Interview mit Keijo von Rotten Sound

Ein Interview von Opa Steve vom 22.08.2006 (7250 mal gelesen)
Keijo über einen neuen Drummer, eine neue EP, und neue Konzepte der finnischen Grindlegende.

  Hallo Jungs. 2006 sehntet ihr euch eigentlich nach einer Pause, seid aber ohne Verzögerung wieder ins Studio gelatscht. Keine Freizeit, um noch etwas Unterwäsche zu verbrennen?

Keijo:   Hehe, das stimmt. Der eigentliche Grund, warum wir eine Pause vom Unterhosen-Verbrennen machten, war die Tatsache, dass Kai im März ein zweites Kind bekam, und dann ausschließlich für das WINTERSUN-Album probte, welches noch in Arbeit ist. Aber als dann die ersten Festival-Angebote reintrudelten und wir Kai fragten, ob er diesen Sommer 10 Festival-Gigs mit uns spielen könnte, hat er plötzlich gemerkt, dass er ROTTEN SOUNDs Belange nicht mehr befriedigen kann. Wir mussten das einfach schlucken und mit Sami weitermachen, der viel mehr Zeit für uns hat, als wir uns je vorstellten. 3-4 Proben pro Woche sind etwas, was wir die letzten Jahre nicht hatten. Und wir wollten immer möglichst viel proben, um uns musikalisch weiterzuentwickeln.

  Euer neuer Drummer Sami ersetzt den schnellen und furiosen Kai. Wieviele Bewerbungen habt ihr euch noch angehört, und warum habt ihr euch für Sami entschieden?

Keijo:   Sami ist mindestens genauso schnell, und noch furioser. Wir wussten, dass Sami die alten Stücke spielen kann und wir wussten auch, dass er sich in die Band einbringen kann, denn er spielt rockiger. D-Beats hat Kai erst auf der "Exit" gelernt, aber Sami kann sie noch schneller, was ein verdammt hohes Gesamttempo in den gemischten, traditionellen D-Beat Grindsongs erlaubt. Und da wir alle wussten, dass Sami ein verdammt guter Kerl ist (ein Freund, der schon auf einigen Shows Drumtech für Kai machte), gab es für uns erst gar keine anderen Optionen. Also fragten wir Sami frei heraus, als Kai seinen Ausstieg ankündigte. Dann hat sich Sami 2 Wochen lang unser altes Live-Set draufgepackt (das von der Januar-Tour), bevor wir mit ihm das erste mal probten. Wir alle kamen mit seinem Spiel sofort super klar, und niemand wollte auch nur einen Moment weiter über die Drummerbesetzung nachgrübeln.

  Sami klingt etwas anders als Kai....

Keijo:   ... wie ich bereits sagte: zuerst haben wir das alte Set mit ihm durchgeprobt, bevor wir an diese Mini-CD rangingen. Natürlich klingt er anders, aber ich glaube der Unterschied resultiert in erster Linie an der unterschiedlichen Produktion zwischen "Exit" und "Consume...". Sami hat einen sehr lebendigen Sound, welcher sich ziemlich von Kais maschinenähnlichen Sound auf "Exit" unterscheidet. Das wird auch den Sound ausgewogener machen, denn wir waren mit den Drums auf "Exit" nie so ganz zufrieden, weil die Drums ziemlich grell und die Gitarren ziemlich tief klangen. Aber wie gesagt: Sami kann die alten Songs genauso spielen, die ohnehin einen Großteil unseres 45-60-minütigen Live-Sets ausmachen.

  Es sieht ja so aus, als hätte Sami auch Einfluss auf euer Songwriting. Die neuen Titel klingen primitiver, aber sehr, sehr aggressiv. Wollt ihr das Tempo in Zukunft noch höher schrauben, um noch mehr Krach und Chaos-Elemente zu bieten?

Keijo:   Ich hab so ein Gefühl, dass wir in einigen Songs paar verdammt schnelle Parts einbauen werden, aber gleichzeitig kommen immer mehr Heavy-Elemente hinzu, die auch schon auf der "Consume..." zu hören sind. Vielleicht auch nicht.... wir schreiben die ganze Zeit neue Songs, aber das Endresultat kennt man erst, wenn die nächste CD im Kasten ist. ROTTEN SOUND war immer sowas wie "komprimierter" Death-Rock, denn Folgendes möchten wir alle gern haben: erkennbare Songs, die sich voneinander unterscheiden - selbst wenn wir an der Grenze zum Chaos sind.

  Die ältere DVD ist voller lustigem Backstage-Material und voller aggressiver Live-Shows. Würdet ihr euch eher als lustigen Haufen oder harte Jungs beschreiben?

Keijo:   Ich würde uns als lustige und nette Kerle bezeichnen. Und wie könnten wir das sein, wenn wir nicht alle Aggressionen in die Musik stecken? Also sind wir nach jeder Show einfach glücklich, und das endet gewöhnlich in exzessiven Alk-Orgien, was wiederum zu peinlichem, aber lustigem Backstage-Material führt...

  Ihr scheint ja ganz schön Party zu machen auf so einer Tour. Wie packt ihr dann den Gig am Abend?

