Interview mit Ralf Hubert von Mekong Delta

Ein Interview von Opa Steve vom 20.04.2012 (15902 mal gelesen)
Für Ralf Hubert war der Interview-Marathon zu "Intersections" auch ein Mittel, um die eigene Geschichte von MEKONG DELTA nochmal durch diverse Journalistenfragen auffrischen zu lassen. Er nahm sich eine geschlagene Stunde Zeit, in der er auch enthusiastisch mit dem Interviewer über Studiotechnik und das Produzentendasein plauderte, was wir aber mit Rücksicht auf unsere Leserzielgruppe um die eine oder andere Anekdote gekürzt haben.

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Hallo Ralf! Zuerst einmal muss ich sagen, dass ich mich ganz doll gefreut habe, dass es ein neues Album von euch gibt. Doch beim Cover dachte ich schon: "Den Ausschnitt kennst du schon!". Dann hab ich erst gemerkt, dass das Neuaufnahmen alter Songs sind.

Ralf Hubert: Das ist eine ganz einfache Geschichte. Wir sind in dieser Besetzung nun schon oft live unterwegs gewesen. Und wurden von Fans immer wieder angesprochen, dass wir doch mal die Sachen live aufnehmen sollten. Ich hatte da anfangs immer ein bisschen Probleme mit, denn die Songs hatten einen ganz eigenen Spirit. Und speziell mit dem Martin bekommen sie einen ganz anderen Charakter. Dazu kommt noch, dass die Interpretation durch die Gitarristen heute anders ist. Ob besser oder schlechter kann ich nicht beurteilen. Ja, und so hab ich mich eine ganze Weile irgendwie davor gedrückt (lacht). Aber als das dann Überhand nahm und ich nach jedem Konzert damit konfrontiert wurde, da haben wir gesagt: lass uns das angehen. Wir haben uns dann auf 3 Punkte geeinigt, die wir damit erreichen wollen: 1., klar, besserer Sound. 2. bessere Technik vom Spielerischen her, denn in den letzten 20 Jahren ist das Zusammenspiel natürlich besser geworden. Und dann einen eigenen Spirit zu kriegen, der trotzdem an die Vergangenheit anknüpft. Punkt 1 kann ich eindeutig bejahen, das steht ganz außer Diskussion. Besser gespielt? Sehe ich eindeutig, du musst nur das Schlagzeug vom Alex hören - top! Und Punkt 3 muss jeder für sich selbst entscheiden. Also für mich ist es so, dass alle Songs eindeutige Vorteile haben. Siehe auch 'Sphere Eclipse' wo wir den Mittelteil ganz anders gemacht haben.

Der Sound war bei den alten Scheiben ja immer bisschen durchwachsen...

Ralf Hubert: ... ja, das ist immer so ein Problem. Die "jungen Spunde", sag ich mal, können sich ja gar nicht vorstellen, wie schwer das gewesen ist, früher aufzunehmen ...

... ich bin auch Ü40...

Ralf Hubert: (lacht) ... ich bin Ü50, also so what. Die ersten beiden Scheiben wurden auf 16 Spuren aufgenommen. Die ganze extreme Musik wie Thrash und Speed war auch gerade in der Entwicklung. Als ich bei 'nem Kollegen war fragte der allen Ernstes, ob die Verzerrung gewollt sei, oder ob das ein tontechnischer Fehler ist. Wie dem auch sei, wenn du jedes Instrument richtig machen willst, gehst du Kompromisse ein. Hör dir doch mal die ganzen Sachen an. Du hörst ballernde Bassdrum, laute Gitarren, und Bass zu 95% überhaupt nicht. Und ich trage 60% der Melodie. Und das damals zu realisieren war nahe an der Grenze zum Unmöglichen. Und deswegen kommt dieser Sound zustande - du hast immer überlegt: wie kannst du das hinkriegen? Heute ist der Vorteil, du kannst dich an den Mix rantasten. Früher hast du die Spuren mehrfach belegt. Heute kannst du sagen, ich mal mal 60 Spuren, 100, 200, wenn du genügend RAM hast, das interessiert nicht. Damals mussten wir die Doublebass auf eine Spur legen. Dann die Snare oben und Snare unten zusammenfassen? Wir haben entschieden: nein.

... wir hatten ja nichts ...

