Harvst - Narbenhain

Review von Zephir vom 08.06.2020 (7368 mal gelesen)
Harvst - Narbenhain Endlich mal eine neue Band aus Frankfurt am Main! Und was für eine interessante Angelegenheit: Das Duo HARVST debütiert mit "Narbenhain" im Bereich des melodischen Black Metals und veröffentlicht über das ebenfalls noch sehr junge Krefelder Label Schattenpfade. Dieses wiederum hat sich auf die Fahnen geschrieben, ökologisch korrekt mit möglichstem Verzicht auf Plastik und Co. zu arbeiten, so denn auch die CD im Pappschuber ohne allen Schnickschnack ankommt. Attraktiv ist es allemal, das monochrome Artwork auffallend ansprechend gestaltet. Die Gestaltung ihrerseits geht auf das Konto von Dornh, der musikalisch weiterhin für die harschen Vocals und die Lyrics verantwortlich zeichnet. Kollege Wynthar hat sämtliche Instrumente eingespielt, den Klargesang beigesteuert und sich um die Aufnahme und die Produktion gekümmert. Das Label gibt bekannt, man empfehle "Narbenhain" den Freunden von NAGELFAR, HELRUNAR, LUNAR AURORA sowie - jetzt kommt's - BERGTHRON. Oha, das wird ja spannend! Ist der Musik demnach ein subversives oder gar paganes Moment eingeschrieben? Hören wir denn einmal rein.

Das Schwarzmetall von HARVST ist melodisch, depressiv bis aggressiv und von der Instrumentierung her ziemlich pur, was in der wertigen Abmischung besonders positiv herauskommt. Eine große Bandbreite an Ideen zeigt gleich der Opener 'Eins Mit Den Schatten', wobei ich einräumen muss, dass hier keine schwarzmetallische Pionierarbeit geleistet wird. Das muss aber kein Manko sein: HARVST beweisen vom ersten Ton an, dass sie was können. Natürlich gibt es schrammelnde Gitarre mit vielen schmerzhaft Verminderten, ebenso sinnierende atmosphärische Passagen, die durch überzeugende Saitenarbeit entstehen. Treibendes Blastgedresche wechselt mit feinen rhythmischen Spielereien ('Narbenhain'). Die Vocals von Dornh schwanken zwischen harschem Kreischen, dumpfem Grollen und gehen an manchen Stellen in verzweifeltes Schreien über, was dem Ganzen einen modernen Anstrich verleiht ('Schemen Im Nebel'), allerdings ohne wirklich avantgardistisch zu werden. Wynthars dunkle, nie zu pathetisch werdenden Clean Vocals im Background haben durchaus Charakter von manch einer thüringischen Pagan-Band vergangener Jahre, vor allem mit der gut in Szene gesetzten Zweistimmigkeit ('Rabentränen'). Dieser Vergleich darf nun niemanden in die Irre führen - der Kontext ist bei HARVST ein ganz anderer. Die melancholische Stimmung ähnelt eher derer, die die oben genannten HELRUNAR zuweilen erzeugen und die für die beiden Jungs von HARVST sicher auch hier und da Modell gestanden haben mögen. Dabei ist "Narbenhain" deutlich weniger kratzbürstig und weniger offensiv als die Musik der Münsteraner, auch das beklemmend Okkulte, das LUNAR AURORA dereinst verbreiteten wie einen zähen Nebel, geht dem Debüt von HARVST völlig ab. Wir finden hier sehr viel weniger artifizielle Spannung als vielmehr zumeist geradeheraus nach vorn preschendes Schwarzmetall, das ungekünstelt emotional daherkommt. Dabei sind die Frankfurter noch merklich jung, was ich zwar in Ermangelung weiterer Angaben zu den Musikern nicht verifizieren kann (die dünnen Infos hierzu mögen auch zum Vergleich mit BERGTHRON angeregt haben), was ich allerdings aus ihren deutschen Lyrics herauszuhören meine. Diese strotzen nur so vor malerischen Metaphern und emotionaler Bildsprache, was nicht immer innovationsverdächtig ist, von mir persönlich aber mit Wohlwollen aufgenommen wird - ich sehe da gleichsam Luft nach oben wie auch Potenzial.

Auch musikalisch könnte ich mir vorstellen, dass die Herren Dornh und Wynthar ein Talent für noch mehr schwarzmetallisches Experiment und Avantgarde haben. Ganz deutlich bringt das meiner Meinung nach der Track 'In Zungen Des Morasts' heraus, in den auch Fans von VARGSHEIM mal reinhören könnten. Ein absolutes Highlight ist übrigens auch der Rausschmeißertrack 'Droom', der schwer getragen und offenbar mit E-Piano daherkommt, was mich anfangs und auch später, wenn nach diversen Ausbrüchen Tempo und Harmonien dem Ende entgegenfallen, ein klein wenig an ELLENDE erinnert.

Mich hat HARVSTs Debüt überzeugt: "Narbenhain" ist ein rundum gelungenes Debüt, dessen musikalische Fixsterne zwar herausleuchten, was sich bei weiterer Arbeit des Duos aber ganz sicher zu mehr Eigenständigkeit entwickeln wird. Ich möchte diese Entwicklung auf jeden Fall miterleben und freue mich auf weitere dunkelschwarze Ausgeburten.

Gesamtwertung: 7.0 Punkte
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Trackliste Album-Info
01. Eins Mit Den Schatten
02. Narbenhain
03. Schemen im Nebel
04. Rabentränen
05. In Zungen Des Morasts
06. Droom
Band Website:
Medium: CD
Spieldauer: 49:00 Minuten
VÖ: 00.00.0000

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