HELLDORADO haben mit "Sinful Soul" ein Album vorgelegt, das wie kaum ein anderes der letzten Zeit die Atmosphäre eines Roadmovies einfängt. Grund genug, um Bassist Hans ein paar Fragen über die Musik der Norweger zu stellen und ein paar interessante Antworten zu kassieren - viel Spaß!
Hallo, vielen Dank, dass Ihr Euch die Zeit für dieses Interview genommen habt. Bitte stellt HELLDORADO zunächst mal unseren Lesern vor, die Euch vielleicht noch nicht kennen!
Hans Wassvik: HELLDORADO sind: Dag Vagle (Gitarre & Gesang), Morten Jackman (Drums) und Hans Wassvik (Bass). Von Zeit zu Zeit auch noch dabei sind die Hellhorns - Ole Ellingsen ( Trompete) und Jon Eirik Steinstoe (Trompete und Orgel). Seit 1995 spielen Dag, Morten und ich in einer Folk-Rock-Gruppe namens THE TRAMPS. Von Anfang an war HELLDORADO unser Nebenprojekt, bei dem wir Spaghetti Western Cover z.B. von ENNIO MORRICONE oder alten Country von HANK WILLIAMS gespielt haben. Das nahm eine Wendung, als Dag einen seiner eigenen Songs für die Band präsentierte und wir einen heavieren Einschlag in Richtung Moll bekamen. 2001 veröffentlichten wir unsere erste CD mit 6 Tracks namens "Lost Highway" und gewannen einen nationalen Rock Band Wettbewerb in Norwegen mit dem Namen "Zoom". Im Jahr 2003 unterschrieben wir einen Vertrag bei der deutschen Glitterhouse und veröffentlichten 2004 "Director's Cut". Wir haben außerdem "The Ballad Of Nora Lee" bei Glitterhouse 2005 veröffentlicht und im gleichen Jahr auch im Rockpalast gespielt.
Wie kommen ein paar Jungs aus Norwegen auf die Idee, eine Band zu gründen, sich ihre Instrumente zu schnappen und Musik zu spielen, die klingt, als sei sie direkt aus einer Mischung zwischen Spaghetti Western und einem Tarantino/Rodriguez Film entsprungen?
Hans Wassvik: Es war nie unsere Absicht, wie das eine oder andere zu klingen, aber ich glaube, mit unserem Folk-Background kam das ganz natürlich. Selbstverständlich kommen unsere musikalischen Referenzen in dem was wir hören, dabei auf die eine oder andere Weise mal durch.
Warum habt Ihr Euch nicht entschieden etwas Düstereres zu spielen? Bei Norwegen denken viele Leute ja gleich an Black Metal als typische Musik für eine Band, im Stile z.B. von DIMMU BORGIR.
Hans Wassvik: Black Metal ist in Norwegen wirklich sehr verbreitet, aber keiner von uns hat sich je dafür wirklich begeistert. Unsere härtesten Anleihen sind eher Bands wie ANTHRAX oder SLAYER.
Wer kam auf den Namen HELLDORADO? Und warum? Hattet Ihr da vielleicht sogar eine Inspiration aufgrund des W.A.S.P.-Albums "Helldorado"?
Hans Wassvik: HELLDORADO war tatsächlich ein Arbeitstitel unseres Western-Nebenprojektes und der Name folgte uns einfach, als wir unseren Sound formten. Als wir den Namen HELLDORADO wählten, kannte keiner von uns das W.A.S.P.-Album, bis zu einem Gig in London, als eine Horde langhaariger Typen in Lederjacken zu dem Konzert erschiene und eine W.A.S.P.-Tribute-Band erwartete. Als wir den ersten Song spielten und sie erkannten, dass wir gar kein W.A.S.P.-Tribute waren, standen sie zunächst mit Daumen nach unten vor uns. Nach einer Weile sahen wir allerdings eine rührende Verbrüderung zwischen Heavy Metal-Fans und Rockabilly-Fans, die gemeinsam "tanzten".
