Leviathan (US) - Beholden To Nothing, Braver Since Then | |
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Review von Zephir vom 04.03.2014 (5960 mal gelesen) | |
Weil sich eine bisher beachtliche Anzahl an metalverwandten Bands nach dem Seeungeheuer LEVIATHAN benannt hat, sei zunächst einmal klargestellt, dass es hier um die Progger aus Colorado geht. Seit ihrer Gründung 1989 haben sie nun insgesamt fünf Studioalben herausgebracht, blicken auf eine zwischenzeitliche Auflösung (1998) und eine Reunion (2010) zurück und scheuen sich nach all den mehr oder weniger aktiven Jahren nicht, dem neuesten und fünften Album ein wahres Ungeheuer als Namen zu verpassen, das da lautet "Beholden To Nothing, Braver Since Then". Der zweite Teil nach dem Komma ist der Name eines Soloprojektes, an dem Mastermind John Lutzow (der auch für Gitarre und Keyboard bei LEVIATHAN verantwortlich ist) in den 1990er Jahren gearbeitet hatte und dessen Fortführung zwischen 2001 und 2008 im Prinzip die Grundlage für die anschließende Wiedervereinigung LEVIATHANs war. Ähnlich umfangreich wie der Albumtitel fällt auch die Platte selbst aus: Weit über eine Stunde Spielzeit, fünfzehn Tracks und ein davon sieben umfassendes Unterkapitel mit dem ausladenden Namen 'Religion: Superstition, Imposed Tradition & Spiritual Crutch of Human Crux' (Tracks 6 bis 12). Atempause. Inhaltlich haben wir es demnach mit einem Konzept zu tun, in dessen Kern amerikanische Sozialkritik steht. Diese ist, sagen wir mal, retro-progressiv verpackt: musikalisch gesehen ist "Beholden To Nothing ..." so ziemlich genau das, was sich in den 1990er Jahren als Prog Metal etabliert hat. Die sperrigen Rhythmen, kreuz-und-queren Harmonieschichtungen und die vielen frappanten Breaks hätten so vielleicht auch die jüngeren DREAM THEATER komponieren können. Neben den interessant durchdachten Metal-Riffs zeigt sich Jeff Wards Gesang aber leider irgendwie farblos. Meiner Meinung nach liegen die absoluten Stärken des Albums in den für das Genre obligatorischen instrumentalen Passagen und Tracks: so ist das kurze 'Overture of Exasperation' ein richtiges Highlight und die Art und Weise, wie das musikalische Thema in 'Creatures Of Habit' weiterverarbeitet wird, unbedingt hörenswert. Violine und Viola spielt eine Lady namens Rachel Segal vom Colorado Symphony Orchestra. Im Grunde gibt es aber nicht viel Neues. Im Wechsel stehen überlange Song-Brocken und kurze Intermezzi, die sich mit allerhand allzu Menschlichem beschäftigen. Durch das gesamte Album ziehen sich immer wieder eingestreute Sprachsamples, die mal an Stammtisch-Ereiferungen erinnern ('Ephemeral Cathexis'), mal einfach nur nachdenklich und mal nach kritisch beleuchteter Seelenheils-Propaganda klingen (Letzteres im psychedelischen 'Magical Pills Provided') und das Konzept hinter der mosaikartig zusammengefügten Musik beisammenhalten. In 'Bettering Darklighter' spricht gar jemand Deutsch. Für Fans des 90er-Prog lohnt sich das Album auf jeden Fall. Nichtsdestotrotz ist es in seinem interessanten Konzept und der abwechslungsreichen musikalischen Vielfalt insgesamt ein wenig charakterschwach. Vielleicht deswegen, weil sich Retro-Prog in dieser Konstellation immer ein Stück weit selbst verfehlen muss; vielleicht ist "Beholden To Nothing ..." ein Werk von vielen in einer Kategorie, die sich nach dem Ende ihrer Hochzeit langsam einmal neu erfinden möchte und noch nicht recht weiß wie. Gesamtwertung: 6.5 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
01. Ephemeral Cathexis 02. A Shepherds Work 03. Intrinsic Contentment 04. Overture Of Exasperation 05. Creatures Of Habit 06. Solitude Begets Ignorance 07. A Testament For Non Believers 08. If The Devil Doesn't Exist 09. Magical Pills Provided 10. Thumbing Your Nose At Those Who Oppose 11. Empty Vessel Of Faith 12. Words Borrowed Wings 13. Bettering Darklighter 14. Misanthrope Exhumed 15. Beholden To Nothing | Band Website: www.leviathanresurrected.com Medium: CD Spieldauer: 76:30 Minuten VÖ: 13.02.2014 |
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