Ronnie James Dio - Rainbow In The Dark | |
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Review von Opa Steve vom 28.08.2021 (5448 mal gelesen) | |
Die Anzahl der Autobiografien von wirklich großen Namen im Rock 'n' Roll-Zirkus nimmt die letzten Jahre ja spürbar zu. Namen, die man 30, 40 oder gar 50 Jahre in der aktiven Musikszene wahrgenommen hat, und deren Schaffen für heutige junge Künstler so unerreichbar scheint, dass man sich die Frage stellen muss, ob die Ära der Giganten tatsächlich schwinden sollte, die seit den 70ern ihre Leidenschaft bis zur Selbstaufgabe zelebriert haben? Ronnie James Dios Biografie erscheint nun mehr als 10 Jahre nach seinem Tod. Dass es tatsächlich eine Autobiografie ist, ist dem Umstand zu verdanken, dass Ronald James Padavona schon zu Lebzeiten angefangen hatte, seine Notizen für eine Autobiografie zu schreiben. Seine Frau Wendy konnte das Werk allerdings viele Jahre nach seinem Tod nicht veröffentlichen, da die Arbeit an diesem Buch ihr zu viel Schmerz bereitet hätte. Mit Hilfe des "Classic Rock"-Journalisten Mick Wall, der auch ein guter Freund Dios war, ist aber die Zeit nun endlich gekommen. Sie sichteten mit einem kleinen Team die Hinterlassenschaften des kleinen großen Sängers, und herausgekommen ist ein Werk, welches menschlich sehr direkt und ehrlich geworden ist. Und welches den Weltstar als ruhige und fokussierte Persönlichkeit präsentiert, der sein ganzes Leben der Musik widmete. Die Kindheit beleuchtet er ab dem Moment, als er als kleiner Junge seine Begeisterung für die Trompete entdeckte. Mit der er auch gewissenhaft probte, und die seine Lungenkraft sicherlich förderte, die er später für seine große Stimme benötigte. Geprägt vom Rock 'n' Roll der 60er durchlebte er als Jugendlicher schon frühe Bandkarrieren wie bei den STARDUSTERS und den VEGAS KINGS. Und jeder Leser, der in seinen pubertären Zeiten von einer Band träumte, findet sich schnell wieder in den ganzen Anekdoten, wie viel Scheiße man in dem Alter als wilde Band bauen kann. Da fälscht man Ausweise, um an Bier zu kommen, schrottet das Auto der Eltern oder kann das sinnvolle Maß an Alkoholkonsum in der Gruppendynamik nicht einschätzen (was gar nicht gut ist, wenn man als Solist kurz danach auf die Bühne muss). Richtig gelacht habe ich über seine unüberlegten Einfälle, die ihn mehr als einmal in brenzlige Situationen brachten. Als er - mittlerweile Frontmann - seine Band RONNIE DIO & THE PROPHETS am Start hatte, ließ er keine Gelegenheit aus, auf dicke Hose zu machen. So behauptete er mal in einem Club, er sei der Neffe von Johnny Dio (eine damalige Mafia-Größe in Florida) oder fand sich bei einer Aftershow-Party plötzlich in einem Bikerclub im Nirgendwo wieder und bekam ein Mädchen ins Bett gelegt. Ja ja, der Rock 'n' Roll Lifestyle. Nach der Dreistigkeit, sich als Neffe des Mafia-Paten auszugeben, litt er übrigens kleinlaut monatelang Verfolgungswahn, da eines Tages tatsächlich Mafia-Typen von Johnny Dio bei einem Konzert auftauchten, um den Neffen des Chefs auf der Bühne zu sehen. Die Zeiten um ELF bekommen in dem Buch einen besonderen Stellenwert, war dies doch die Epoche, als DEEP PURPLE auf die Band aufmerksam wurde. Gemeinsame Touren waren die Folge, ELF durften auf PURPLEs Plattenlabel veröffentlichen. Außerdem war es die Zeit der großen Exzesse im Rockbusiness, wovon Dio einige zum Besten gibt. Im Buch verfolgt man diesen Aufstieg in einer schönen Chronologie, die darin gipfelt, dass Ronnie dem Leser noch viele Einblicke in den damaligen Streit zwischen Ritchie Blackmore und den anderen Purples gibt. Aus einem gemeinsamen Song mit Dio und Ritchie wird dann Geschichte. RAINBOW werden gegründet und Dio sagt die Position des Sängers gegen den ausdrücklichen Rat von Jon Lord zu. Später wird er noch