Ralf Hubert: (lacht) ... ja, so gingen für das Schlagzeug 5 Spuren drauf. Wenn das dann eingespielt ist kommt ein Problem, dessen man sich gar nicht so bewusst ist. Jörg hat geil gespielt und es klang natürlich klasse, 'Nightmare Patrol' von der ersten z.B., das liegt bei fast 200 bpm. Doch dann merkst du: Oh Scheiße, nach 10 Sekunden schlappt die Bassdrum bisschen ab. Und dann ging das so weiter. Es bleiben ja nur noch 9 Spuren für den Rest. Dann mussten wir dann neben den Gitarren und Gesang noch Soli und Effekte aufteilen, teilweise auf die leeren Gesangsspuren wo gerade kein Gesang war. Und wir standen mit 8 Leuten am Pult, und jeder musste zu irgendeinem Punkt einen Knopf drücken.

Wobei die alten Platten stellenweise lebendiger klingen, weil viel mehr live aufgenommen wurde.

Ralf Hubert: Das ist richtig, aber ich glaube, wir haben auch bei den neuen einen ziemlich guten Live-Charakter hingekriegt.

Fiel das eigentlich schwer, die Songs auszusuchen, die auf die Scheibe kommen sollen?

Ralf Hubert: Ne, das ist einfach gewesen! Weil die Auswahl von den Fans getroffen wurde. Wir haben einfach bei vielen Seiten, die von Fans betrieben werden, mal nachgefragt. Da haben wir dann einfach die Top 12 genommen, die so bis 1996 waren. Denn was danach kam, ab der "Lurking Fear", das war zu aktuell. Und dann haben wir uns auf die alten Sachen konzentriert, vor allem wo Gesang dabei ist. Der war schon sehr wichtig.

Mich wundert das jetzt. Auch als Fan frage ich mich, wie sucht man so was aus? Jedes Stück hat ja einen eigenen Charakter - ihr seid ja nicht die RAMONES.

Ralf Hubert: Och, du hast immer das Gleiche: Top 1 ist immer 'Dances Of Death'. Vorteil der Geschichte ist, dass im Gegensatz zu anderen Titeln da wenigstens 2/3 der Notation vorliegen. Denn ich habe erst ab "Kaleidoscope" komplett die Notation, früher hab ich immer nur auf Schmierblätter geschrieben. Und die wieder zusammenzusetzen ist schier unmöglich. Da sind auf einem Zettel meinentwegen die Riffs von "Principle Of Doubt" auf einem halben Blatt, und irgendwann hatte ich bei "Dances..." keinen Platz mehr und hab dann einfach darunter dazu weitergeschrieben.

Und raushören geht nicht mehr?

Ralf Hubert: Doch, geht schon, aber das kostet einfach zu viel Zeit. Egal wieviel Mühe du dir gibst - es ist einfach so, dass da so kompakte Sachen sind. Ein gutes Beispiel ist 'Dance On The Vulcano'. Das hört man so und denkt sich: ist halt so. Aber wir haben geschlagene 2 Wochen dafür rausgehört, bis wir alles rausgehört hatten. Da war Uwe auch ganz akribisch gewesen, ich hatte das längst freigegeben, und er dann "Nö nö nö nö!" (lacht). Und wenn du da jetzt anfängst, bei 'Dances Of Death' Sachen rauszuhören, da sind so minimale Umkehrungen drin - bis du das rausgehört hast....

Man merkt schon, dass die Stücke teilweise einen neuen Charakter bekommen haben.

Ralf Hubert: Ja, vor allem weil du es besser hörst! Denn gespielt haben wir eigentlich genau das gleiche. Außer beim Gesang, denn Martin hat Narrenfreiheit gehabt.

Gut, der Gesang ist aber auch besser als früher. Das war damals so eine Geschichte - auf der einen Seite der technische Thrash auf hohem Niveau, aber der Gesang passte einfach nicht.

