Livebericht The Vision Bleak (mit Dornenreich und Secrets Of The Moon) |
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Ein Livebericht von Lord Fubbes aus Zeltingen-Rachtig (Kelterhaus Schorlemer) - 22.10.2006 (28118 mal gelesen) |
Zur BildergalerieZEHN JAHRE PROPHECY-FESTIVALWas haben Bands wie DORNENREICH, EMPYRIUM, BETHLEHEM, ARCTURUS und THE VISION BLEAK gemeinsam? Sie alle sind oder waren beim Prophecy-Label unter Vertrag, das in diesem Jahr seinen zehnten Geburtstag feiern konnte. Was lag also näher, als das ganze angemessen mit einem Festival mit hauseigenen Bands zu begehen? Da Prophecy mittlerweile im malerischen Zeltingen-Rachtig an der Mosel beheimatet ist, sollte dort auch die Angelegenheit stattfinden. Die Anreise durch das vor allem jetzt im Herbst überaus malerische Moseltal mit seinen mit Wein bewachsenen Steilhängen, den Ortschaften mit kleinen verwinkelten Gassen mit vielen Fachwerkhäusern und vor allem Horden von Touristen in ebendiesen Ortschaften war also etwas anders als die übliche Anreise auf ein Musikfestival der schwärzeren Art. Das Kelterhaus Schorlemer sah dann auch nicht unbedingt nach der klassischen Location für ein Heavy Metalkonzert aus, im Gegenteil: selbst ein altes Haus aus dem 19. Jahrhundert zwischen andern alten Häusern aus der "guten alten Zeit" wären wir glatt dran vorbeigelatscht, wären nicht vor uns ein paar andere schwarze Gestalten reingegangen. Im Haus selbst dann eine Lobby mit Gemeindehauscharme, der Saal im Obergeschoß sieht ansonsten wohl eher bunte Abende für Senioren und die alljährlichen Kappensitzungen an Fastnacht. Aber auch das Festival selbst lief etwas anders ab, als man das gewohnt ist. Der Jahreszeit und dem unkalkulierbaren Wetter war es wohl geschuldet, daß das ganze drinnen ablief, was soweit noch nicht ungewöhnlich ist. Aber daß es eine Reihe Bands am Nachmittag gibt, die akustische Sets vor bestuhlter Halle spielen und es dann nach zwei Stunden Stuhlwegräumpause nochmal ein Stromgitarrenbandpaket gibt, dürften wohl die wenigstens der Anwesenden so schon erlebt haben. Nachdem wir SUBAUDITION und NEUN WELTEN im akustischen Teil verpasst hatten, kamer wir grade noch rechtzeitig zu DORNENREICH, die ebenfalls altes und neues Material ohne Stromgitarren, sondern lediglich mit Geige, Schlaggitarre und Baddelkranz um die linke Wade des Sängers präsentierten. Offensichtlich, daß viele nur wegen Dornenreich gekommen waren, denn die Sitzplätze waren bis auf den letzten Platz alle besetzt, und rundrum standen bestimmt nochmal 200 Leute, was eine extrem, äh, "gemütliche" Athosphäre schuf. Weia, im Saal war's so heiß und stickig, daß die Frontlinse meines Kameraobjektivs beschlug! Die dargebotene Musik erinnerte bis auf den etwas andern Gesang mit den bekannt merkwürdigen Texten eher an Irish Folk in irgendeinem Pub, leider war die Atmosphäre lange nicht so entspannt, weil alle ganz gespannt und gebannt lauschten, so daß das eigenlich ganz nette Hintergrundgeklimper schnell langweilig wurde, und so ist meine persönliche These, daß der gute Mann neben mir gar nicht wegen Kreislaufproblemen zusammengeklappt ist, sondern schlicht im Stehen eingeschlafen war. Andere Mitreisende allerdings sahen das freilich anders und fanden Dornenreich ganz toll und super, allerdings war auch in dieser Fraktion der Grundtenor vorherrschend, daß Dornenreich mit Strom besser klingen. Im Übrigen waren auch ohne Strom die Songs von der "Her von welken Nächten" immer noch die besten. Die darauf folgende Umbaupause von zwei Stunden gab uns dann Gelegenheit, die Ortschaft auf der Suche nach was eßbarem zu erkunden, was zu einer lustigen Begegnung mit einem englischen Touristenpärchen führte, die sich