Sentenced - The Funeral Album | |
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Review von Souleraser vom 22.05.2005 (9315 mal gelesen) | |
Eigentlich hatte es wohl keiner erwartet. Kollektiven Suizid vielleicht, Alkoholvergiftung oder doch die Waffe an der Schläfe, aber eine ganz unspektakuläre Auflösung? Nun, SENTENCED haben sich entschieden: "The Funeral Album" wird das neunte und vermutlich letzte Studioalbum der Band sein, denn SENTENCED wollen nicht mehr. 1989 als Death-Metal-Projekt im Norden Finnlands gegründet hat diese Band wie wenige andere einen ganz eigenen und interessanten Stil entwickelt und damit Fußspuren hinterlassen, die absehbar sicherlich keine andere Band füllen kann. Dem Death Metal fühlte man sich dabei nicht besonders lange verpflichtet. Lediglich das erste Demo "When Death Joins Us..." (1990) und das erste Studioalbum "Shadows of the Past" (1991) spielen in diesen Regionen aggresiv-härtester Düsternis. Von da ab wurden SENTENCED deutlich melodischer. Schon auf dem 1993 erschienenen "North from here" wurde die Band deutlich melodischer. Mit dem 1995 erschienenen "Amok" aber, dem ersten Produkt der ergiebigen weltweiten Zusammenarbeit mit Century Media, gelang dann dank der gelungenen Kombination düsteren Metals mit einer ordentlichen Portion Melancholie und Melodie der Durchbruch. Der Erfolg war glücklicherweise eher Ansporn nach höherem zu streben denn Anlass, sich auf den Lorbeeren auszuruhen. Konsequent arbeitete die Band an ihrem Stil und an sich selbst und steigerte das Niveau konstant von Album zu Album. Als eines der Ergebnisse dieser harten Arbeit schafften es diverse Videoclips sogar ins internationale Musikfernsehen. "The Funeral Album" soll nun also den Schlusspunkt setzen unter eine bemerkenswerte Band, die ohne Schwierigkeiten ein Genre für sich selbst darstellt. Um das gleich vorweg zu schicken: Gelungener hätte dieser Schlusspunkt nicht ausfallen können. "The Funeral Album" ist ein perfekt abgeschmeckter Querschnitt durch gut 16 Jahre SENTENCED-Geschichte. Vielschichtig und vielseitig präsentiert sich die Band, zumindest musikalisch, denn inhaltlich bzw. textlich ist alles beim alten geblieben. Wer würde angesichts des Albumtitels aber auch etwas anderes erwarten? Es geht um den Tod, um Suizid, um Verlust und um das Sterben. Nur wahre Meister schaffen es, derartige Inhalte glaubhaft mit beinahe schon "rockig-flott" zu nennender Musik zu untermalen. Dass SENTENCED solche Meister sind, beweisen sie auf diesem Album mit Stücken wie 'May today become the day' oder 'Her last 5 Minutes'. Mit 'Ever-frost' hat die Band derzeit einen Nummer-1-Track in den finnischen Charts, der dort nicht ganz unverdient steht, wenn es auch meiner Meinung nach interessantere, weil markantere Stücke auf dem Album gibt. Wie von SENTENCED gewohnt finden sich nämlich einige Stücke auf dem Album, die einen hohen Wiedererkennungswert und durchaus Mitsingpotential besitzen. 'We are but falling leaves', 'Consider us dead' oder der absolut grandiose Rausschmeißer 'End of the Road' fallen in diese Kategorie. Die beiden letztgenannten Stücke wirken dabei in mehrerlei Hinsicht endgültig. Neben der offensichtlichen inhaltlichen Stoßrichtung lässt sich auch ohne viel Argwohn vermuten, dass hier tatsächlich ein Schlussstrich unter die Band gezogen werden soll. 'Betrachtet die Band als gestorben' und 'Das Ende des gemeinsamen Weges als Band' könnten die Titel heißen, aber vielleicht interpretiere ich da auch einfach zu viel. 'Consider us dead' übrigens erinnert textlich wie musikalisch ein wenig an 'Let go' vom "Frozen"-Album. Bemerkenswert ist auch 'Lower the Flags', klingt das Stück doch nicht zuletzt dank der immer wieder einsetzenden Klavier-Klänge nach einem deutlichen Gothic-Einschlag und erinnert deshalb fast ein wenig an HIM. In eine ähnlich düster-melancholische Ecke schielt 'Despair-ridden hearts', ein klassischer Düsterrocker und einer der stärksten Songs des Albums. Demgegenüber steht 'Where waters fall frozen', in dem die Band offensichtlich einen Rückfall zu ihren Death-Metal-Anfängen erlebt. Mit einer Spielzeit von 58 Sekunden übrigens der kürzeste Song des Albums, der aber zeigt, dass die Band auch in diesem Genre einiges hätte bewegen können. Wie auch 'Where Waters fall frozen' ist 'Karu' ein sehr kurzes, reines Instrumentalstück, stellt allerdings ansonsten das krasse Gegenteil des vorgenannten Stückes dar. Über die gesamte, gut einminütige Spielzeit, hört man nur eine Gitarre eine nachdenkliche, melancholische Melodie spielen. Von 'End of the Road' war schon die Rede, dennoch ein paar weitere Worte. Der Song beginnt bedächtig, schwermütig und düster und mit der von SENTENCED gewohnten melancholisch-melodischen Ausrichtung, schwenkt aber nach einem gewöhnungsbedürftigen Kinderchor-"Aaaahaaaaa" in einen rein instrumentalen Part mit Soli aller Beteiligten über. Die Platzierung des Songs am Ende des Albums erscheint überaus geschickt: Gut möglich, dass sich hier einer der stärksten, wenn nicht der stärkste, weil rundeste und stimmigste Song der Bandgeschichte findet. Die Produktion besteht den Test ohne Beanstandungen. Ob in größerer oder geringerer Lautstärke, ob auf dem Kopfhörer oder über die heimischen Boxen - SENTENCED klingen nach SENTENCED, düster, schwermütig und druckvoll. Auch ich gehöre zur Fraktion derer, die das Ableben dieser Ausnahmeband nicht so richtig wahrhaben wollen. Auch wenn der Gesamteindruck nach einem endgültigen Abschied aussieht, der angesichts der Qualität dieses Outputs quasi als "Krönung des eigenen Schaffens" gar nicht unvernünftig erscheint, halte ich mich doch an das alte Motto: Die Hoffnung stirbt zuletzt. "The Funeral Album" jedenfalls ist Pflichtstoff für alle Fans der Band, dringend empfehlenswert für alle Band- und Genre-Interessierten, und Aufgeschlossenen sei zumindest das Reinhören empfohlen. Ein Meisterwerk. Bleeding Songs: May today become the day, We are but falling leaves, Consider us dead, End of the Road Gesamtwertung: 9.5 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
1. May Today Become the Day 2. Ever-Frost 3. We Are But Falling Leaves 4. Her Last 5 Minutes 5. Where Waters Fall Frozen 6. Despair-Ridden Hearts 7. Vengeance Is Mine 8. A Long Way To Nowhere 9. Consider Us Dead 10. Lower The Flags 11. Drain Me 12. Karu 13. End Of The Road. | Band Website: www.sentenced.org/ Medium: CD Spieldauer: 49:53 Minuten VÖ: 30.05.2005 |
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