EXTOL - Blueprint | |
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Review von Opa Steve vom 13.03.2005 (7422 mal gelesen) | |
Was ein Opener! Da legt man angesichts zwar abgefahrener, aber nie jetzt sonderlich perfekter Vorgänger die neue Scheibe "Blueprint" in den Player, und wird förmlich überrollt von einem musikalischen Universum, welches die Seelen verschiedenster Genre-Größen assimiliert, vermischt und dann wieder auf heftigste Weise ausgespuckt hat. EXTOL sind der musikalische Dealer der Neuzeit. Sie versprechen Trips, die schon beim ersten Gebrauch abhängig machen. Man muss sich nicht einmal groß daran gewöhnen. Trotz der hohen Komplexität nehmen sie den Hörer bei der Hand und zeigen ihm, dass man vor Kompositionen aus der tiefsten Ecke des Verstandes keine Angst haben muss. Alles ergibt seinen Sinn. Die Mixtur aus hochvertrackten Rhythmen von Fellstreichler David Husvik, sehr kuriosen Harmonien und einem genial-vielseitigen Gesang von OZZY-Lookalike Peter Espevoll erinnert mich schwer an ein Rezept der Marke "Man nehme TOOL, NEUROSIS, und einen Schuss 70er-Atmosphäre". Klarer Gesang wechselt mit psychopathischem Gebrülle, dissonante Stampfriffs oder extreme Dampfwalzen werden durch einlullende Pop-Akkorde unterbrochen. Und dennoch kreieren sie einen Stil, der in sich Hand und Fuß hat. Von TOOL stammen die großartigen, breit fließenden LSD-Konstruktionen und der Rhythmus, von NEUROSIS die niederschmetternden Depri-Parts (gebt euch mal den Laut/Leise-Kontrast bei 'The Death Sedative' oder die Gothic-Licks zu Beginn von 'The Things I Found'). Das extrem-metallische Umfeld der Band und die teilweisen Black Metal Wurzeln täuschen. Dieser Stoff liegt überhaupt Meilen von jedem skandinavischen Sound entfernt. Das hier ist Kunst, die im Kopf entstand, und wieder in den Kopf einzieht. Grenzen werden - soweit überhaupt vorhanden - komplett gesprengt, und einen Namen für diese völlig neue Klangerfahrung zu finden ist ebenfalls unmöglich. Es ist hart, streckenweise sogar extrem, dann aber wieder grandios verwoben mit viel Mut zu leisen Tönen und jazzigen Anleihen ('Lost In Dismay'). Die Leichtigkeit, mit der hochkomplexe Songkonstruktionen entstehen können, beweist 'From The Every Day Mountain Top'. In 'Another Adam's Escape' werden die Blueswurzeln des Hardrock und zugleich die Experimentierfreudigkeit der PINK FLOYD der damaligen Zeit im mehrstimmigen Gesang wiederspiegelt. Dieses klar und durchschlagend produzierte Album ist dermaßen mitreißend, dass man nach dem 5. Durchgang sogar das chillig-drogenumnebelte 'Lost In Dismay' mit seinem RED-HOT-CHILI-PEPPERS-Sound und dem Gesang, der irgendwie zwischen BJÖRK-Melodieführung und alten LED ZEPPELIN angesiedelt ist, lieben lernt. Als Anspieltipps möchte ich (mindestens!) 'Gloriana', 'From The Everyday Mountain', 'The Things I Found', 'The Death Sedative', ach eigentlich alle nennen. Dieses Album ist so fantastisch, so einzigartig, dass ich am liebsten von Haus zu Haus ziehen würde, um es jedem vorzuspielen. Ein ganz großes Stück Musik, welches beweist, dass die Plattenindustrie auch heute über den großen Durchschnittssumpf hinaus doch mal wieder das Gespür für etwas ganz Großes hat und so einen Wurf aus dem Hut zaubern kann. EXTOL haben eine Richtung gefunden, in der sie wirklich zuhause sind. Hoffen wir, dass es ihnen das Publikum dankt und intellektuell noch nicht völlig durch Mainstreamware verdorben ist. Für meinen Teil komme ich nicht umhin, diesem Album die Höchstnote zu geben. Es geht vielleicht anders, aber auf keinen Fall besser. Gesamtwertung: 10.0 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
Gloriana Soul Deprived In Reversal Pearl From The Everyday Mountain Top Another Adam's Escape The Things I Found Lost In Dismay Essence Void The Death Sedative | Band Website: www.extolweb.com Medium: CD Spieldauer: 49:39 Minuten VÖ: 21.02.2005 |
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