Was sind Eure wesentlichen musikalischen Einflüsse? Wenn man sich das Album anhört, könnte man einige sicherlich erahnen, aber Ihr könnt es sicher am besten sagen.
Hans Wassvik: Wir sind alle mit unterschiedlichen Arten von Musik großgeworden, aber die Musik, die wir gemeinsam haben und die in unserer Musik durchscheinen könnte, sind z.B.: THE STOOGES, THE SONICS, THE RAMONES, GRAM PARSONS, TOWNES VAN ZANDT, ENNIO MORRICONE, ROKY ERICKSSON, CALEXICO, THE CRAMPS, GUN CLUB...
Euer aktuelles Album "Sinful Soul" klingt ausgesprochen cool und ich glaube, viele Leute wären nicht überrascht, wenn es der Soundtrack zu einem amerikanischen Roadmovie wäre. Erzählt uns bitte ein wenig über das neue Album und warum unsere Leser es unbedingt antesten sollten. Gibt es ein paar spannende Geschichten aus der Produktion des Albums zu erzählen?
Hans Wassvik: Die Aufnahmen zu "Sinful Soul" waren in der Tat ein zwei Jahre währender, ermüdender und auslaugender Prozess. Dieses Album unterscheidet sich von den anderen und es war eine Herausforderung, es klanglich richtig hinzubekommen. "Sinful Soul" ist stark abhängig von den Hörnern und der Saitenfraktion, um es auf eine andere Weise als die bisherigen Veröffentlichungen funktionieren zu lassen, die nur auf den Melodielinien im Gesang basierten. "Sinful Soul" ist eine komplexere Produktion, die es den Hörnern und Saiten erlaubt, Songs oder Teile davon auf eigenen Schultern zu tragen. Neben dieser verrückten Produktion spielen wir alle noch in anderen Bands, die ebenfalls Aufmerksamkeit benötigen.
"Sinful Soul" wurde in einem alten Steinhaus aufgenommen, das in den 40er und 50er Jahren ein Irrenhaus war. Das Haus liegt isoliert und aufgrund der weiten Fahrtstrecke dorthin, mussten wir einige furchteinflössende Nächte in diesem Haus verbringen. Man konnte die wahnsinnigen Schreie gradezu hören, die dort noch immer sozusagen in den den Wänden hingen. Als die Anstalt in den 60er Jahren schloß, zog einer der Bewohner in die nahegelegenen Wälder und lebt dort immer noch, im Glauben eine Katze zu sein. Wir sahen ihn diverse Male dort draußen sitzen und in das Fenster starren. Das war verdammt beängstigend, und keiner von uns traute sich nach draußen, um ihn zu verjagen oder mit ihm zu reden. Nach Einbruch der Dämmerung blieben wir drinnen und sahen uns Romero-Filme an, wenn wir nicht grade aufnahmen.
Ihr seid sehr populär in der Türkei. Habt Ihr eine Erklärung für die überwältigende Liebe, die die Leute dort Eurer Musik entgegenbringen?
Hans Wassvik: Das stimmt! Wir spielen in der Türkei meist in Hallen von 1.000 Leuten und reisen dort regelmäßig hin. Es begann mit einem Song vom "The Ballad Of Nora Lee"-Album 2005, 'Just Like Fire', der bei Radio Eksen - dem wichtigsten Rockradio der Türkei - in die Playlist kam. Aufgrund dessen wurden wir zu einigen Gigs in Istanbul eingeladen. Das staatliche Fernsehen übertrug eines unserer Konzerte direkt und bevor wir uns versahen, wurden wir zu Talkshows und Interviews in den türkischen Medien eingeladen. Ende 2007 bekamen wir eine Anfrage eines der Hauptsponsoren der türkischen Fußballnationalmannschaft, ob sie 'A Drinking Song' (ebenfalls von "The Ballad Of Nora Lee") als Hymne der Mannschaft bei der 2008er Europameisterschaft verwenden dürften. Ab da begann der Ball wirklich zu rollen, sozusagen. Die Türken sind sehr stolz auf ihr musikalische Erbe und die größten Stars dort mixen oft Rock/Pop mit türkischen Folklore-Elementen. Vielleicht erkennen sie die Folk-Elemente in unserer Musik. Unser größter Hit in der Türkei, 'A Drinking Song', hat klare Bezüge zu osteuropäischer Folkloremusik.