Ralf Hubert: Ja, das ist ... (räuspert sich ein wenig) ... da muss ich den Wolfgang aber auch verteidigen. Wir haben mehrere Leute ausprobiert, auch bekanntere, aber diese Stücke hat keiner von denen gepackt. Wolfgang war der erste, der es geschnallt hatte. Der wusste, wann er einsetzen musste, aber er hatte ein Problem: er kommt aus der Ecke GENESIS. Und wenn du einem GENESIS-Sänger so 'ne Nummer vorsetzt ... ääääh ... hallo? (lacht). Aber ich war erst mal froh, dass wir überhaupt einen hatten, der singen konnte! Ich bin früher beim Gesang immer recht rigoros gewesen. ich hab immer gesagt: wer was erzählen will, der soll ein Buch schreiben. Ich brauch keine Texte. Ich meine, die Story ist schon wichtig, aber du willst die Story ja auch ohne Text verstehen. Es ist ja auch nicht so, dass ich von vornherein wusste, so mach ich das jetzt. Man muss auch überlegen, wie die erste Scheibe entstanden ist - das ist ja mehr Zufall gewesen. Weil ... die Peavy-Nummer ist ja nun wirklich nicht wahr. Weißt du eigentlich, wie MEKONG DELTA entstanden ist?

Ne.

Ralf Hubert: Soll ich's dir erzählen?

Ja klar!

Ralf Hubert: Jörg kennst du ja. Ich hatte damals ein Studio, und wir haben uns per Zufall kennengelernt, und zwar über AVENGER, also vor RAGE. Und wir bekamen eine musikalische Affinität zueinander. Ich fand ihn sehr gut als Drummer, und die klassischen Sachen fand er sehr geil. Er war natürlich im Rock ziemlich tief drin, und ich damals noch gar nicht. Und dann haben wir uns halt unterhalten. Er hat mir von den Rock-Sachen erzählt, und ich von der Klassik. Wagner und haste nicht gesehen. Und irgendwann kam er kurz vor Weihnachten mal rein und hatte ein Tape dabei, ein Demo. Das erste von METALLICA - mit 'Fight Fire With Fire'. Das ist der Ausgangspunkt, weswegen MEKONG DELTA entstanden ist. Und er sagt "Mach den doch mal, der ist richtig interessant, da ist eine rhythmische Anomalie drin." - "Kann man natürlich viel besser machen." - große Kodderschnauze von mir natürlich (lacht). Und Jörg: "Dann mach doch!". Ja, und dann fühlte ich mich irgendwie herausgefordert, und ich habe innerhalb einer Woche vier Riffings geschrieben. Und dann haben wir uns wiedergetroffen und er meint: "Ey geil! Mach mal 'nen ganzen Song draus.". Und dann hat er das im Proberaum am Schlagzeug ausprobiert, weil er schon gemerkt hat, dass das wo ganz anders hingeht als das, was er bisher gehört hat. Und er hat schon eine Menge gehört, weil ich ihn permanent als Session-Drummer für andere Platten eingesetzt hab. Und dann kommt der Peavy ins Spiel: wir haben das kurz durchgespielt, und da war Peavy auch im Proberaum. Und da hab ich den Peavy gefragt - weil Bassisten können doch auch immer bisschen Gitarre spielen - "Nimm dir mal das Brett, mach mal richtig 'ne Verzerrung dazu.". Das haben wir ausprobiert und fanden es alle so abgefahren; ich hab zum ersten mal so 'ne verzerrte Gitarre gehört - kannte ich gar nicht. Ich hatte immer so 'nen Blechbläsersound im Kopf - das war nur 'ne Theorie. Ich habe gedacht, wenn du das für Blechbläser so schreibst, muss das auf 'ner verzerrten Gitarre gut klingen. Und als Jörg dann noch mit Doublebass und Ideen loslegte sagte ich: "OK, machen wir 'ne Platte fertig!".

Das heißt, du bist damals eigentlich so erst zum Metal gekommen?

Ralf Hubert: Richtig! Also wenn du das wirklich ernst nimmst ist es wirklich so, dass Jörg schuld ist, dass MEKONG DELTA entstanden ist (lacht)! Dann haben wir aber Peavy nie an der Gitarre gehabt, sondern wir haben den Jochen Schröder ausprobiert. Aber nachdem er die ersten beiden Songs nicht so richtig erfasst hat - und das meine ich nicht böse, der Stoff ist wirklich nicht jedermanns Sache - fiel mir sofort jemand ein, der sowas spielen könnte. Und da kam ich auf Frank Fricke.

Von LIVING DEATH.

Ralf Hubert: Weil der der Rhythmiker vor dem Herrn ist! Der sowas von präzise gespielt hat, da erzählen Leute heute noch von.

