Tiefrot - Rabenherz

Review von Wulfgar vom 13.12.2020 (7577 mal gelesen)
Tiefrot - Rabenherz Die allererste gesungene Zeile auf dem neuen Output der Band TIEFROT lautet: "Was soll ich fühlen?" Solltet ihr euch jetzt dazu entscheiden weiterzulesen, werdet ihr feststellen, dass dieser eine Satz bereits den Charakter des gesamten Albums zusammenfasst. Der taufrische Silberling hört auf den Namen "Rabenherz" und wartet mit einem Genremix auf, den man gelinde gesagt als wild bezeichnen kann.

TIEFROT selbst nennt RAMMSTEIN und IN THIS MOMENT als ihre großen Vorbilder. Das sind aber bestenfalls grobe Richtlinien, die da angelegt werden. Denn musikalisch herrscht vordergründig nur eins, nämlich das pure ungeteilte Chaos. Der Albumopener 'Staub Und Traenen' zum Beispiel geht erst mit seichter Synthieuntermalung und mehrfach gedoppeltem Gesang los und man denkt fast sofort in eine bestimmte Richtung. Dann kommt ein Breakdown und ab dann herrscht bis zum Schluss ein hektisches Durcheinander aus Metal-Gitarrenriffs, massiven Synthie-Wänden und kurzzeitig auch mal ein bisschen bretthartem Death Metal. Auch die folgenden Songs bieten in dieser Richtung viel. In der großen Konfusion, die diese Melange erzeugt, singt Frontdame Becky Gaber irgendwo auf Deutsch ihre Lyrics drüber und fertig ist der hochprozentige Verwirrungscocktail. Das muss man erst mal verarbeiten. Dafür hat man aber leider gar keine Zeit, denn es geht in einem fort so weiter. An dieser Stelle kann man schon ohne Bauchschmerzen attestieren, dass es TIEFROT definitiv nicht um Eingängigkeit geht. Das bietet zwar Abwechslung im ganz großen Stil, dafür mangelt es an Klarheit, wo das Duo mit seiner Mucke überhaupt hin will. Immerhin ist der Gesang qualitativ auf der sicheren Seite. Variantenreich zwischen hart und zart und immer mit viel Ausdruck in der Stimme. Auch gesprochener Text wie in 'Einer Von Uns Beiden' klingt für sich selbst gesehen gut. Also Daumen hoch dafür. Generell muss man Frau Gaber wohl sehr hoch anrechnen, dass sie es überhaupt vermag gegen das musikalische Tohuwabohu anzusingen. Es ist fast schon unheimlich, wie sehr sich "Rabenherz" dagegen sperrt eingeordnet zu werden, denn immer, wenn ich mal denke, ok, langsam hab ich den Bogen raus, da kommt TIEFROT mit noch mal mehr Wahnsinn um die Ecke. Namentlich passiert das in Form von Synthie-Bläsern und ungelogen einem Halleluja-Chor, der frappierend an den Sound der heiligen Handgranate aus dem Computerspiel "Worms" erinnert (zu hören in 'Gott Ist Bei Dir'). Ob das ernst gemeint ist oder als Gag zu werten ist, entzieht sich derweil meiner Kenntnis. Jedenfalls ist der Rest des Songs alles andere als lustig oder ironisch anzuhören. Da fällt die eine oder andere Ballade zwischendurch auch nicht mehr wirklich aus dem Rahmen. Denn der liegt ohnehin schon seit dem ersten Song als Kleinholz in der Ecke. Wo wir gerade davon sprechen, die einzigen drei Songs, die einigermaßen übersichtlich sind, sind die beiden softeren Titel 'Schattenfluegel' und 'Auf Dich Und Mich' sowie die Akustiknummer 'Und Du Tanzt'.

Zusammenfassend kann man sagen, dass es "Rabenherz" vor allem an einem mangelt: einem roten Faden. Ich finde mich jedenfalls nach jedem Durchhören vollkommen ratlos wieder. Ich habe schlichtweg keine Ahnung, wo diese Reise hinführen soll, oder wer eigentlich eingeladen ist mitzukommen. Wenn ihr euch traut, dann hört ruhig rein, aber erwartet bitte nicht, das hier mit irgendetwas vergleichen zu können, was ihr kennt. Wenn ich dieser Stelle mal eine uralte Werbung zitieren darf, dann würde Herr Klitschko sagen: "Schwere Kost". Cheers, euer Wulfgar.

Gesamtwertung: 4.5 Punkte
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Trackliste Album-Info
01. Staub Und Traenen
02. Rabenherz
03. Flammenkind
04. Einer Von Uns Beiden
05. Gott Ist Bei Dir
06. Schattenfluegel
07. Adrenalin
08. Das Blut Der Lämmer
09. Auf Dich Und Mich
10. Fleisch Und Blut
11. Schlag Um Schlag
12. Das Bisschen Blut
13. Und Du Tanzt (Akustik)
Band Website:
Medium: CD
Spieldauer: 52:38 Minuten
VÖ: 06.11.2020

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Entgegen der allgemeinen Ratschläge, nicht auf schlechte Bewertungen unseres aktuellen Albums RABENHERZ von der schreibenden Zunft zu reagieren und zu Herzen zu nehmen, lasse ich mich - TiefRotWielo - nun doch hinreißen, um meine ganz persönliche Meinung zu der folgenden Rezension eines wunderlichen Wulfgards (klingt schon gefährlich!) niederzuschreiben: Als ich den Artikel anfing zu lesen, entfleuchte mir ein leises "hä?", doch mit Fortschreiten weiterer Sätze amüsierte ich mich zunehmend mehr und mehr, outet sich doch hier ein selbsternannter Musikkenner als kleingeistiger Schubladendenker, der nicht Willens ist - oder mangels Masse - nicht über den Tellerrand sehen (oder hören) möchte / kann. Hmm, dumm gelaufen. Sollten alle so denken wie dieser eingeschränkte Schreibtischtäter, dann würden wir in einer Welt ohne musikalische Weiterbildung und musischer Entwicklung, stagnierender Kunst und tontötender Einkreisung (Hamsterrad - Ihr versteht schon...) leben müssen und würden heute noch alle frohlockend nach einer Polka tanzen. Kann ja sein, dass das für unseren Wulfgard das non plus ultra ist, TiefRot denkt hierbei allerdings entschieden anders. Eins sei angemerkt, der Artikel ist wortreich und gut geschrieben (also, der vom Wulfgard), das muss man ihm lassen, Redakteur issa, Musicman nun mal nicht. Is` ja nich`sooo schlimm... aber ich find´s trotzdem scheiße. Morgen posten wir dann eine Kritik von einem (Dirk Busse / Musiktelegraph), der uns verstanden hat...;-)
(17.12.2020 von Wieland Hofmeister)

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