fragten, ob ihre bunte Kleidung unangemessen sei, da alle Welt schwarz trüge. Nachdem wir sie soweit beruhigen konnten, daß das nicht der Normalzustand sei, konnten uns die beiden Stammgäste ("We've come here for 28 years, this year it's the fourth time") noch einen Tip bezüglich Pizzeria geben, der sich als richtig gut erwies. Unnötig zu erwähnen, daß aber auch die Pizzeria von schwarzgekleideten Gestalten überschwemmt war... Mit wohlig gefülltem Bauch ging's dann zurück, wo mittlerweile KLIMT 1918 angefangen hatten. Die italienische Band könnte man als sowas wie die TOCOTRONIC des Gothic Rock beschreiben, ähnlich langweilig war die Musik und ähnlich albern alternativ waren Kleidung und Frisuren. Nichtsdestotrotz schien die Band ganz gut anzukommen. DARK SUNS wussten dagegen schon wesentlich besser zu gefallen, zumindest mir. Musikalisch irgendwo sind die zwischen OPETH und DISILLUSION angesiedelt, und wem das nix sagt: düstere, harte Musik mit ordentlichem Progressiveinschlag, nicht ganz Black Metal, nicht ganz Prog Rock, auch mal langsamer, großteils aber doch schon ziemlich fix. Insbesondere wenn der Gitarrist gesungen hat, war die Ähnlichkeit mit Disillusion frappierend, bemerkenswert war aber auch, daß die dunklen Sonnen einen singenden Schlagzeuger haben, der der eigentliche Hauptsänger der Truppe ist. Dessen ungeachtet lieferten die dunklen Sonnen eine ziemliche energiegeladene Show, bei der nicht bloß die Musiker ins Schwitzen kamen. Bevor ich jetzt fünf Euro ins Phrasenschwein werfen muß: glücklicherweise war's nimmer gar so drückend heiß und schwül wie nachmittags noch bei Dornenreich, offenbar hat jemand den Schalter für die Lüftung gefunden. Von der Sonne zum Mond: SECRETS OF THE MOON sind die am ehesten "klassische" Black Metal-Band des Abends. Stellenweise erinnerte die Musik gar an alte SODOM oder VENOM, allerdings war man andererseits doch deutlicher moderner, grooviger, etwas tanzbarer. Im Großen und ganzen recht solide Musik, allerdings haben SOTM den Black Metal bestimmt nicht neu erfunden. Auch THE VISION BLEAK haben nicht unbedingt einen neuen Stil erfunden, sind aber andererseits in dem Stilmix, den die beiden Köpfe des Projekts -Schwadorf (Gitarre) und Konstanz (Gesang)- mit ihren zahlreichen Begleitmusikern zelebrieren, durchaus einzigartig. Das fängt schon damit an, daß man statt billiger Streicher- und Bläsersounds aus dem Keyboard sich lieber gleich richtige Streicher (Cello und Geige) und Bläser (Posaune bzw. Querflöte) auf die Bühne holt, und auch der Frauengesang kommt nicht vom Band, sondern aus einer richtigen Frau. Und als wären am End noch nicht genug Leute auf der Bühne gewesen, kamen für einen Song noch der Dornenreichfutzi und für den Zugabenteil noch Helm von EMPYRIUM als Backgroundsänger auf die Bühne... Aber wie beschreibt man die Musik von The Vision Bleak? Hm, vielleicht tanzbarer Gothic Black Death Metal mit Bombasteinflüssen? Oder doch einfach "Horror Theatre", wie die Band das ganze selbst nennt? Egal, wer von der Musik noch nicht überzeugt ist, der soll sich auf jeden Fall die Show antun: angefangen bei den detailverliebten Kostümen Schwadorfs und Konstanz' über die irgendwie theatralische, aber auch dennoch ungekünstelte Mimik und Gestik von Konstanz bis hin zum bereits erwähnten Begleitmusikerbrimborium auf der Bühne passt hier alles zusammen. Achja, die ganze Chose wurde übrigens gefilmt (die zahlreichen Videokameras waren nicht zu übersehen, ebensowenig wie das Hinweisschild am Eingang). Anzunehmen, daß es davon auch bald eine Live-DVD zu kaufen gibt. Der Sound dürfte gut sein, das Licht nicht immer unbedingt so optimal... |
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