Interview mit Tommy Herrmann von Darkseed

Ein Interview von des vom 10.08.2010 (6066 mal gelesen)
Im Jahr 2006 schien es das Ende für DARKSEED zu bedeuten, als Gründungsmitglieder Stefan Hertrich und Martin Motnik die Band verließen. Tommy Herrman (im Bild 3.v.r.) erzählt uns im Interview, wie es dazu kam, dass der ehemalige DARKSEED Drummer Harry Winkler nun den Gesang übernahm und wie für ihn der perfekte Song aussieht.

Hallo Tommy, freut mich, dass ich ein Interview mit Dir machen kann! Wie geht es mit der neuen Platte "Poison Awaits"?

Tommy Herrmann: Hallo, freut mich auch. Soweit geht's mit der neuen Scheibe ganz gut. Die Reviews sind überwiegend positiv und wir sind mit unserer Arbeit sehr zufrieden und das ist das Wichtigste. Natürlich ist es zum jetzigen Zeitpunkt noch etwas früh, um ein endgültiges Resümee zu ziehen und Verkaufzahlen erfahren wir sowieso erst in ein paar Monaten.

Inwiefern stellt sie eine Weiterentwicklung gegenüber der Vorgängerplatte "Ultimate Darkness" dar?

Tommy Herrmann: Ich würde es nicht unbedingt als Weiterentwicklung bezeichnen, sondern fast schon als eine Art Neuanfang. Stefan hat vor einigen Jahren die Band verlassen und immerhin war er bis jetzt Frontmann und Hauptsongwriter der Band. Jetzt mussten wir natürlich im Vorfeld überlegen, wie unsere Vision einer neuen DRKSEED CD auszusehen hat und wie wir das am besten umsetzen. Wenn ich jetzt überlegen müsste, in welchen Bereichen wir uns weiterentwickelt haben, dann fällt mir eigentlich sofort die Keyboardarbeit und der Gesang ein. Keyboardseitig hatte Armin mehr Freiraum, um seine Ideen einzubringen und somit haben wir einige sehr verspielte Keyboardpassagen mit an Bord, zu hören zum Beispiel im Song "Incinerate". Der Gesang ist diesmal sicherlich beabsichtigt um ein gutes Stück kommerzieller ausgefallen. Unserer Meinung nach stand das den neuen Songs besser zu Gesicht und Harry kann gerade beim Cleangesang seine Stärken voll ausspielen.

Es hat ja 5 Jahre gedauert zwischen der letzten Platte und der neuen; hauptsächlich durch Besetzungsprobleme verursacht?

Tommy Herrmann: Eigentlich weniger. Nach der letzten CD "Ultimate Darkness" und nach Stefans Ausstieg hatten wir uns erstmal keine großartigen Gedanken gemacht, wie's mit der Band weitergeht. Jeder hatte selbst mit anderen musikalischen Projekten und Arbeiten zu tun und DARKSEED wurde erstmal gedanklich beiseite gelegt. Los ging's für uns mit DARKSEED erst wieder 2008. Da entstand die Idee einer neuen CD, haben erstmal die Besetzung wieder komplettiert und als Neuanfang auf dem Helion Festival im Herbst 2008 einen Reunion Gig als eine Art "Neuanfang" gespielt, um den Fans anzudeuten, dass es jetzt weitergeht. In der Art waren so auch keine Besetzungsprobleme vorhanden. Unser neuer Bassist Michi war eigentlich sofort aus dem Bekanntenkreis vorhanden und Harry als neuen Sänger zu nehmen, hat sich irgendwie durch Zufall in der Zeit so ergeben. Nach dem Gig fingen wir dann langsam mit Songwriting an, also erstmal Songmaterial sammeln usw., also von der ersten Idee der neuen CD bis zur Fertigstellung vergingen somit ca. eineinhalb Jahre inklusive Besetzungswechsel, also doch einigermaßen flott.

