Gernotshagen - Ode Naturae | |
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Review von Zephir vom 28.07.2020 (8792 mal gelesen) | |
Ja mach Sachen! GERNOTSHAGEN haben nach einer gefühlten Ewigkeit ein viertes Album herausgebracht, und das beinahe noch in vollständiger Urbesetzung - alldieweil ich mir über das Fortbestehen der Thüringischen Formation nicht einmal mehr sicher war. Viel Output haben die Pagan Metaller, die für mich seit jeher zu den Besten ihrer Sparte zählten, in den mittlerweile zwei Jahrzehnten ihres Bestehens ja nicht geliefert: mit "Wintermythen" (2002), "Märe Aus Wäldernen Hallen" (2007) und "Weltenbrand" (2011) war es stets mehr Klasse denn Masse. Inzwischen hat sich auch bei anderen Thüringischen Kollegen viel getan, um das im Laufe der Jahre mit allzu vielen Klischees überspülte und dadurch verschiedentlich in Verruf geratene Genre Pagan Metal wahlweise abzustreifen, zu erneuern oder umzudeuten. Okay, XIV DARK CENTURIES wollten es erst heuer mit "Waldvolk" noch einmal so richtig wissen. Aber um FIMBULVET ist es still geworden, und von MENHIR hat man seit 2007 überhaupt nichts mehr gehört. Allerdings hat deren Fix mit ODROERIR im Jahr 2017 noch einmal eindrucksvoll akzentuiert, dass "pagan" nicht gleich "lustige Saufmusik" ist. Und die stets unkategorisierbaren FJOERGYN, um in Thüringen zu bleiben, haben Naturmystik und Wölfe längst zugunsten von Sozialkritik und Metaphorik aus der christlich-jüdischen Mythologie eingetauscht. Was tun nun GERNOTSHAGEN? Das neue Opus "Ode Naturae" versammelt wie in guten alten Zeiten den Frontmann Askan mit Daimonicon an der Rhythmusgitarre, Steffen aka Murry am Bass und Sebastian am Keyboard. Hinter den Drums sitzt seit 2011 Marcus Röll, der bereits live mit EÏS auf der Bühne stand. Die Leadgitarre hat vor zwei Jahren Roman Senschuries übernommen, der als Gitarrist von VRANKENVORDE (da singt Robse von EQUILIBRIUM, you know) und Ex-Mitglied von beispielsweise MENHIR oder XIV DARK CENTURIES schon einige Größen im Lebenslauf stehen hat. In dieser Besetzung zeigen die Thüringer Mannen vor allem eines: Ernsthaftigkeit. Nicht, dass GERNOTSHAGEN jemals die großen Partymacher gewesen wären, aber mit "Ode Naturae" haben sie ein derart düsteres, atmosphärisches Werk geschaffen, dass eigentlich jeder Kritiker der einstmals Mainstream gewordenen Heiden-Spaß-Bewegung verstummen müsste. Das keyboardlastige Intro 'Erwachen' erinnert ein bisschen an die alten FJOERGYN aus "Ernte Im Herbst"-Zeiten und an die alten EQUILIBRIUM aus der Ära "Turis Fratyr". In ähnlichem Tenor geht es mit 'Eibengang' weiter, wobei ich vorsichtige Vergleiche zu KROMLEKS letztem Album "Finis Terrae" ziehen möchte, dies aber vor allem in Bezug auf den Kreischgesang, der zuweilen in zweistimmig übereinandergelegtes Sprech-Gekeife verfällt. Vom übermütigen Ungestüm des vergleichsweise herangezogenen Werkes hat "Ode Naturae" nichts, obzwar es mitunter auch mit viel Doublebass stürmt - so etwa in 'Fahle Wege' - und mit reichlich Saitengeschredder wütet, man höre 'Eisenwald'. Jedoch trägt GERNOTSHAGENs wütender Sturm anno 2020 keinerlei Übermut in sich, sondern die ganze schwarze Bandbreite von geheimnisvoller Mystik, die sich mitunter in atmosphärischen Arrangements verwirklicht ('Zyklus Tod'), bis hin zu episch ausgetragenem Todeskampf ('Blut Für Die Meute'). Die Sache mit der Mystik kulminiert übrigens im abschließenden Titel 'Transzendenz', der mich ein kleines bisschen an ALEXANDER PAUL BLAKEs "Rückkehr Ins Goldene Zeitalter" erinnert, aber nichts von dessen neoromantischer Note in sich trägt. Ehrensache, dass es trotz einiger musikalischer Häutungen immer wieder heroisch dunkle Klargesänge gibt und natürlich ambientöse Keyboard-Einsprengsel, aber, das wird vielen wichtig sein, ganz ohne kitschig zu werden. Auffallend ist in diesem Zusammenhang die ausgezeichnete Produktion, und ein Blick ins Booklet offenbart, dass das Self-Release in Markus Stocks Klangschmiede E gemixt und gemastert wurde. Der Blick ins Booklet offenbart auch einige textliche Schwächen wie etwa ins Versmaß gezwungene Satzstellung, diesbezüglich befinden wir uns noch ganz im guten alten Pagan-Genre. Meiner Ansicht nach tut das "Ode Naturae" aber keinen Abbruch: Das Werk verbindet in seiner musikalischen Ausgereiftheit und seinem metaphorischen Ideengehalt die besten Züge des Pagan Black Metal so gekonnt mit der Gegenwart, dass ich an die Unsterblichkeit der Szene zu glauben wage. Apropos Unsterblichkeit: "Ode Naturae" dreht sich um Tod, Vergänglichkeit, den Kreislauf der Natur und des Kosmos - wer daran nichts Neues findet, möge sich dennoch einmal die Lyrics genauer ansehen, die voller neuer Metaphern und bildlicher Perspektiven stecken, die einen unmittelbar ins dritte Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts katapultieren. Fazit: GERNOTSHAGEN schaffen nach langem Schweigen mit "Ode Naturae" den Brückenschlag ins Jahr 2020 so gekonnt, dass Nostalgiker ebenso zugreifen können wie neu Interessierte auf dem Gebiet. Allesamt müssen sie dafür aber eine gewisse Portion an Ernsthaftigkeit und Aufmerksamkeit mitbringen. Es lohnt sich. Gesamtwertung: 9.0 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
01. Erwachen 02. Eibengang 03. Eisenwald 04. Blut Für Die Meute 05. Fahle Wege 06. Zyklus Tod 07. Wildnis 08. Transzendenz | Band Website: www.gernotshagen.com Medium: CD Spieldauer: 1:07:03 Minuten VÖ: 24.07.2020 |
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