Interview mit Marcel von Censored

Ein Interview von Opa Steve vom 11.12.2006 (7176 mal gelesen)
Unsere todesmetallischen Eidgenossen stehen Rede unt Antwort - aber deswegen muss es nicht todernst zur Sache gehen!

  Herzlichen Glückwunsch! Ich hab nun in konsequenter Abfolge alle eure Outputs beim Bleeding rezensieren dürfen, und trotz einiger böser Worte meinerseits zum alten Demo habt ihr immer wieder nachgelegt und jedes mal deutliche Punkte nach oben verzeichnet.

Marcel:   Hallo Opa Steve! Ja mittlerweile sind wir auch nicht mehr die jüngsten und ich denke, dass sich mit den Jahren halt auch bei uns die Erfahrung angesammelt hat. Wir können uns aus unerfindlichen Gründen auch nicht von unseren Instrumenten trennen; sei es wegen dem gratis Saufen während den Konzerten oder wegen den Groupies, die uns einfach nicht in Ruhe lassen wollen...deshalb machen wir weiter unsere Musik.

  Sind wir jetzt schon wieder Freunde, oder wollt ihr erst noch das absolute Meisterwerk nachlegen, wo ich mich nicht mehr um die Höchstpunktzahl drücken kann?

Marcel:   Na pass auf, das war jetzt nur der späte Anfang. Falls es das nächste Mal nicht für die Höchstpunktzahl reicht, legen wir noch 100 Euro bei hahaha...!

  Ihr Schweizer habt ja immer so hübsche Löcher im Käse. Müsst ihr jetzt bald holländischen Gouda importieren? Ich meine, bei der tierischen heftigen Doublebass vom aktuellen Album vermute ich mal, dass landesweit alle Käse aufgrund der zerbrechlichen Statik in sich zusammenfallen werden....

Nik:   Zum Glück haben wir Fonduezeit, sonst hätten wir eine Wirtschaftskrise. Den Gouda haben wir auch schon vernichtet, wir müssen jetzt auf Cheddar umsteigen.

  Mal im Ernst - wie habt ihr diesen tierischen Rumms hingekriegt? Aufgepeppte Triggersounds, oder ein Spezialrezept?

Nik:   Beides. Getriggertes Bassdrum mit einem leckeren selbst kreierten Sample verfeinert. Aus welchen Zutaten das Sample besteht, ist allerdings Geheimnis des Chefs.

  Tom Angelripper sagte seinem Klampfer früher immer: "Bloß keine melodiösen Gitarren-Soli!". Bei euch finde ich sogar überhaupt keine Soli. Strenges Gesetz, oder findet ihr Soli einfach nur scheiße?

Marcel:   Guter Vorsatz! Da mir Soli nie etwas zugesagt haben, habe ich mich damit auch nie richtig auseinandergesetzt. Vielleicht bin ich auch einfach nur zu faul, mich hinzusetzen und stundenlang hohe Tonfolgen zu üben. - Unsere Gitarren leben von der Schnelligkeit, vom Rhythmus und von den Stop-and-go-Passagen. Also alles, was ich einfach geil finde! Solis würden den Rhythmus mehr in den Hintergrund verlagern. Das ist mein Gesetz!

  Wo wir bei Gesetzen sind: als Trio ist die Demokratie ja wesentlich einfacher als im Sextett. Auf welchen ungeschriebenen Gesetzen basiert euer Zusammenleben a) Im Proberaum b) im Studio c) auf Tour?

Marcel:   Weil wir eben nur zu dritt sind, ist es einfacher, die anderen zwei unter Kontrolle zu halten und die eigenen Ideen durchzusetzen. Ich bin halt der König, der Diktator, der Imperator, und die anderen meine zwei Schlampen...hahaha. Das hat eben wirklich seine Vorteile!

  Wie groß sind die Chancen auf einen vierten Mann? Der könnte z.B. die Soli spielen...

Nik:   Keine Chance. Wir sind schon zu alt, zu eingespielt und zu fest miteinander verankert.

Marcel:   Das haben wir auch schon etliche Male ausprobiert. Das Problem dabei ist, dass derjenige nicht nur die Soli-Parts sondern auch die Rhythmusgitarre beherrschen sollte. Des Weiteren müsste er sich nahtlos integrieren, muss nebenbei mit uns saufen und lachen können. Das soziale Miteinander ist uns sehr wichtig - Wir funktionieren halt wie eine kleine Familie, mit allen Höhen und Tiefen. Denjenigen, der dies aushalten könnte, haben wir bis jetzt leider noch nicht gefunden.

Nik:   Naja, bei Jack Owen müssten wir es uns allerdings nochmals überlegen.