Wie kam es, dass der einstige Schlagzeuger Harald Winkler nach langer Absenz nun auf die Position hinterm Mikro gewechselt ist?

Tommy Herrmann: Das ergab sich irgendwie zufällig schon im Vorfeld, also schon bevor wir die Idee einer neuen CD gefasst hatten. Harry hatte mittlerweile eine eigene Band gegründet mit Namen SOUL SABOTAGE, in der er schon als Frontmann fungiert und er hat mich gefragt ob ich nicht Ihre Debüt CD in meinem Studio aufnehmen will. Während der CD Aufnahmen hatte ich noch einen Computerspielsoundtrack zu komponieren und die Computerspielfirma wünschte sich einen Titelsong im Gothic Rock Style für das Game "Going Downtown". Da Harry mit seiner Band gerade im Studio bei mir war, hab ich ihn einfach gefragt, ob er den Song nicht einsingen will, und das hat dann super geklappt damals. Als wir dann langsam die Idee einer neuen DARKSEED CD entwickelten, war in meinem Kopf sofort der Harry als neuer Frontmann, da ich durch die vorherigen Studioarbeiten genau wusste, wie er singt und wir gut zusammenarbeiten können. Ein kurzer Telefonanruf hat gereicht und DARKSEED war wieder komplett.

Ich habe mich beim Reviewen von "Poison Awaits" irgendwie schwer getan. Es ist schwer stimmungsabhängig: auf der einen Seite fand ich den Ohrwurmcharakter sehr gelungen, dann wiedermal fand ich die CD wieder zu gebügelt. Wie seht ihr die Platte und was hebt sie gegenüber anderen Gothic-Veröffentlichungen hervor?

Tommy Herrmann: Nun, ich denke, das ist alles immer irgendwie stimmungsabhängig. Um Gothic Metal, wie wir ihn machen, gut zu finden, muss man vielleicht schon von Haus aus eine gewisse Melancholie in sich tragen, um es gut zu finden. Es ist auch immer abhängig davon, in welcher Stimmung man sich im Augenblick des CD Hörens befindet. Das sind oft psychologische Vorgänge, die wohl so einfach nicht zu erklären sind. Und oft sind diese Vorgänge dafür verantwortlich, ob man Zugang zu einer CD findet oder eben nicht. Wie schon gesagt sind wir mit der neuen CD sehr zufrieden und wir würden sie wieder genauso machen. Was unsere Platte hervorhebt: Ich denke, wir haben wirklich einige sehr eingängige Refrains dabei und filigrane Keyboardarbeit mit teilweise progressiven Anleihen. Zudem fällt es schwer, die neue Scheibe klar dem Gothic Metal oder Gothic Rock zuzuordnen, wir bewegen uns da irgendwie zwischendrin und das ist meiner Meinung nach auch gut so.

Habt ihr Vorbilder?

Tommy Herrmann: Ich kann hier jetzt natürlich nur von mir sprechen, aber so direkt kann ich eigentlich keine Vorbilder nennen. Klar, das ursprüngliche DARKSEED wie es damals entstanden ist, hatte sicher einige Vorbilder wie z.b. PARADISE LOST, ANATHEMA, CATHEDRAL, TYPE O NEGATIVE und ähnliches was sich damals in der Band verwurzelt hat. Und diese Prägungen der frühen Jahre finden sich heute immer noch im DARKSEED Sound wieder.

DARKSEED gibt es nun schon 18 Jahre – und ihr seid nun auch schon so was wie im dritten Zyklus. Was hält Euch zusammen bzw. was treibt Euch an?

Tommy Herrmann: Das ist ganz klar die Freude an der Musik, und die Freude daran seine eigenen Ideen zu verwirklichen. In erster Linie machen wir mit DARKSEED das, was wir selber machen wollen. Natürlich hoffen wir damit dann auch unsere Fans zu erreichen, aber das ist eher sekundär. Ich komponiere ja ab und an Soundtracks für Computerspiele, da muss es immer so sein, wie es der Auftraggeber haben will, da ist die Kreativität in gewisser Weise sehr eingeschränkt. Um so mehr Spass macht es dann wieder, das eigene Ding durchzuziehen, ohne das irgendeine Dritte Person reinredet.

