Interview mit Tilman von Nachtgeschrei

Ein Interview von Kex vom 29.06.2009 (15106 mal gelesen)
NACHTGESCHREI veröffentlichten jüngst ihr neues Werk "Am Rande der Welt". Meinen Fragen stellte sich Gitarrist Tilman.

Erst mal herzlichen Glückwunsch zu eurem neuen Album und den vielen positiven Resonanzen, die ihr erfahren habt. Ich habe festgestellt, dass ihr schon eine Menge Interviews gegeben habt, dennoch habt ihr immer irgendwie etwas Neues zu erzählen und bleibt bei Standardfragen aufgeschlossen. Gibt es bei euch eine Schmerzgrenze?

Tilman: Meinst Du bezüglich der Standardfragen oder Fragen generell? Standardfragen gehören zu einem Interview einfach dazu und wir können ja auch wirklich nicht erwarten, dass jeder schon unsere Antworten dazu kennt. Wir versuchen auch bewusst dabei nicht immer exakt das Gleiche zu antworten, um die Sache ein wenig interessanter für alle Beteiligten zu halten. Außerdem werden sich die Antworten sicher noch abhängig vom jeweiligen Interviewpartner unterscheiden, da ja doch jeder von uns eine etwas andere Sichtweise auf die Dinge hat, die um uns herum passieren. Bei Fragen generell haben wir aber sicherlich schon eine Schmerzgrenze. Sollte uns jemand zu unserem Privatleben außerhalb der Band befragen, kann er da bestimmt schnell übers Ziel hinausschießen. Bis jetzt hatten wir da aber keine Probleme.

Gibt es etwas, dass ihr in einem Interview schon immer mal gefragt werden wolltet, aber niemand gab euch bisher die Gelegenheit genau diese Frage zu beantworten?

Tilman: Da fällt mir im Moment nichts ein. Sollte da mal irgendwas sein, würden wir das aber bestimmt auch ungefragt an den Mann bringen ;)

Ihr habt bereits in mehreren Interviews euren Songwritingprozesess beschrieben (deshalb erspare ich euch die direkte Frage danach). Für mich las sich das so, als ob manche Lieder wie auf einem Wochenmarkt aus den Rufen der Marktschreier entstehen - kommt es zuweilen vor, dass ihr mit mehreren Versionen ins Studio geht, oder steht dort die Aufnahmestruktur der Songs bereits fest?

Tilman: Ganz so wild läuft es dann nun doch nicht ab. Es hat zwar jeder die Möglichkeit sich mit einzubringen und in der Regel ist das auch an irgendeiner Stelle der Fall, aber das passiert dann schon in aller Ruhe und mit Sorgfalt. Wenn wir uns bei sieben Köpfen in der Band nicht gut organisieren versinken wir schneller im Chaos als uns lieb sein kann. Die Lieder werden also Schritt für Schritt aufgebaut und stehen dann spätestens nach der Vorproduktion, die wir vor jeder Studioaufnahme machen, nahezu in ihrer endgültigen Form fest. Im Studio werden dann nur noch Feinheiten nachgearbeitet. Da man dort aber schon eine noch genauere Vorstellung vom endgültigen Sound des Albums bekommt wird es auch im Studio immer noch Veränderungen geben, einfach um die Sache runder zu gestalten.

"Am Rande der Welt" entstand ja quasi während des "Hoffnungsschimmer" Albums, legt ihr nun erstmal eine kreative Pause zwecks Konzerten ein oder ist bereits das nächste Werk in Arbeit?

Tilman: Richtige Kreativpausen gibt es bei uns nicht. Dadurch, dass wir momentan viel auf Tour sind, bleibt einfach weniger Zeit um mit Nachdruck am neuen Album zu feilen, die Arbeit daran läuft aber auf jeden Fall langsam an, soweit uns die Zeit dafür bleibt.

Da eure Selbstfindungsphase nun abgeschlossen ist - was wird den Hörer zukünftig erwarten? Wollt ihr euren Stil so wie er jetzt ist weiterfahren oder darf man sich auf Variationen und/oder fremde Einflüsse freuen?

