Interview mit Scott Ian von Scott Ian

Ein Interview von Eddieson vom 11.02.2015 (7001 mal gelesen)
Anfang des Jahres war Scott Ian unterwegs auf einer kleinen Europa-Tour um uns Geschichten aus seinem Leben zu erzählen. "Swearing Words Live" nannte sich das Ganze und machte auch halt in der Zeche zu Bochum. Mein Kumpel Boddy und ich machten uns also auf den Weg in den Pott, um vor der Show noch kurz mit ihm zu sprechen. Ein mit Halsschmerzen geplagter Scott erzählte uns dann, wie es überhaupt zu dieser Idee kam. Natürlich mussten wir auch über ANTHRAX reden, wie weit das neue Album ist und warum Bleeding4Metal Schuld an einer weiteren Big-4-Tour ist lest ihr hier.

Den Bericht über die Show könnt ihr übrigens hier lesen.

Hi Scott, erst mal vielen Dank, dass du dir kurz Zeit nimmst. Wie geht es dir?

Scott Ian: Ganz okay. Ich habe etwas Halsschmerzen aber ansonsten ganz gut. Ich rede zu viel.

Diese kurze Europa-Tour startete am 8. Januar, der Tag an dem der Terroranschlag in Frankreich war. Wie hast du diesen Tag erlebt?

Scott Ian: Ich war mit dem Zug auf dem Weg von Helsinki nach Tampere in Finnland, zu der ersten Show, als wir davon hörten. Wir haben dann den Fernseher eingeschaltet und uns die News angesehen. So was ist echt grausam. Das hat mich echt getroffen und macht mich ärgerlich. Jemanden seinen Willen oder Glauben aufzuzwingen, geht gar nicht. Die Menschen sollen in Freiheit leben können und das war eine direkte Attacke auf die Freiheit.

Okay, kommen wir zu einem angenehmeren Thema. Wie ist es für dich, auf der Bühne zu stehen, ohne Band und ohne Instrument?

Scott Ian: Es ist wesentlich leichter, ich muss ja jetzt nicht eine 10-kg-Gitarre mit mir rumtragen. Im Ernst: Es fühlt sich super an, ansonsten würde ich es nicht tun. Ich genieße das sehr. Es ist wirklich angenehm und ich genieße die Reaktionen, die ich darauf bekomme. Klar, es ist natürlich auch anstrengend, aber trotzdem genieße ich es. Mir macht es nichts aus, auch mal etwas schwerer zu arbeiten. So lerne ich ja auch jeden Tag etwas Neues dazu.

Verstehen die Leute eigentlich, was du denen so erzählst, und wie reagieren sie?

Scott Ian: Gestern in Hamburg haben sie auf jeden Fall alles verstanden, denn sie lachten genau an den passenden Stellen. Ich glaube nicht, dass jemand Probleme hatte, es zu verstehen. In Griechenland oder Italien ist es vielleicht etwas schwieriger, aber in Skandinavien oder Deutschland spricht fast jeder Englisch.

Hat sich Anthony Kiedis sich schon bei dir gemeldet? [Sänger der RED HOT CHILLI PEPPERS. Man sollte die DVD gesehen haben, um die Frage zu verstehen; Anm. d. Verf.]

Scott Ian: Nein. Ich eröffne die Show jetzt auch nicht mehr so. Ich habe nichts von ihm gehört [lacht] imgleft

Erzählst du immer unterschiedliche Geschichten?

Scott Ian: Ja, einige tausche ich aus, andere erzähle ich immer. Ab und zu tausche ich sie aus, sonst wird es ja auch für mich irgendwann zu langweilig, also muss ich das tun.

Wie bist du eigentlich auf die Idee gekommen, eine Spoken-Word-Show zu machen?

Scott Ian: Es war eigentlich nicht meine Idee. Ich wurde gefragt, es zu tun. Im November 2012 gab es in London eine Show, "Rockstars Say The Funniest Things", und der Promoter dachte, dass ich gut dafür wäre. Er hat auch schon eine Show mit Duff McKagan und Chris Jericho gemacht. Dann hat er mich gefragt. Das machte mich neugierig. Ich dachte vorher nie daran so was mal zu machen. Aber ich war neugierig, stimmte zu, und hatte eine Menge Spaß daran. Im Nachhinein sprach ich mit der Agentur von ANTHRAX und sagte denen, dass ich mehr von solchen Shows machen würde. Was können wir tun, damit das möglich ist? Sie wussten es auch nicht, und wollten mit den Promotern sprechen und sehen, was sie tun können. Und schon 4 Monate später machte ich eine Tour durch England. Das entstand alles durch die eine Promoterin in London, die dachte, dass ich gut darin wäre. Dafür muss ich ihr danken!

