Stillers Tod - Jupiter | |
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Review von Zephir vom 09.09.2020 (5111 mal gelesen) | |
STILLERS TOD. Ob sich hinter diesem Bandnamen wohl bibliophiles Künstlertum verbirgt? Zunächst die Info, dass STILLERS TOD aus Konstanz stammen und sich gemeinsam mit ihrem Mastermind Kargáist dem Avantgarde Black Metal verschrieben haben. Ich gestehe, dass ich die Formation bis zum heutigen Tage nicht kannte, obzwar ihre bisherigen Werke von der qualifizierten Fachpresse gelobt wurden - doch waren es seit der Gründung 2009 einfach recht wenige. Das Debüt, das von der Encyclopaedia Metallum als Demo ausgewiesen wird, trug den Titel "Katharsis"; es folgte 2011 eine Split mit Namen "Die Leeren Kinder", die gemeinsam mit SEELENSCHNITT bestritten wurde, dem Soloprojekt von Samael, der für STILLERS TOD an der Lead- und Rhythmusgitarre tätig ist. Eine geplante Trilogie, die "Abraxas" heißen sollte, legte man auf Eis und brachte 2013 lediglich die EP "Vorboten Abraxas'" raus - das war es dann auch schon. Aber auf die Masse kommt es schließlich nicht an, also hören wir einmal in das neue Album "Jupiter" rein, das in Anbetracht dieser Historie fast so etwas wie der erste offizielle Langspieler ist. Musikalisch bewegen sich STILLERS TOD im ausgewiesen experimentellen Bereich. Es wird heftig geblastet und in überwiegend deutscher Sprache gefaucht, dabei spielt man gerne und viel mit ausladenden orchestralen Arrangements, die mitunter recht synthetisch klingen, sich aber insgesamt ganz gut in die schwarzgallige Masse einfügen, zumal auch chorale Backgroundgesänge und christlich anmutende Engelsstimmen zum Einsatz kommen - die dem Ganzen dann einen recht pathetischen, etwas affektierten Charakter verleihen. Übernommen und fortgeführt haben die Musiker weiterhin Ideen von klassischen Komponisten wie Mozart und Schubert; es ist zuweilen ziemlich gekonntes Klavier zu hören. 'Rosmarin' will gar dem Fado huldigen, aber um das zu beurteilen, kenne ich mich in der portugiesischen Musik nicht genug aus. Zudem hören wir rituell-reduzierte Stimmungsbilder mit Klargesang: Es sind dies liturgische Gesänge in hebräischer Sprache. Es ist nicht einfach, all dies in Worte zu fassen. Gedacht ist "Jupiter" als Konzeptalbum, und dieses Konzept ist ehrlicherweise schwer nachzuvollziehen. Thematisch ganz schön psychoanalytisch geht es um Persönlichkeitsentwicklung und Traumata, Eltern-Kind-Beziehung und Archetypen. (Zwar gibt es die von mir vermuteten literarischen Einflüsse, so etwa in einer Vertonung von Goethes 'Erlkönig', aber solche Poesiebezüge sind vorsichtig zu handhaben, um nicht aus ihrer Ernsthaftigkeit ins Lächerliche zu kippen.) Zwei eingeflochtene Chorthemen stehen jeweils für eine Vater- und eine Mutter-Repräsentation, die im letzten Track gemeinsam erklingen. Während die erste Hälfte des Albums ein wenig für sich zu stehen scheint, bildet die zweite Hälfte eine Einheit, die "Himmelskörpersymphonie" in vier Teilen. Äh, klingt kompliziert? Ist es auch. Veröffentlicht wurde über das kleine, aber feine Label Schattenpfade, welches bekanntermaßen das schwarzmetallische Experiment nicht scheut. Ich komme noch nicht wirklich in das Konstrukt von "Jupiter" rein, aber ich sage mal vorsichtig so: Wer sich vorstellen kann, wie man die Avantgarde der früheren GRABNEBELFÜRSTEN mit dem symbolträchtigen Pathos von SAMSAS TRAUM zu mischen versucht und bei dieser Vorstellung neugierig wird, der sollte mal reinhören. Gesamtwertung: 6.5 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
01. Angstbeißer 02. Erlkönig 03. Rosmarin 04. Metamorphosen 05. Die Himmelskörpersymphonie Part I: Zricha 06. Die Himmelskörpersymphonie Part II: Mutter Sonne 07. Die Himmelskörpersymphonie Part III: Zrichat Yare'ach 08. Die Himmelskörpersymphonie Part IV: Vater Mond | Band Website: Medium: CD Spieldauer: 53:00 Minuten VÖ: 06.09.2020 |
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