Gibt's irgendwelche verrückten Geschichten von Tourneen, grade dort? Vielleicht kulturelle Unterschiede, die sich in schrägen Situationen niedergeschlagen haben?
Hans Wassvik: Ich kann mich an keine erinnern. Wir fügen uns wohl ziemlich leicht ein.
Wenn ich von Reviews ausgehe, seid Ihr eine tolle Liveband. Die letzten Termine in Deutschland sind schon ein paar Jahre her. Habt Ihr eine Ahnung, wann man Euch vielleicht mal wieder live auf einer deutschen Bühne erleben kann?
Hans Wassvik: Wir würden sehr gerne mal wieder eine Tour in Deutschland spielen. Bei Reisen durch Deutschland hatten wir immer eine gute Zeit und ich hoffe, wir können das bald mal wieder erleben. Hoffentlich schaffen wir ein paar Gigs in Deutschland später im Jahr.
Kannst Du mir Deine Lieblingswerke von Tarantino, Rodriguez und Morricone nennen? Gibt's sonst irgendwelche Lieblingsregisseure und Filme, die Dir spontan in den Sinn kommen?
Hans Wassvik: Ich liebe einfach "Pulp Fiction", "From Dusk Till Dawn" und die Eröffnungssequenz von "Desperado" ist einfach unschlagbar. Die Musik zu "Spiel mir das Lied vom Tod" ist fantastisch. Sonstige Lieblingsfilme: "Mulholland Drive", "Lost Highway", "Twin Peaks", "Blue Velvet", "Wild At Heart" (David Lynch), "Dawn Of The Dead" (George Romero), "Down By Law" (Jim Jarmusch), "Last Man On Earth" (Sidney Salkow), "Natural Born Killers" (Oliver Stone), "Nosferatu" (F.W. Murnau), um nur ein paar zu nennen.
An der Antwort auf diese Frage haben sich schon etliche Leute versucht, aber dennoch: was ist in Marsellus Wallaces Koffer?
Hans Wassvik: Es ist zu leicht, um Gold zu sein. Es könnte irgendeine radioaktive Substanz sein, aber würdest Du die als schön betrachten? Könnte es vielleicht, wie viele es glauben, die Seele von Mr. Wallace sein, die er vom Teufel zurückgefordert hat? Die Fakten: ein goldener Schimmer, leicht, schön, erkennbar ("Ist es das, was ich denke?") und es ist schwer, damit aufzuhören, es anzuschauen. Hmmm, falls es nicht eine vergoldete Vagina ist, denke ich, dass es Mr. Wallaces Seele ist.
Wenn Du einen HELLDORADO Film machen könntest, was für einen Plot könnten wir erwarten?
Hans Wassvik: Es dürfte um Mord, Eifersucht, Missetaten von degenerierten Kreaturen und richtige böse Mädchen gehen.
Wenn Du Dir selbst eine Interview-Frage stellen könntest, welche wäre es? Und wie würde die Antwort lauten?
Hans Wassvik: Das wäre jetzt die Gelegenheit sich über Politik oder Religion auszulassen, aber ich nehme lieber die Frage, die am meisten mit dem zu tun hat, das wir tun:
Welche fünf Alben hörst Du Dir aktuell am meisten an?
-DAN SARTAIN: "Lives"
-IMELDA MAY: "Mayhem"
-THE DECEMBERISTS: "The King Is Dead"
-ROKY ERICKSSON: "The Evil One"
-TOWNES VAN ZANDT: "Our Mother The Mountain"
Danke für das Interview und ich hoffe, wir sehen uns bald in Deutschland. Noch ein paar letzte Worte für unsere Leser?
Hans Wassvik: Ich hoffe, wir geben bald ein paar Konzerte in Deutschland, bis dahin checkt mal unsere CDs an. Wir sehen uns in Kürze! |