Du hast ja auch schon etwas Erfahrung mit der Schauspielerei gemacht. Damals bei "Eine schrecklich nette Familie" und jetzt bei "The Walking Dead". Planst du schon einen kompletten Film zu drehen?

Scott Ian: [lacht] Nein, das plane ich nicht. Es gibt keine Pläne einen Film zu drehen, wenn mich aber jemand anruft, mit mir ein cooles Ding machen will und ich Zeit habe, dann mache ich das gerne. Aber solche Sachen plane ich nicht, es passiert einfach. Auch damals, das mit den "Bundys", wir haben das so nicht geplant. Wir wollten eigentlich bei den "Simpsons" dabei sein, eine aus unserem Management hat da jede Woche angerufen, hat jede Woche bei FOX angerufen, das Studio, zu denen die Simpsons gehören. Sie hat da jede Woche angerufen und mit einem Produzenten gesprochen, ihm erklärt, dass ANTHRAX sehr große Fans sind und unbedingt mal dabei sein wollen. Sie sagten immer nur, wenn wir eine Band brauchen, denken wir an euch. Irgendwann bekam sie dann einen Anruf von dem Produzenten, der ihr sagte, dass sie eine andere Show haben, wo sie jetzt eine Metal-Band brauchen. Es sind nicht die "Simpsons" es ist eine Show namens "Eine schrecklich nette Familie" und in dem Script kommt eine Metal-Band vor, ob sie sich vorstellen kann, dass ANTHRAX das machen wollen? Sie dachten, wir würden perfekt da reinpassen. Sie rief uns an und fragte, ob wir Fans von den "Bundys" sind und wir so: "Ja!!". Sie sagte uns, dass die uns in der Show haben wollen, das war natürlich total überwältigend für uns. Das kam also daraus, dass wir eigentlich bei den "Simpsons" sein wollten, bei denen wir bis jetzt immer noch nicht waren.

Charlie von ANTHRAX hat ein Big 4-Tattoo. Hast du auch eins?

Scott Ian: Nein, ich habe keins.

Ein gute Überleitung, da wir ja jetzt schon beim Thema sind, ist eine weitere Tour der Big 4 möglich?

Scott Ian: Wartet, ich rufe mal eben Lars [Ulrich; Anm. d. Verg.] an. [er nimmt sein Handy und hält es sich ans Ohr] "Hey Lars! Ich sitze hier grad mit den Typen von Bleeding4Metal aus Deutschland und sie fragen mich ob eine Tour der Big 4 möglich ist. Ja?! Okay, ich sag es ihnen." Ja, er sagt zu. Am 26. Juni in Gelsenkirchen noch mal. imgright

Wir waren damals da. Du nicht.

Scott Ian: Genau, die ganzen Shows, die ich verpasst habe, werden jetzt nachgeholt. Um die Frage ernsthaft zu beantworten: Wir würden liebend gerne eine solche Tour machen. Aber wir sind nicht die Band, die das entscheidet. SLAYER und MEGADETH sind es auch nicht. Da ist noch eine weitere Band, die, wenn sie uns anrufen und fragen würden, von uns ein "Ja!" bekommen.

Wenn du dir vorher Gedanken über deine Spoken-Word-Show machst und dir überlegst welche Geschichten du erzählen willst, gibt es da für dich ein Tabu?

Scott Ian: Ein Tabu? Ich habe viel über Nazis gestern in Hamburg erzählt. [lacht] Da war ich etwas unsicher, weil es eben Deutschland ist und man hier sehr sensibel mit dem Thema umgeht. Ein großer Teil meiner Show geht um die Geschichte mit Lemmy, in der ich auch viel Nazi-Zeugs erzähle, aber die Leute lachten sich schlapp. Beim Meet & Greet in Hamburg habe ich die Leute gefragt, was sie davon halten, wenn ich von Nazis erzähle. Sie lachten nur und sagten, sie wären die 3. Generation danach. Klar, es ist ein dunkles Kapitel in der Geschichte, aber hier geht es um den Humor. Und die Leute haben den Humor schon richtig verstanden. Aber ein Tabu habe ich nicht.

Jetzt müssen wir natürlich noch kurz über ANTHRAX sprechen. Wie weit sind die Aufnahmen für das neue Album?