LIVING DEATH sind ja später auch bisschen in die progressive Richtung gegangen.

Ralf Hubert: Jaja, klar, er war natürlich davon ein bisschen geprägt (lacht). Es sind damals ja auch einige Riffs abgefallen. Ja, und dann haben wir das Ding eingespielt. Dann kam der Einkäufer von SPV, meinte das wäre geil, er macht mal 2000 LPs.

Das deckt sich ungefähr mit dem Zeitpunkt, als LIVING DEATH die "Protected From Reality" rausgebracht haben.

Ralf Hubert: Ja, es kann sein, dass die kurz danach war. Ich dachte auf jeden Fall: "Ey geil!", die haben auch direkt bezahlt, ich habe mir noch paar Studio-Sachen zugelegt und erst mal Urlaub gemacht. Die Zeit war ja stressig genug, wir haben Woche auf Woche geschafft, bis wir alle zufrieden waren. Und der Knaller: als ich dann nach 3 Wochen heimkam lag ein Einschreiben im Briefkasten, dass SPV nachbestellen muss, weil die haben die 2000 ratzfatz verkauft. Und sie haben mich nicht erreicht, kein Handy, kein nix, ich war weg.

Wenn dir damals jemand gesagt hätte, dass es MEKONG DELTA in einem Vierteljahrhundert noch geben würde, was hättest du dann gesagt?

Ralf Hubert: Ich hab der Andrea Nieradzik, seinerzeit Chefredakteurin beim Metal Hammer, mal gesagt: Musik von MEKONG DELTA wird man erst 2010 verstehen. Das war die Zeit, wo die Leute daraus irgendwie Kultcharakter machen wollten, aber gar nicht verstanden haben, was da wirklich abging. So dass sie eigentlich gar nichts damit anfangen zu wussten.

Aber der Name ist trotzdem gerade dadurch im Kopf geblieben.

Ralf Hubert: Das ist meine Rente (lacht). Die alten CDs verkaufen sich ja noch immer.

Jetzt seid ihr ja seit 5 Jahren wieder recht aktiv. Die Alben kommen wieder regelmäßiger - man merkt, wir haben 2010 erreicht und die Musik wird verstanden.

Ralf Hubert: (lacht) ... nee, nach "Bilder Einer Ausstellung" war ich durch. Weißt du, wie lange ich daran gearbeitet habe? Zwei Jahre. Jeden Tag. Von der ersten Note der Original-Partitur. Und das war ja damals eine recht einmalige Sache, und wir hatten einen Rechner, in dem die Sachen arrangiert wurden. Einen Atari! Ich war wirklich kurz davor zu sagen: "Scheiße, ich lass es sein.". Und dann kamen die Probleme, denn es gab nur einen Sampler, der in der Lage war, alle Sounds wiederzugeben; einen Akai. Der Uwe hatte einen, und dann gab's in Deutschland nur noch zwei weitere. Die mussten wir uns natürlich ausleihen. Und dann hatten wir erst mal mit dem Problem der Synchronisierung zu kämpfen. Da hatte ich echt keinen Bock mehr. Wenn meine Freundin mir damals nicht in den Arsch getreten hätte ... aber danach war ich erst einmal leer.

Auf der "Dances Of Death" habt ihr ja auch eine Klassik-Adaption drauf, 'Night On A Bare Mountain'. Wie seid ihr da rangegangen?

Ralf Hubert: Ganz anders - das musste ja nur auf die Gruppe übertragen werden. Bei "Bilder Einer Ausstellung" musste ich ja weiterdenken, denn da sind ja sogar zwei Fassungen drauf. 'Night On A Bare Mountain' war da einfacher, denn es sind ja teilweise nur Elemente rausgenommen, während "Bilder Einer Ausstellung" werkgetreu ist, jede Note genau wie sie komponiert wurde.

Das wird aber kaum jemand merken...

Ralf Hubert: Ja, hahaha, womit wir wieder beim Thema wären!

... außer ein paar Musikstudenten vielleicht?

Ralf Hubert: Ja, wo das eingesetzt wird ist manchmal echt interessant! Die 'Toccata' ist bei Claude Chabrol eingesetzt worden, bei dem Remake von "M - Eine Stadt Sucht Einen Mörder". Er brauchte da irgendwie Randale-Mucke, meinte er wohl(lacht).

