Livebericht End Of Green |
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Ein Livebericht von Stormrider aus Aschaffenburg (Colos Saal) - 16.03.2012 (20485 mal gelesen) |
20 Years of Selfdestruction. Unter diesem Motto läuft die aktuelle Tour der schwäbischen Melancholiker von END OF GREEN. Da es aktuell kein neues Album zu bewerben gibt ("High Hopes In Low Places" erschien ja bereits in 2010), konnten die Zuschauer einen besonderen Set erwarten. Und sie sollten nicht enttäuscht werden. Aber starten wir von vorne. Freitag 16.03.2012. Das Thermometer steigt heute das erste Mal in diesem Jahr auf mehr als 20 Grad, die Sonne scheint den ganzen Tag und die Aschaffenburger Innenstadt ist, genauso wie die Außensitzplätze der Cafés, gut gefüllt. Folglich ist die Stimmung alles, nur nicht betrübt (oder gar depressiv). Ganz anders also als beim letzten Livebericht vor knapp 13 Monaten (Livereview 2011) . Dazu zeigt die Band im Rahmen des vor dem Konzert angesetzten Interviews (Hier geht's zum Interview mit END OF GREEN), dass man auch als lustige Zeitgenossen depressiv angehauchte Musik zelebrieren kann. Überhaupt ist die ganze Band vor dem Gig gut gelaunt und Sänger Michelle Darkness zeigt im Backstage-Bereich, wie man eine anwesende Dame charmant behandelt. Da die Frage ob sie noch etwas trinken möchte verneint wird, bringt er Bier für alle anderen und einen Kirschjoghurt für die Lady. Charmant, dieser Mr. Darkness. Doch auch an diesem Tag geht die Sonne irgendwann unter - Zeit also für END OF GREEN! Auf eine Vorband hat das Quintett im Rahmen dieser Tour verzichtet, gilt es doch das eigene Jubiläum zu feiern. "Buon Giorno. Ich hoffe Ihr habt etwas Zeit mitgebracht. Wir haben viel vor heute Abend", so begrüßt Sänger Michelle Darkness die Anwesenden Fans und gibt gleich die Richtung vor - Value For Money! 'Motor' eröffnet anschließend um 21:15 Uhr den Set, der immerhin satte 29 Songs umfasst . Der Colos-Saal ist gut gefüllt, aber nicht ausverkauft. Man kann sich problemlos bewegen und ich persönlich finde, dass es genau die richtige Menge an Besuchern ist, um sich nicht beengt, aber doch in guter Gesellschaft zu befinden. Das Publikum wirkt, für Aschaffenburger Verhältnisse, zu Beginn allerdings noch etwas reserviert. Als nach 'Away' und 'Left My Way' mit 'Dead City Lights' das erste Highlight gespielt wird, steigt der Stimmungslevel allerdings merklich an. An der Performance der Band kann das leichte Hüftleiden der Zuschauer nicht liegen. Vom ersten Takt merkt man, dass sich die Musiker auf die Shows freuen und die Performance und Spielfreude ist unübersehbar. Sowohl die linke Bühnenseite, mit dem Sad Sir und Rainer Sicone di Hampez, ist ständig in Bewegung, am Bangen, steigt auf die Monitore und kommuniziert mit dem Publikum, als auch die rechte Flanke auf der Kirk Kerker dauerhaft am Bangen ist und entsprechend viel Platz beansprucht. Unglaublich, mit welcher Energie er hier zu Werke geht, besonders wenn man ihn als recht ruhigen Ukulele-Spieler im Backstage-Bereich hat sitzen sehen. Eine echte Rampensau heute Abend, der Kerker. Mr. Darkness kümmert sich indes weiterhin rührend um seine Mitmenschen. Der Sad Sir laboriert an einer Stimmbandentzündung und wird mit dem höflichen Kommentar "Sag einfach Bescheid, wenn es nicht mehr geht mit dem Singen" bedacht. (Anm. des Redakteurs - außer dem Sänger hat keiner in der Band ein Mikro, auch nicht für Backings). Apropos Stimme. Hier variiert Darkness regelmäßig zwischen sehr tief und Passagen, die im Vergleich zu den Albumversionen höher angesiedelt sind. Besonders fällt dies bei 'Dying Moments' auf, welches nach dem Rocker 'Demons' recht hoch feil geboten wird. In 'Speed My Drug' wird kurz DANZIGs 'Mother' eingebaut, bevor die Aussage "Ich brauche mal ein paar Vitamine" durch einen Glimmstengel unterstrichen wird. Das anschließende 'Hurter' hebt den Stimmungspegel dann noch weiter an. Geht doch Aschaffenburg! Nach 'Fallen Angel' wird der letzte Song angekündigt. Und in der Tat verschwinden die Fünf nach dem absolut grandiosem 'I Hate' von der Bühne. Allerdings nur für kurze Zeit, dann geht es weiter mit dem Best Of-Programm. Und man hat noch einige Hits und Ohrenschmeichler im Köcher. Das weiß auch der Colos-Saal und feiert die Band bei 'Weakness' gut ab. Auf der Bühne gibt's derweil weiterhin die headbangende und engagierte Vollbedienung, und weil es sich zu schnellen Songs noch besser abgehen lässt, wird 'Tragedy Insane' anstatt als getragener und schleppender Groover als straighter Rocker ins Auditorium geprügelt. So bekommt der Song ein vollkommen neues Gesicht. Spätestens jetzt frisst das Publikum der Band auch aus der Hand, und singt mit 'Happy Birthday' anschließend auch das verdiente Geburtstagsständchen. 