Aleynmord - The Blinding Light

Review von Blaze Breeg vom 09.09.2020 (11280 mal gelesen)
Aleynmord - The Blinding Light Wenn sich ein aktueller und ein ehemaliger UADA-Musiker für ein neues Projekt zusammentun, sollten Anhänger melodischer schwarzmetallischer Töne die Ohren spitzen. Allerdings haben sich James Sloan alias JS und Edward Halpin alias C. Nihil mitunter recht weit vom Sound der lange zu Unrecht als Klone des polnischen Nebels verunglimpften Combo aus Portland entfernt. Und genau deshalb haben sie unter dem Banner ALEYNMORD eine der spannendsten und qua Aussage wichtigsten Platten des Jahres eingespielt. Von Nihilismus keine Spur, hier regiert die Leidenschaft!

Anders als es der Titel "The Blinding Light" suggeriert, liegt der Fokus der beiden US-amerikanischen Musiker nicht auf Licht, sondern auf Wasser. Die emotionale, gut 35-minütige Reise beginnt im Opener 'Spores Of Possession' allerdings mit Windrauschen und heiserem Vogelgekrächze. ALEYNMORD wählen als Einstieg in ihr Debüt eine schaurige Atmosphäre, die nicht zuletzt durch markerschütterndes, gequältes Geschrei im Hintergrund erzeugt wird, das an vielen Stellen an die Kölner ULTHA erinnert. Bereits nach kurzer Zeit lassen UADA, bei denen Sloan seit ihrer Gründung im 2014 als Gitarrist wirkt, grüßen: Das melodische, atmosphärische Riffing hypnotisiert gekonnt. Die traumhaft schönen Gitarrenmelodien bilden - auf dem gesamten Album - einen prägnanten Kontrast zu den völlig unverständlichen Vocals aus der Folterkammer, die ebenso herzzerreißend wie abstoßend sind. Bereits im ersten Track spielen Sloan und Halpin, der von 2018 bis 2019 kurzzeitig den UADA-Viersaiter bediente, ihre größte Stärke aus: Ihnen gelingt es, hervorragende Spannungsbögen zu kreieren, die vor Einfallsreichtum strotzen. Der ruhige, von einer Akustikgitarre getragene Part lädt dank seines PINK FLOYD-Feelings erstmals zum Träumen ein. Und ihr werdet es vielleicht nicht glauben: Es gibt auf der Scheibe noch mehr David Gilmour-Momente, zum Beispiel in den folgenden Songs: Im Titeltrack 'The Blinding Light' und im abschließenden 'Poetry Of Marrow And Rot' ist "The Division Bell", das (de facto) letzte reguläre Studiowerk der englischen Prog Rock-Legende aus dem Jahr 1994, dank der melancholischen, verträumten und majestätischen Gitarren näher als jedes schwarzmetallische Album. Mein Herz geht hier nicht nur auf, weil PINK FLOYD seit einem Vierteljahrhundert eine der größten musikalischen Lieben meines Lebens sind. Nein, wir haben es auf "The Blinding Light" mit hochgradig beseelter Kunst zu tun. Wie ihr seht, ist Black Metal nur eine von vielen Zutaten auf der Platte: Manche Riffs sind eher rockig und allen voran die Soli stünden jedem Heavy Metal-Album gut zu Gesicht - hört euch nur mal die umwerfende Eruption in 'Wounded Monolith' an, die jedes Stadion zum Kochen bringen würde. Wenn die Vocals, wie im letztgenannten Song, einen eher beschwörenden Charakter aufweisen, wähnt man sich kurzzeitig sogar im von mir in der Regel nicht gerade innig geliebten Pagan-Bereich. Ihr merkt: Das Etikett "Atmospheric Black Metal", das ALEYNMORD im Metallum erhalten haben, passt nur bedingt.

Ich deutete es oben bereits an: ALEYNMORD laden auf dem vorliegenden Gesamtkunstwerk zu einer Reise ein. Insbesondere der Schlusstrack fasst das Hauptmotiv dank seiner Rahmenhandlung noch einmal prima zusammen, da er mit dem Plätschern von Regen beginnt und auch endet. 'Poetry Of Marrow And Rot' treibt die Schmerzensschreie, die an Agonie erinnern, noch einmal auf die makabre Spitze. Während auf dieser Ebene Pein, Verzweiflung und Resignation dominieren, strahlen Sloans Gitarrenwirbel Energie aus. Man gewinnt den Eindruck, dass hier Tod und Leben gleichzeitig, nebeneinander existieren - wie es in der Natur seit jeher üblich ist. Und diese Natur, versinnbildlicht durch das lebensspendende Wasser, steht im Zentrum des Geschehens. Die beiden Musiker beziehen sich laut Promozettel auf die Landschaft in ihrer Heimat Oregon, allerdings ist ihr Ansatz universal. ALEYNMORD verneigen sich tief vor den Mysterien, der Kraft und der atemberaubenden Schönheit unserer Umwelt, erinnern jedoch gleichzeitig nachdrücklich an ihre Verletzlichkeit, die Harpin in seinen Vocals in einer bemerkenswerten, erschütternden Art und Weise zum Ausdruck bringt. "The Blinding Light" ist ein Juwel für jeden, der erkennt, dass alle Konflikte auf diesem Planeten völlig bedeutungslos sind, wenn wir unsere einzig wahre Lebensgrundlage nicht angemessen schützen - und zur Not entschlossen verteidigen.

Gesamtwertung: 9.0 Punkte
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Trackliste Album-Info
01. Spores Of Possession
02. Wounded Monolith
03. The Blinding Light
04. Poetry Of Marrow And Rot
Band Website:
Medium: CD, LP
Spieldauer: 35:24 Minuten
VÖ: 28.08.2020

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