Was macht für Dich den perfekten Song aus? Welcher Song ist für Dich der perfekte Song?

Tommy Herrmann: Diese Frage ist sehr schwierig. Es gibt mehrere Arten von einem perfekten Song. Für mich persönlich gesprochen ist zum Beispiel ein eingängiger Refrain sehr wichtig, der sich von den Strophen gut abgrenzen kann. Will man einen "perfekten Hit" komponieren, dann ist es verdammt schwierig, genau die richtige Mischung aus Eingängkeit und simplem Arrangement auszutarieren, ohne damit in die Belanglosigkeit abzudriften. Man befindet sich somit irgendwie auf Messers Schneide und muss aufpassen, nicht zu weit nach links oder rechts abzudriften, sonst fällt man tief. Aber will man in unserer Musiksparte überhaupt "einen perfekten Hit"? Zudem kann das aber auch alles ganz anders funktionieren, es gibt viele Möglichkeiten, einen perfekten Song zu komponieren, nur das Erreichen des Ziels ist nicht einfach.

Ich finde ja den Titelsong und auch 'All Is Vanity' sehr gelungen, aber welcher Song auf "Poison Awaits" kommt für Dich dem perfekten Song am nächsten?

Tommy Herrmann: Abgesehen von den schon von Dir Genannten würde ich auf alle Fälle "Incinerate" und "Seeds of Sorrow" nennen. Der Refrain von "Incinerate" zum Beispiel bleibt sehr gut im Ohr, die Strophe ist sehr gelungen und trotzdem sind einige sehr verspielte Elemente mit drin. "Seeds of Sorrow" ist eine sehr schöne Ballade, die eindeutig vom eingängigen Gesang lebt. Hier haben wir zum Beispiel jeglichen anderen Schnickschnack weggelassen, sogar einige Elemente im Mix rausgeschmissen um den Gesang wirklich als tragendes Element zu featuren. Aber prinzipiell finden wir jeden Song auf der CD gut und hat seine Daseinsberechtigung, sonst wären die ja nicht auf der CD gelandet.

Gibt es die Möglichkeit, Euch auf Tour zu sehen? Wie lassen sich all die elektronischen Elemente live umsetzen?

Tommy Herrmann: Wir werden ab Herbst einige Livegigs spielen, ob's aber zu einer Tour kommt, steht noch in den Sternen. Aber schaut einfach regelmäßig auf unserer Website (www.darkseed.com) vorbei, dort werden die ersten Daten bald aufgelistet. Für die Umsetzung der elektronischen Elemente für die Gigs, da ist unser Keyboarder Armin zuständig. Wir haben natürlich sehr viele Sounds übereinandergelagert, das alles Live zu spielen ist unmöglich. Wir haben aber eine sehr flexible Laptoplösung. Das läuft dann so ab, dass unser Keyboarder die Drumloops und einige elektronische Elemente per Tastendruck zu einer Klickspur abfeuern kann, die unser Drummer auf die Ohren kriegt, um das Tempo zu halten, damit alles synchron bleibt. Die restlichen Keyboards spielt dann Armin live dazu. Sozusagen eine Hybridlösung. Wir spielen auf alle Fälle kein Vollplayback ab wie viele anderen Bands, die Keyboards sind bei uns also größtenteils auch wirklich live gespielt.

Klingt spannend; viel Erfolg wünsche ich Euch und danke fürs Interview! Gibt es noch ein paar letzte Worte für unsere Leser?

Tommy Herrmann: Vielen Dank auch meinerseits für das Interview. Danke an dieser Stelle an all unsere Fans die uns die letzten Jahre treu geblieben sind, wir hoffen euch auf dem ein oder anderen Gig zu treffen.

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