach mal so nebenbei. Das und die Tatsache, dass hier auch soundmäßig alles stimmt, ergibt am Ende neun Punkte. Gesamtwertung: 9.0 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
01. Carnary Rhapsody 02. Boah Ey 03. Keyne Angst 04. Orientexpress 05. Pechpilz 06. Bergau Fun Drauf 07. Holterdipolter 08. Wellkamm To Makedonia 09. Tina Vor Ewa 10. Picobello 11. Rest-A-Fing 12. Lounget | Band Website: www.facebook.com/docheyne/ Medium: CD Spieldauer: 55:28 Minuten VÖ: 19.11.2021 |
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