Scott Ian: Wir haben 16 Songs, davon haben wir 8 genommen. Da sind die Drums, der Bass und die Gitarren fertig und Joey singt sie jetzt ein. Wenn die ersten 8 fertig sind, werden wir die anderen 8 machen. Wann immer das sein wird, [lacht] überlegen wir, welche Songs auf das Album kommen und wann es dann erscheinen wird. Ich schätze, auch wenn die Zombies dazwischen kommen, es wird noch dieses Jahr was.

Welche Entscheidung, die ANTHRAX betrifft, bereust du am meisten? imgleft

Scott Ian: Ich spreche darüber etwas in meinem Buch. Es klingt etwas dämlich, weil ich glaube, dass Reue etwas Blödes ist. Ich habe keine Zeitmaschine, du kannst die Vergangenheit nicht ändern, man sollte es auch nicht. Meine Antwort für euch wäre, dass ich nichts bereue, weil, wenn ich etwas bereue und es ändern könnte, dann wäre vielleicht einiges anders gelaufen und ANTHRAX wären mit "Worship Music" so nicht zurückgekommen, dann würde ich jetzt hier nicht sitzen und mein Leben wäre völlig anders verlaufen. Aber es gibt einen Moment in 1993, die erste Single von "Sound Of White Noise" war 'Only'. Der Song lief im Radio, MTV spielten ihn rauf und runter, alles lief super. Die zweite Single sollte 'Room For One More' sein, wir wollten ein Video drehen und dann kam Electra, das damalige Label, und wollte 'Black Lodge' als Single veröffentlichen, weil es eine Ballade ist [verkneift sich ein Lachen]. Es ist nicht wirklich eine Ballade. Wir hatten Zweifel, es ist Sommer, wir gehen auf Tour, wir brauchen was Rockiges, etwas was ordentlich Arsch tritt, und das ist 'Room For One More'. Sie wollten aber unbedingt 'Black Lodge', einen Song, der ständig im Radio laufen wird. Außerdem hatten sie Marc Pellington, der auch das Video zu 'Jeremy' von PEARL JAM gemacht hat, er war der größte Regisseur für Videos, er hat mit all den Großen gearbeitet und so gab es ein Riesenbudget für das Video. Wir sagten ihnen, dass 'Black Lodge' besser als dritter Song geeignet wäre, im Oktober, wenn es draußen wieder kälter wird, da passt der Song besser. Electra sagten, dass sie machen, was wir für richtig halten, aber sie sind der Meinung, dass man mit 'Black Lodge' ANTHRAX eine Stufe höher bringen kann. Von einer Million verkauften Alben zu fünf Millionen verkauften Alben. Und wenn dir das Leute von deinem Label erzählen, einem Label auf dem auch METALLICA und MÖTLEY CRÜE sind, dann haben wir drüber nachgedacht und uns dann für 'Black Lodge' entschieden. Dann war es so, dass Marc Pellington zu beschäftigt war, wir also 3 Monate kein Video drehen konnten und wir keine Single den ganzen Sommer veröffentlicht haben. Als sie dann veröffentlicht wurde, war es ein Fehler. Wir hätten es also sofort so machen sollen, wie wir es wollten und nicht wie unser Label es wollte. Aber daraus haben wir gelernt. Von da an haben wir es nie, nie, nie wieder so gemacht, wie das Label es wollte, sondern so, wie wir es wollen. Aber dann lief es okay, wir haben keine 5 Millionen Platten verkauft, aber ich kann mich nicht beklagen.

Was können wir dieses Jahr noch erwarten?

Scott Ian: Was ihr noch erwarten könnt? Keine Ahnung! Ein neues ANTHRAX-Album, ich verspreche zwar nichts, aber ich denke schon. Außerdem kommen wir im Sommer, um einige Shows zu spielen. Hellfest in Frankreich ist ja schon bestätigt, im April und Mai werden wir auf US-Tour gehen, das ist bis jetzt bestätigt. Ansonsten werden wir damit beschäftigt sein, das Album fertigzustellen.

Okay, da wir, bzw. du etwas unter Zeitdruck stehst, bedanken wir uns jetzt brav bei dir und überlassen dir die letzten Worte, wenn du noch etwas an die deutschen Fans loswerden willst.

Scott Ian: Das kommende Album wird großartig. Wenn euch "Worship Music" gefällt, dann werdet ihr auch das neue mögen. Ich kann kaum abwarten, es auf euch loszulassen.

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