'Drink Myself To Sleep' stellt dann für einen Großteil der Fans offenbar den Konzerthöhepunkt dar, erntet es doch die euphorischsten Reaktionen des Abends. Nach 'Sickone' sind bereits zwei Stunden Spielzeit wie im Flug vergangen und Mr. Darkness sagt den letzten Song an. Vor dem Nächsten - wie er anmerkt. 'Bury Me Down' ist dann Melancholie pur, und auch 'Tie Me A Rope... While You're Calling My Name' sollte nicht von Menschen mit akuter Selbstmordgefahr in dieser Intensität konsumiert werden. Puhhh... wie war das mit der guten Stimmung und dem Sonnenschein? Aber 'Goodnight Insomnia' kann dann das Schlimmste noch verhindern, denn hier bekommt das Publikum offensichtlich seine zweite Luft. Welche für die beiden folgenden Songs auch zwingend gebraucht wird. Zwei der stärksten Kompositionen von END OF GREEN beschließen den regulären Set und beweisen, dass die Band irgendwie zwischen vielen Stühlen sitzt und sich dort offensichtlich nicht nur wohl fühlt, sondern auch bestens aufgehoben ist. Denn während 'Death In Veins' wieder die eindringliche Depression in vertonter Natur ist, zeigt 'Dead End Hero', wie man die Ohren melodiös und geschmackvoll mit ordentlich Druck reinigen kann. Jetzt ist allerdings wirklich Schicht - zumindest was die Lautstärke angeht. Während einer kurzen Pause, werden Barhocker auf die Bühne gebracht und es folgt noch ein kleiner, rein akustischer Set. Nur Sad Sir, Kerker und Michelle Darkness betreten zunächst die Bühne und Kerker beginnt zu klampfen. Irgendwie kommt den meisten Anwesenden das Riff doch wahnsinnig bekannt vor, nur nicht von END OF GREEN. Michelle lässt sich nicht lumpen und steigt ebenfalls in 'Wanted Dead Or Alive' von BON JOVI ein. Nach dem ersten Refrain einigen sich die beiden dann aber doch darauf, wieder eigenes Material zu spielen. Schade, hatte mit der tiefen Stimme wirklich Charme. 'Queen Of My Dreams' wird dann nur als Trio vorgetragen, bevor zu 'Slaves' auch Hampez und Lusiffer wieder auf der Bühne erscheinen. 'Nice Day To Die' setzt dann den finalen Schlusspunkt und liefert die Möglichkeit, sich ein letztes Mal ganz tief fallen zu lassen. Die Band lässt sich live zwar nie lumpen und geht mit ihrer Spielzeit alles andere als mit schwäbischer Sparsamkeit zu Werke, doch mittlerweile ist es bereits kurz nach 0:00 Uhr und die Spielzeit von 2 Stunden und 50 Minuten darf für einen einzelnen Act heutzutage als mehr als außergewöhnlich bezeichnet werden. Die Songauswahl ist eine Werkschau aller sieben Alben, und der bunte Strauß Melodien und die Spielfreude, welche die Fans heute geboten bekamen, wird keinen der Anwesenden enttäuscht haben. END OF GREEN beweisen mit solchen Gigs einmal mehr, warum sie 20-jähriges Bandjubiläum feiern dürfen, und sich dabei wachsender Beliebtheit erfreuen. Einfach authentisch, sympathisch und unglaublich emotional. Wer die Chance hat, der sollte sich einen Gig dieser Tour (die im Herbst noch einen zweiten Block spendiert bekommt) nicht entgehen lassen. Setlist: 01. Motor 02. Away 03. Left My Way 04. Dead City Lights 05. Evergreen 06. Demons 07. Dying Moments 08. Under The Sway 09. Killhoney 10. Speed My Drug 11. Hurter 12. Fallen Angel 13. I Hate 14. Tormented Sundown 15. Weakness 16. Die Lover Die 17. Cure My Pain 18. Only One 19. Tragedy Insane 20. Drink Myself To Sleep 21. Sickone 22. Bury Me Down Encore: 23. Tie Me A Rope ... While Your Calling My Name 24. Goodnight Insomnia 25. Death In Veins 26. Dead End Hero Acoustic Encore: 27. Queen Of My Dreams 28. Slaves 29. Nice Day To Die |
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