Nachtgreif - Schattenwandler | |
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Review von Zephir vom 03.04.2020 (7018 mal gelesen) | |
"Schattenwandler" ist das nunmehr vierte Output der Düsterformation NACHTGREIF. Die Kaiserslauterer Thorsten Fries (Gesang) und Arndt Hebel (Drums) haben einen neuen Saitenmeister an Bord, Bernd Basmer, der mit seiner früheren Prog-Power-Band SUPERIOR bereits Touren mit den Nachbarn VANDEN PLAS und auch mit ANGRA absolviert hat. Neben Gitarre und Bass bedient Basmer jetzt auch die elektronischen Klangerzeuger bei NACHTGREIF - und derer gibt es auf "Schattenwandler" wieder so einige zu hören. Nachdem mir "Dunkle Materie" (2017) ziemlich Gothic- und NDH-lastig dünkte, hatte ich beim nur kurz darauf folgenden "Spukhaus" (2018) den Eindruck, man habe sich lyrisch-metaphorisch bei den Kollegen EWIGHEIM und thematisch bei EDEN WEINT IM GRAB Inspiration geholt Schlecht war das Ergebnis nicht, aber auch nicht so stand-alone-mäßig, wie ich es bei derlei Ideenquellen vermutet hätte. Wie geht es jetzt weiter? "Schattenwandler" reiht sich nicht nur mit seinem Artwork passend in die Backlist der bisherigen Releases, sondern klingt auch sonst ganz stark nach der Marke NACHTGREIF: Nämlich mit etwas von all dem Stahlharten, dem Düsterschwarzen, dem wuchtig Violenten und auch dem empfindsam Aufmerksamen, kurzum: mit etwas von alledem, das provozierende Eisenschlucker und fleischentsagende Kinder der Nacht gleichsam auf einen vagen gemeinsamen Nenner bringt. Das Album ist deutlich brachialer als das Vorgängerwerk, harte Gitarren treffen auf waveige Elektronik-Elemente. Mit Songs wie dem Titeltrack 'Schattenwandler' hören wir eine ordentliche Portion Gothic-Düsternis, in der Manier von 'Psycho' mit zeitweise verfremdeten Stimmen gehörige NDH-Einflüsse. Die Texte handeln von kritischer Introspektion ('Geliebter Feind', 'Resilient'), von unerfreulichen zeitgenössischen gesellschaftlichen Phänomenen ('Tiger' oder auch das eben genannte 'Psycho'), von szenetypischem Einzelgängertum ('Rabenvögel' - dies wäre beinahe auch der Titel des Albums geworden), von Umweltzerstörung ('Bis Kein Licht Mehr Scheint‘, 'Asche') zuweilen aber auch von Mut machenden Lichtblicken ('Angst' - Thema: wie man sie besiegt). Die meisten Titel auf "Schattenwandler" sind sehr gut tanzbar aufbereitet und garantiert ein Kracher auf jeder Batcave-, WGT- und Amphi-Party, deren Publikum naturgemäß auf dem Vulkan, auf dünnem Eis, am Abgrund tanzt. Dass nach wie vor die Kehrverse reichlich ausdauernd wiederholt werden und die lyrische Aufbereitung nicht immer so ganz glatt geschliffen daherkommt, ist in dieser Art von Musik tatsächlich zweitrangig. Auch schnell etwas daneben wirkende Themenaufbereitungen wie etwa die Kölner Silvesternacht 2015/16 sind keine Seltenheit und eine Geschmacksfrage in diesem Genre, das davon lebt, Geschmacksgrenzen gezielt zu sprengen. NACHTGREIFs 'Tiger' ist dabei noch vergleichsweise zahnlos, wenn man an manch einen RAMMSTEIN-Titel denkt. Eine schwarzromantische Liebesballade wird uns mit 'Wenn Sie Kommt' kredenzt, und dieser steht das melancholische 'Eisige Schönheit' in nichts nach, wobei hier der sterbenden Natur eine Liebeserklärung bereitet wird. Mit der Neuinstrumentierung der auf Wunsch von Bernd Basmer neu aufgelegten Version ist der Song ein traurig-schöner Abschluss für das Album, welcher auch der UNHEILIG-Fraktion gut gefallen dürfte. Ansonsten: Klare Kaufempfehlung an die Hörerschaft von OOMPH!, EISBRECHER und Co. Gesamtwertung: 6.5 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
01. Schattenwandler 02. Geliebter Feind 03. Psycho 04. Rabenvögel 05. Bis Kein Licht Mehr Scheint 06. Asche 07. Babylon 08. Tiger 09. Angst 10. Wenn Sie Kommt 11. Resilient 12. Eisige Schönheit (Version 2020) | Band Website: de-de.facebook.com/Nachtgreif/ Medium: CD Spieldauer: 56:59 Minuten VÖ: 03.04.2020 |
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