bitter erfahren, wovor Jon Lord ihn warnen wollte, und dass sein Traum von einer gleichberechtigten Band von ihm und Ritchie schnell zerplatzt. Nach einigen legendären Alben heißt es für Dio dann 1978 wieder Abschied nehmen. Dio lässt in diesen Zeiten die finanziellen Schwierigkeiten nicht aus; er und Wendy standen mehrmals vor dem finanziellen Ruin, denn im Endeffekt waren die Musiker neben Ritchie Blackmore eher bezahlte Angestellte. Aber als Dio eines Abends im "Rainbow Bar And Grill" (der übrigens RAINBOW zum Namen verholfen hat) saß, lernte er Tony Iommi kennen. Dort erfuhr er vermutlich als einer der ersten, dass Ozzy vor die Tür gesetzt wurde. Nach einer gemeinsamen Jamsession setzte sich die Legende fort und Dio stieg bei BLACK SABBATH ein. Diese Phase wird im Buch nicht besonders lang behandelt, aber auch hier gibt es frische neue Einblicke in die Bandchemie und die Aktivitäten, als der Heavy Metal wieder richtig boomte. Der Rest des Buchs ist seiner Solo-Karriere als DIO gewidmet. Aus jeder Faser spürt man, dass er nach den Enttäuschungen bei RAINBOW und BLACK SABBATH mehr Kontrolle über sein künstlerisches Wirken haben wollte. Seine Frau Wendy übernahm das Management und er castete junge Talente wie Vivian Campbell. Interessanterweise stellt sich beim Lesen schnell heraus, wie viele Parallelen er als Bandleader von Ritchie Blackmore übernommen hat. Nachdem Ronnie und Wendy die komplette "Holy Diver"-Produktion vorfinanziert hatten, mussten seine Mitmusiker oft unter den gleichen Auflagen leiden wie einst Ronnie bei seinen Brötchengebern. Er gibt offen zu, dass er Vivian Campbell zu viele Hoffnungen machte, ihn ab dem dritten Album an den Credits zu beteiligen. Und es wird auch nicht ausgespart, wie letztendlich Vivians Anwälte und Wendy das Kapitel Campbell beenden, weil sich Ronnie im moralischen Recht sieht, die Kontrolle auch über die meisten Bandeinnahmen zu behalten. Dies gehört zu den unangenehmen Seiten des Business, und man merkt, wie sich musikalische Leidenschaft, Erfolg und der Streit um die begehrten Rechte die Klinke in die Hand geben. Es gehört zu den Schlüsselszenen - zum Auftakt und Ende des Buchs - dass der Zeitstrahl da endet, als er im Madison Square Garden seine eigene Headliner Show hat. Und man spürt, dass das Erreichte ihm etwas Frieden nach einem langen Behauptungskampf im Musikgeschäft gab. Von Wendy gibt es immer mal wieder ergänzende Absätze in den Kapiteln, die aus ihrer Perspektive zurückhaltend noch weitere Informationen beisteuern, ohne Dios Worte anders darzustellen. Und im Vorwort erwähnt sie auch, dass es immer sein Traum war, seine Autobiografie auf dem Höhepunkt seiner Karriere enden zu lassen. Die Reunion mit BLACK SABBATH, die HEAVEN & HELL-Phase, aber auch seine Erkrankung sind kein Bestandteil dieser Autobiografie. Wendy lässt aber schon im Vorwort durchklingen, dass es hierüber auch noch Aufzeichnungen und viel Material gäbe, welches sich zu einer zweiten Biografie zusammenstellen ließe, die eventuell auch noch in Angriff genommen wird. Fazit: "Rainbow In The Dark" ist das Buch einer spannenden Musikkarriere und eines Künstlers, der das Glück hatte, in drei der ganz großen Hardrock- und Metal-Bands mitgewirkt zu haben. Die privaten Anekdoten und Hintergründe sind passend eingestreut und kurzweilig, aber der Fokus seiner Autobiografie liegt ganz klar auf der Musik. Und allein die Tatsache, dass es mit Dios eigenen Worten nun auch neben den bisher bekannten Quellen spannende Einblicke in die damaligen DEEP PURPLE-, RAINBOW- und BLACK SABBATH-Vorkommnisse gibt, macht das Buch zu einem Muss. Gesamtwertung: 8.0 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
Band Website: Medium: Buch Spieldauer: VÖ: 27.08.2021 |
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