Keijo:   Das ist nicht so schwer... Ich würde sagen, dass nur alle 3 Tage eine "echte" Party ansteht, und die anderen zwei Tage trinken wir nur paar Bier, bevor wir im Bus pennen gehen - "paar Bier" kann zwar auf Tour auch schon eine Menge bedeuten, aber geht noch.... Ebenso wichtig ist es, nicht besoffen auf die Bühne zu gehen. Wir nehmen zwar ein paar Bier, um uns vom Abend vorher zu erholen, aber schießen uns nicht komplett ab. Betrunken könnten wir das Tempo nicht durchhalten.

  Was ist denn das Verrückteste, was ihr je erlebt habt?

Keijo:   Ich glaube, dass ist dieser Pinkel-Unfall am Obscene Extreme 2002: Kai lief irgendwo rum, Mika auch, und sie haben sich seit 3 Stunden nicht gesehen und waren ziemlich durch den Wind (es war ein Day Off auf einem Festival ... etwas, was wir alle sehr fürchten...). Irgendwann musste Kai dringend pinkeln, und er suchte sich dafür so eine Hauswand von der Backstage-Ärea aus. Plötzlich merkte er "Scheiße, es fängt an zu regnen ... warte mal .... das ist kein Regen, das ist Pisse!" und er schaut nach oben, wo Mika vom Dach des Hauses runterpinkelt und ausgerechnet ihn trifft. Kai war erst mal stinksauer bevor er registrierte, wie bescheuert die ganze Situation war, und hat sich den anderen Leuten angeschlossen, die sich schon über so zwei zurückgebliebene Hirnis kaputtlachten. Aber die Story ist noch nicht fertig: am nächsten Tag merkte Kai, dass "... irgendwas verdammt mies riecht. Wart mal .... DAS BIN ICH, scheiße, ich war gestern zu kaputt, mich wenigstens im Hotel noch zu duschen...".

  Eure Texte sind sehr ernst, und ihr sprecht aktuelle Probleme der Welt an. Die meisten Leute erwarten aber mehr brutale Gore-Themen, wenn sie sich eure Bilder und Cover angucken. Euer neues Cover ist aber völlig anders - habt ihr euch in eurem Image je mal missverstanden gefühlt, dass ihr es nun ändern wollt?

Keijo:   Weißt du, "Murderworks" und "Exit" hatten bloß Bilder, die den musikalischen und textlichen Inhalt wiederspiegeln sollen. Wir nahmen halt die brutaleren Elemente, weil beide Alben sehr brutal klingen. "Consume To Contaminate" ist immer noch brutal, aber wir haben uns gedacht, dass es eine gute Idee wäre, die Cover nach zwei beinahe identischen Konzepten mal zu erneuern. Mush Design hat eher grafische Cover gestaltet, und er war in der Lage, Gold sehr toll einzusetzen (was die einzige Vorgabe von uns war: Gold muss dabei sein). Das Cover hat immer noch eine leichte Verbindung zu einem der Stücke der Mini-CD, aber die primäre Idee war, einfach den Look mal zu verändern. Aber um deine Frage zu beantworten, die ich nebenbei bemerkt interessant finde: wir hatten nicht bewusst vor, unsere Message den CD-Käufern näherzubringen. Es wird immer Leute geben, die einfach nur zuhören, und andere Leute, die verstehen, was sie hören.

  Sind einige von euch Veganer oder Vegetarier, oder ist es einfach der Hass auf die Menschheit, die euch zu dem Text von 'Flesh' inspirierte?

Keijo:   3 Leute sind auf Tour Vegetarier, aber Mika ist der einzige wirkliche (solang ich denken kann). Aber selbst wenn ich kein Vegetarier bin, esse ich Fleisch nur 1-2 mal die Woche und meide McDonalds, wenn ich es esse. Normalerweise ist es ein örtliches Restaurant mit sehr gutem Essen. Ich bin da etwas egoistisch, denn es gibt in Finnland keine besonders gute vegetarische Kost. Aber wenn wenn ich zuhause koche, ist es entweder vegetarisch oder Fisch, der normalerweise noch recht gute Lebensbedingungen hat. Das klingt zwar etwas heuchlerisch, aber 'Flesh' handelt vom exzessiven Genuss von Fleisch von den (meist recht ungesunden) Leuten, die sich fast nur davon ernähren.

  Was macht ihr so im Privatleben?

Keijo:   Ich bin ein Softwareentwickler, Mika arbeitet in einer Firma für Schulfotografen, Toni und Sami sind zur Zeit arbeitslos.

  Habt ihr schon weitere Zukunftspläne? Zum Beispiel eine neue Tour oder einen Longplayer?

Keijo:   Wir versuchen gerade, ein paar kürzere (und vielleicht eine längere) Tour über den Winter und Frühling zu finden, aber es ist noch etwas zu früh, darüber mehr zu sagen. Bezüglich des neuen Albums schreiben wir zwar schon neues Material, aber es wird noch Monate dauern, bis wir ins Studio gehen. Wir überlegen uns auch, noch paar Split-CDs zu machen und irgendwie möchten wir auch viel mehr aufnehmen, als wir für ein Album brauchen, damit wir den Rest für Splits nehmen können.

  Vielen Dank.

Keijo:   Danke dir! Guckt einfach gelegentlich mal auf www.rottensound.com vorbei. Da findet ihr alle News bezüglich Touren, Alben, und alles weitere.

Besucher-Interaktion

Name:
Kommentar:
(optional)
Meine Bewertung:
(optional)
(Hinweis: IP-Adresse wird intern mitgespeichert; Spam und Verlinkungen sind nicht gestattet)

Artikel über soziale Netzwerke verbreiten