  Wenn ihr euch 'ne Tour als Support aussuchen könntet: was wäre euer Wunsch-Headliner, dessen Publikum mal gern verzücken möchtet?

Marcel:   Naja, die typischen Band-Fragen. - Wir wollten eigentlich schon immer nur alleine spielen...

Nik:   Karel Gott.

Manu:   Als Vorspeise NILE, MORBID ANGEL und NAPALM DEATH. Als Hauptgang MISERY INDEX, DYING FETUS und CANNIBAL CORPSE. Und DILLINGER ESCAPE PLAN zum Dessert.

  Wenn ihr eine Headliner-Tour zusammenstellen könntet: was wäre euer Wunsch-Support?

Nik:   Karel Gott.

Manu:   Als Vorspeise NILE, MORBID ANGEL und NAPALM DEATH. Als Hauptgang MISERY INDEX, DYING FETUS und CANNIBAL CORPSE. Und DILLINGER ESCAPE PLAN zum Dessert.

  Ihr arbeitet beim Songwriting mittlerweile gern an vertrackten Riffs. Ich höre aber keine Parallellen zu irgendwelchen aktuellen Mathcore-Kapellen, sondern eher zu alten Legenden (CORONER, HOLY MOSES). Habt ihr den Schwenk der 80er auf die 90er schon bewusst miterlebt, oder wurdet ihr erst später zum Metal berufen?

Marcel:   Die 80er und 90er Jahre sind bei mir nicht spurlos vorübergegangen. Thrash-Einlagen finden sich durchaus in unseren Songs wieder. Die Leute vergleichen uns normalerweise eher mit DYING FETUS und CANNIBAL CORPSE. Zu HOLY MOSES sehe ich eher keine Parallelen. Inspiriert haben mich damals Bands wie SUICIDAL TENDENCIES, SACRED REICH und natürlich die Grossen des Florida-Deathmetals. –Ich bin also schon länger ein Freund des gepflegten Lärms!

Nik:   Die ganz alten Sachen haben wir nicht mitbekommen und für die neuen komplizierten Sachen sind wir einfach zu blöd.

  Wo liegt eure Promillegrenze, um die neuen Titel noch tight auf die Bühnenbretter zu bekommen?

Marcel:   Naja, gute Frage. Ich habe immer einige Promille intus, wenn ich auf die Bühne springe. Ich rechne aber dann nicht mit Promille sondern mit Prozenten...

Nik:   Was? Whiskey-Pulle schon wieder leer?

  Vielleicht könnte man mit einem Kasten Freibier ja doch noch ein Gitarrensolo einkaufen....

Marcel:   Haha, da halte ich mich lieber an den Vorsatz von Tom Angelripper und saufe den Kasten selber leer.

Nik:   Am besten wir helfen ihm dabei, sonst ist er auf der Bühne wieder so stinkbesoffen und vergisst die Riffs.

  Tummeln sich in eurem Publikum eher die Death-Banger-Mosher-Diver, oder eher der intellektuelle fußwippende Typ, der in Gedanken die Breaks und Takte mitzählt?

Marcel:   Wir spielen meistens an Hochzeiten und sonntags in der Kirche. Danach gehen wir alle auf die Wiese Blumen pflücken. –Nein, natürlich gibt’s da alles! Ich bevorzuge natürlich Gigs, an denen die Leute völlig ausflippen und auf die Bühne springen (so z.B. am Soulgrinding Festival in Strassbourg) und dir ein einzigartiges Gefühl geben, das man einfach so nicht beschreiben kann! – Dies ist wohl einer der wichtigsten Gründe, der mich an meiner Klampfe hält.

  Mit einer so starken Eigenproduktion im Rücken müsst ihr verdammt schnell laufen, damit euch die Plattenfirmen nicht einkassieren. Habt ihr dafür besonders gute Schuhe, wechselt ihr regelmäßig die Identitäten, oder klingelt schon das eine oder andere Label an eurer Tür?

Marcel:   Leider sind wir eine der vielen Bands, von denen Labels (jedenfalls diejenigen, die wir angefragt haben) nichts hören wollen. Zumal haben wir bis jetzt noch kein Angebot bekommen. Vielleicht liegt es daran, dass wir einfach scheisse sind und du der einzige bist, der uns geil findet...hahaha!

  Der restliche verbleibende Raum gehört euch und einem pathetischen Schlusswort, welches in die Geschichte des Bleeding-Webzines eingehen soll. Ich bedanke mich für das Interview, und reserviere jetzt schon Zeit in meinem Terminkalender für das nächste Album!

Marcel:   Geniesse dein Leben, es ist zu kurz um sich mit Problemen herumzuschlagen.

Nik:   "We are blind to the worlds within us, waiting to be born..."

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