Bist du bei den Projekten eigentlich Diktator, oder bringen sich die anderen auch in die Songs mit ein?

Ralf Hubert: Nö, Diktator nicht, obwohl ich manchmal denke, dass es vielleicht besser wäre. Nein, der Prozess ist eigentlich immer der gleiche. Ich fange zeitig an zu komponieren, und im Prinzip kriegt jeder dann eine Partitur. Als erstes kriegt die der Alex, unser Drummer - der muss sagen, ob das überhaupt geht. Das ist immer das Schwierige, ich kann ja schreiben was ich will, aber Schlagzeug ist immer so eine Sache. Ich höre mir das aber natürlich selbst vorher an, ich habe im Sampler dafür paar ähnliche Sounds. Und ich spiele ja auch ziemlich perfekt Konzertgitarre, und die E-Gitarre ist dann so ein Nebeneffekt. Ich probiere das dann schon aus, aber es kommt immer darauf an, was ich gerade mache. Mache ich was Harmonisches wie den 'Healer', gehe ich lieber ans Klavier oder an die Konzertgitarre. Wenn ich aber was Rhythmisches mache wie 'The Cure' geht das auf dem Bass und auf der E-Gitarre. Ich nenne sowas immer eine "Grobstruktur". Das geht dann natürlich auch an die Gitarristen, und die probieren das aus, ob sie das interpretieren können, denn wir haben auch oft technische Neuerungen drin, die auf der E-Gitarre eigentlich so selten gepielt werden, wie z.B. bestimmte Zupftechniken. Und wenn das alles fertig ist, dann trifft man sich mal, und geht die einzelnen Riffs genau durch. Und dann macht man Änderungsvorschläge, aber die Komposition bleibt immer noch die gleiche. Dieses Gerüst wird eingespielt, und dann kommt einfach die Freiheit. Dann können die Jungs machen, was sie wollen. Da meint einer, hier muss ein Lick hin, ich leg noch Melodien drauf... und von Anfang an ist der Martin auch dabei, weil ich in der frühen Phase meistens auch noch die Ideen für die Gesangslinien liefere. Martin ist zwar ein hervorragender Tenor, aber wenn man das erste Mal mit dem kompletten Material konfrontiert wird, kann man schon erschlagen werden. Ich geb ihm dann sofort eine Brücke, die singt er sich auch ein, aber wenn er meint, dass er was anderes hat, dann macht er es halt anders. Also diktatorisch vielleicht in der Basisstruktur, demokratisch bei dem was darüber kommt.

Und wenn du selbst Gitarrist bist, hattest du nie mal Lust, selbst die Riffs rauszuhauen? Warum hast du dich für den Bass entschieden?

Ralf Hubert: Öh... ich spiele Bass seit ich 12 bin, und Konzertgitarre ist einfach besser. Ich spiele die E-Gitarre auch nicht besonders gut, und, klar, wenn du dich jeden Tag damit beschäftigst, dann klingt das besser als wie wenn ich das spiele. Ich meine, so Riffs wie 'The Cure' oder 'True Lies' die kommen, wenn ich die spiele, immer am Besten, nur bekäm ich den Rest noch dabei, haha.

Bist du eher ein Studio- oder eher ein Live-Mensch?

Ralf Hubert: Ich bin beides. Die Konzerte machen so viel Bock, die würde ich gegen Nichts eintauschen. Aber ich sitze auch gern da und probiere was aus. Aber wie so ein Konzert in Moskau, vor 1000 Leuten, das bringt schon so richtig Bock. Das ist einfach geil, wenn die Atmosphäre stimmt, und es macht auch Spaß, sich hinterher mit den Leuten zu unterhalten.

Ihr seid ja in der Anfangszeit relativ wenig getourt.

Ralf Hubert: Tjaaa, aber schau mal. Die mit besten Musiker aus Deutschland zu der Zeit, die alle in ihren eigenen Truppen erfolgreich sind, versuch die mal unter einen Hut zu bringen. Die Vorplanungen bei der "Kaleidoscope" haben 1,5 Jahre gedauert. Da war der auf Tour, dann der auf Tour, dann musste der ins Studio... - deswegen hab ich ja jetzt auch das Team verjüngt, wo noch nicht alle in so super Bands spielen, aber Alex ist wahrscheinlich der beste Schlagzeuger Europas - der vertritt weltweit zwei Schlagzeugfirmen und ist mehr auf Messen als sonstwo.

