Protest The Hero - Palimpsest | |
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Review von Baterista vom 12.07.2020 (8317 mal gelesen) | |
Wer PROTEST THE HERO kennt, weiß, dass einen die Musik herausfordern kann. Ich möchte den Stil fast als hyperaktiv bezeichnen. Jeder Song ist voll mit allem, was an Gitarrengefrickel, Melodie, Beat und Gesang reingepasst hat. Trotzdem schaffen die Kanadier das Kunststück, dass das Energielevel weeeeeiiiiit oben bleibt. Ich brauchte zwischendurch ab und an ein Päuschen beim Hören, Frau wird auch nicht jünger anscheinend. Aber es liegt auch an der kraftvollen und hohen Stimme von Rody Walker, die ich bisweilen als anstrengend empfand. Aber fangen wir von vorn an. Seit dem 2016er-Release "Pacific Myth" ist "Palimpsest" die erste Veröffentlichung aus dem Hause PROTEST THE HERO. Ich musste mich erstmal bilden, was der Albumtitel bedeutet. Mein Altgriechisch ist nämlich nicht so dolle. Ein Palimpsest ist demnach eine Manuskriptseite, welche neu beschrieben wurde, nachdem sie abgewaschen oder anderweitig vom vorherigen Inhalt befreit wurde. Heute würde man wohl sagen, die alte Datei wurde mit einer neuen überschrieben. Tja, vielleicht was für den Hashtag #mussmanwissen oder für eine Runde beim Quizduell. Aber gut, ich schweife ab. Zurück zur Musik! Die Entstehung des neu zu beschreibenden Blattes gestaltete sich langwierig und fing schon eher ungut damit an, dass Rody Walker seine Stimme verloren hatte und sie nur durch konsequentes Stimmtraining wiedererlangen konnte. Ich kann schon verraten, dass man stimmlich hier keine Schwachstelle hört und überhaupt auf die Idee kommen könnte, dass dieses kraftvolle Organ jemals geschwächelt hat. Auch ansonsten wird von der bisher "most challenging record" im Zusammenhang mit dem aktuellen Album gesprochen. Viele Hindernisse und Verzögerungen sowie ein knallharter Songwritingprozess forderten Energie und Aufmerksamkeit. Erfreulicherweise konnte all das gut gelöst werden und dem vorliegenden Album merkt man zwar an, dass hier alles sorgfältig arrangiert wurde, jedoch wirkt es trotzdem fast leicht. Erstaunlich, wie die Jungs das hinbekommen haben. Musikalisch ist hier ein strammer Marsch durch alle Genres angesagt. Progressive Metal ist für mein Empfinden die Hauptrichtung, aber auch Punk, Rock, Pop und Jazz finden sich wieder. Am besten man lässt die Schubladen gleich zu und lässt die Songs einfach so wirken. Letzteres benötigt aufgrund der Komplexität einige Zeit. Im ersten Durchlauf fühlte ich mich vom vollgepackten Inhalt in Kombination mit der gefühlten und eingangs erwähnten Hyperaktivität etwas überfordert. Und auch die anhaltend hoch-schrei-singende Stimme des Frontmanns ist dauerhaft nicht so ganz mein Fall, wenn auch qualitativ beeindruckend. Besonders gefallen haben mir die Songs 'The Migrant Mother' und 'Little Snakes'. Ersterer ist der Opener des Albums und enthält meines Erachtens alle Stärken der Band: Mitreißende Melodien, Pathos, eine tolle Gesangsleistung und guten Groove. Die kleinen Schlangen kommen etwas entspannter daher und in Teilen sogar rockig, sodass ich den Song als willkommene Abwechslung und vielleicht auch angenehmen Cooldown nach dem vorherigen flotten Dauerlauf empfinde. Müsste ich nun die Musik beschreiben, so fiele mir das schwer. Für alle, denen DREAM THEATER zu wenig und RINGS OF SATURN zu viel ist vielleicht? Daher sage ich, dass jeder, der sich vom obigen Text angesprochen fühlt, gern ein Ohr oder beide Ohren riskieren sollte. Alle Fans der Band haben vermutlich eh schon auf "In den Warenkorb" geklickt und sollten das auch kaum bereuen. Daumen hoch. Gesamtwertung: 8.5 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
01. The Migrant Mother 02. The Canary 03. From The Sky 04. All Hands 05. The Fireside 06. Soliloquy 07. Reverie 08. Little Snakes 09. Gardenias 10. Rivet | Band Website: www.protestthehero.ca Medium: CD Spieldauer: 50 Minuten VÖ: 19.06.2020 |
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