Tilman: Ich glaube nicht, dass man sagen kann, dass unsere Selbstfindungsphase abgeschlossen ist. Dafür haben wir selber bei uns noch viel zu viel zu entdecken. Auch wenn es jetzt eigentlich zu früh ist Aussagen über das nächste Album zu treffen, denke ich, steht schon fest, dass sich musikalisch noch einiges verändern wird. Mit jedem Album, das wir aufnehmen, steigen unsere eigenen Ansprüche und wir wären einfach nicht zufrieden mit einem Album, das genauso klingt wie das vorherige, auch wenn wir mit Am Rande der Welt sehr, sehr zufrieden sind. Wir werden unseren Stil also konsequent weiterentwickeln, was aber auf keinen Fall Stillstand bedeuten kann.

Ihr legt viel Wert auf die deutsche Sprache, traut ihr euch zu Texte im Dialekt zu schreiben?

Tilman: Hm, ich denke um Texte im Dialekt zu verfassen, muss man auch wirklich mit diesem Dialekt aufgewachsen sein und aus dem entsprechenden Umfeld kommen, sonst dürfte ein solches Experiment mit Sicherheit in die Hose gehen. Da fällt es mir schwer für die anderen mitzusprechen, aber ich denke von so etwas sollten wir lieber die Finger lassen.

Ihr seid laut eigener Aussage frei von musikalischen Einflüssen und hört vor allem "handgemachte, ehrliche Musik". Ab wann ist Musik in euren Augen unehrlich?

Tilman: Frei von musikalischen Einflüssen sind wir mit Sicherheit nicht. Jeder von uns hat seine eigenen musikalischen Einflüsse, die bei uns teilweise sehr unterschiedlich sind. Es lässt sich also nur schwer ein musikalischer Einfluss nennen, der dann automatisch für die gesamte Band gültig ist. Einen Musiker ohne Einflüsse gibt es glaube ich nicht. Ab wann Musik ehrlich oder unehrlich ist, liegt immer ein Stück weit im Auge des Betrachters. Für mich gilt da je mehr Geist und Seele in der Musik mitschwingt, desto ehrlicher ist die Musik, einfach weil dann mehr von der Persönlichkeit des Musikers/ der Band Preis gegeben wird und bei mir dadurch etwas innerlich berührt werden kann. Beim nächst besten Ballermann Party-Hit rührt sich bei mir gar nichts.

Die Inhalte eurer Texte sind sehr modern. Entstehen sie eher aus persönlichen Motiven heraus oder wollt ihr mit einigen eurer Lieder gezielt Botschaften aussenden? Könnt ihr Beispiele nennen?

Tilman: Unsere Texte werden von verschiedenen Leuten der Band verfasst und ebenso unterschiedlich sind die Motivationen aus denen die Texte entstehen. Viele Texte ergeben sich sicherlich aus persönlichen Motiven und können trotzdem eine gezielte Botschaft vermitteln wollen. Für genaue Beispiele müsste man dann im günstigsten Fall den jeweiligen Schreiberling persönlich fragen. Generell liefern wir aber nur ungern eine vollständige Interpretation der Texte mit. Jeder soll sich da seine eigenen Eindrücke sammeln können und kein aufdiktiertes Bild vor Augen haben.

NACHTGESCHREI hat sich mittlerweile einen Namen gemacht, reicht die Bandarbeit für den Unterhalt oder habt ihr nebenher noch andere Projekte oder Berufe?

Tilman: Jeder von uns hat neben der Band noch einen Job oder studiert. Es ist nicht leicht von der Musik leben zu können (und wird immer schwerer). Das "normale“ Arbeitsleben außerhalb der Band wird uns also sicher noch eine ganze Weile erhalten bleiben.

Ihr seid bereits auf dem Rock Harz gebucht wiewohl auf dem Wave Gothic Treffen, verhandelt ihr momentan mit weiteren Veranstaltern?

Tilman: Ja, wir stehen eigentlich zu fast jedem Zeitpunkt mit Veranstaltern in Verhandlung. Über laufende Gespräche möchte ich aber an dieser Stelle nichts verlieren. Wenn die Verhandlungen glücklich gelaufen sind, kann man das ja dann unserem Tourplan entnehmen. Es lohnt sich also immer wieder mal auf unserer Seite vorbei zu schauen.

Ich bedanke mich für eure Antworten, die letzten Worte sollen die eurigen sein:

Tilman: Wir danken allen unseren Fans und jedem, der uns über die Zeit unterstützt hat. Ihr seid die Besten und unser größter Motor. Ich hoffe wir sehen uns noch etliche Male auf Tour. Cheers

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