Various Artists - Metallisierte Welt - Auf den Spuren einer Subkultur | |
---|---|
Review von Opa Steve vom 02.01.2018 (12323 mal gelesen) | |
Der Autor Moritz Grütz ist ein schreibender Kollege unserer Metal-Zunft, der schon in der Vergangenheit an vielen Magazinen mitgewirkt hat und zuletzt auch als Chefredakteur von metal1.info immer noch dem Journalismus zugewandt ist. In dieser spannenden Tätigkeit, die wir auch bei Bleeding4Metal so leidenschaftlich pflegen, kommt man in Kontakt mit vielen Bands aus der ganzen Welt. Und so ist vermutlich auch das Projekt ins Leben gerufen worden, das Buch "Metallisierte Welt - Auf den Spuren einer Subkultur" anzugehen. In Interview-Form stellt das Buch über 30 Bands aus der ganzen Welt vor. Dies allein wäre jetzt sicherlich kein besonderes Verkaufsargument, denn Interviews mit internationalen Metal-Bands bekommt man über viele Quellen täglich frei Haus geliefert oder in einem der etablierten Printmagazine und Abos redigiert und in Hülle und Fülle angeboten. Moritz beschränkt sich bei seiner Interview-Reise aber auf die Länder, die nicht gerade bei TUI im Katalog stehen, und die aufgrund ihrer Kultur oder Abgelegenheit auf den ersten Blick überhaupt nicht für Metal-Musik in Erwägung gezogen werden. Mit Südamerika (Chile und Mexiko), Russland und Indonesien sind zwar Länder dabei, die für jeden Underground-Kenner selbstverständlich als Ursprung diverser Metal-Bands nicht gerade exotisch erscheinen. Aber das Hauptaugenmerk gilt glücklicherweise den wirklich entlegenen Ländern wie den Färöer-Inseln oder Madagaskar, oder eben kulturell eher verschlossenen Ländern wie arabische bzw. muslimische Staaten, das kommunistische Kuba oder kriegsgebeutelte Länder wie Syrien und Libanon. Einige der Bands wurden auch schon auf Bleeding4Metal gefeaturt, so zum Beispiel die kubanischen NARBELETH oder NERVECELL aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Sind sozusagen durch internationale Promokontakte auch hierzulande - wenn auch in milder Form - einen Schritt weit in die Wahrnehmung getreten. Von einem Großteil der hier befragten Bands dürfte allerdings auch der Undergroundkenner hierzulande noch nie etwas gehört haben. Die Antworten sind recht ambivalent, da vor allem über die Situation des jeweiligen Landes gesprochen wird. Wie lebt es sich als Metaller? Wie bekommt man Equipment und Studios? Gibt es behördliche Auflagen? Schön zu erfahren ist dabei, wie erfindungsreich sich viele Musiker den Widernissen ihres Landes anpassen. Die meisten Bands outen sich als Homerecorder, manche müssen ihre Kunst sogar versteckt ausüben und eher konspirativ agieren. Umso erfreulicher ist es, dass offenbar in allen Winkeln der Erde und auch unter Repressionen der Metal lebt. Der Zugang zum Internet ist besser, als man manchmal meint. Und die Abwesenheit spezialisierter Shops für Rock- und Metal-Musik hält die Leute nicht davon ab, sich ihre Lieblingsmusik auf anderem Wege zu organisieren. Die Plattenfirmen werden es zwar nicht gerne hören, dass dabei oft auf Downloads zurückgegriffen wird, aber letztendlich ist es auch das Versäumnis, die Vertriebe ausreichend international aufzubauen. Will man es den Menschen verübeln, dass sie sich in Ermangelung von Alternativen auf diese Mittel zurückziehen? Neben dem spannenden weltoffenen Einblick in die heterogenen Kulturen und ambivalenten Wahrnehmungen hat das Buch leider auch ein paar Schattenseiten. Die Fragen sind sehr statisch und wiederholen sich immer wieder. Der starke Ordnungssinn, die Länder auch in alphabetischer Reihenfolge zu behandeln, zehrt auch etwas an der nötigen Spannungskurve. Nicht zuletzt hätte ich mir gewünscht, dass es neben der Interview-Form deutlich mehr Begleitartikel zu den jeweiligen Kontakten gegeben hätte. So aber muss man sich meist mit einem kleinen Fünfzeiler über die jeweilige Band zufriedengeben. Mich hätte aber viel mehr journalistische Recherche über das Interview hinaus interessiert. Wie war es, die Kontakte herzustellen? Welche Kontakte funktionierten gar nicht? Gab es Bedingungen oder Themenverbote? Wie wurden die Bands ausgewählt, die hier zu Wort kommen durften? Wie wurden die Interviews durchgeführt? Mit entsprechend journalistischer Prosa-Begleitung hätte das Buch noch fundiertere Einblicke in seine Entstehung geben können und auch mehr Lebendigkeit erhalten, wenn sich so etwas wie ein roter Faden ergeben soll. Die Interviewsammlung allein ist interessant und ein nettes Recherchewerk, was man durchaus mal lesen kann und sollte. Es hätte aber mehr Potenzial entfalten können, den Leser zu fesseln und ihn mehr am Geschehen sowie Entstehen teilhaben lassen können. Gesamtwertung: 6.0 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
Band Website: Medium: Buch Spieldauer: VÖ: 02.01.2018 |
Alle Artikel