Dann kommen wir doch mal zu den Pseudonymen - als Hörer der ersten Stunde hab ich mich immer gefragt: "Wer ist das?". Jeder wusste ja, dass ihr nicht so heißt. Was war der Grund damals? Wolltet ihr euch nicht der Publicity stellen, oder die anderen Bands schützen, oder gab es vertragliche Grundlagen...?

Ralf Hubert: Das waren banale Gründe. Ausschlaggebend war, dass Jörg vertraglich gebunden war. Deswegen mussten wir zwangsweise ein Pseudonym nehmen. Und die anderen fanden das auch geil und haben dann mitgezogen. Und ein zweiter Punkt war, dass ich dachte, dass uns niemals einer abkauft, dass das eine deutsche Truppe spielt. Also lass uns doch mal die Namen weglassen. Also im Ernst, hör die mal die deutschen Gruppen aus dieser Zeit an...

Und "Björn Eklund"?

Ralf Hubert: Weil ich den Namen cool fand. Ich wollte schon immer mal ein Werwolf sein! Nee, insofern erst mal Abstand, die Leute sollten einfach erst die Musik hören. Und dann sehen wir mal weiter.

Ist das schwer, den Eklund heute abzulegen, oder führst du noch ein Doppelleben?

Ralf Hubert: Pffff, ich hab noch andere Pseudonyme. Wenn du alle meine Pseudonyme kennen würdest (lacht).

Hast du denn noch mehr Kontakt zur Metal-Szene, oder ausschließlich durch MEKONG DELTA?

Ralf Hubert: Nur durch MEKONG DELTA. Ich hab zwar wieder ein paar Sachen auf "Aaargh! Records" gemacht, denn es traut sich ja sonst kein Label, neue Sachen rauszubringen, aber wie gesagt, ich war jahrelang mit tausend anderen Sachen beschäftigt. Das ist aber nicht der Hauptpunkt. Metal-Szene steht da nicht unbedingt on the top, sondern eher wie man Musik gestalten und an den Mann bringen kann. Urheberrecht, Downloads, bisschen programmieren...

Bist also kein Mensch, der die Metal-Szene beobachtet und analysiert...

Ralf Hubert: ... das krieg ich sowieso immer reingedrückt! Du triffst dich mit den Jungs beim Proben, und wenn du mal ein Bier getrunken hast, kriegst du von denen alles um die Ohren gehauen. Das musst du hören, das musst du kennen... - ich muss gar nix (lacht).

Wann können wir denn mit neuem Material rechnen?

Ralf Hubert: Es ist bisher immer am Flußthema gescheitert, etwas was die ganze Sache zusammenhält. Zur Zeit habe ich ein Thema, was schon ein halbes Jahr hält. Also die Chancen wachsen, hahaha! Vieles steht schon, nur das Flußthema fehlt halt. Eventuell wird das was Ende des Jahres, Anfang nächsten Jahres.

Und wie sieht es livetechnisch aus?

Ralf Hubert: Wir haben viele Angebote, wir überlegen uns bloß, wie wir das vernünftig hinkriegen können. Ich hab nämlich keinen Bock drauf, wenn die es nicht schaffen, uns mal auch nur eine Woche hintereinander auf 'ne Tour zu bringen, sondern immer nur alle 3 Wochen... das sind dann zwar tolle Festivals, aber das bringt nichts. Wir wohnen nun mal 300-400km weg voneinander und müssen uns zu Proben treffen, und dann sollen die Jungs auch so viele Auftritte kriegen, dass sie die Sachen auch mehrmals hintereinander spielen müssen. Sonst lohnt sich das nicht mehr.

Und auf eine Tour als Vorgruppe draufbuchen?

Ralf Hubert: Gefragt und gemacht wird viel, aber machen wir uns nichts vor. Es ist momentan sehr schwierig, was das Finanzielle angeht. Die Veranstalter zahlen auch immer weniger, wenn du nicht gerade einer der Jungs von DSDS bist. Und da muss man sehen, wie man sowas hinkriegen kann.

Ralf, ich danke dir für die Zeit, und freue mich natürlich schon auf neuen Stoff!

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