Allochiria - Throes

Review von Baterista vom 13.06.2017 (5666 mal gelesen)
Allochiria - Throes Knarzend und rumpelnd fährt der Zug durch die Landschaft. Sieht man aus dem Fenster, empfangen einen keine erbaulichen Aussichten oder freundlichen Bilder, stattdessen trostlose Landstriche, Hoffnungslosigkeit, Verlassenheit und Schmerz. Ab und an hört man fast emotionslose Schreie voller Verzweiflung und Zorn.

Nein, das ist nicht der Beginn meines neuen Romans mit einer dystopischen Zukunftsvision. Aber es beschreibt ganz gut das Gefühl, das mich beim Hören von ALLOCHIRIAs zweitem Album "Throes" überkommen hat. Post-Sludge aus Griechenland nennt sich das Genre und in der Tat ist es eine höchst trostlose Angelegenheit, allerdings nur auf der Gefühlsebene. Musikalisch betrachtet ist alles prima. Da Post-Sludge schon per Definition wenig Fröhlichkeit beinhaltet, geschweige denn verbreiten will, ist hier der musikalische Genre-Auftrag schon mal bestens erfüllt.

Der Opener 'Thrust' kommt gleich bedrohlich grollend und mit hängenden Schultern daher, aber es schwingt auch eine schöne Traurigkeit mit, die dem Song eine intensive Atmosphäre verleiht. Es hat ein bisschen gedauert, bis mir klar wurde, dass es sich hier um female-fronted Post-Sludge handelt. Denn die Growls sind so gekonnt emotions- und trostlos geschrien und gekeift, dass sie sich fast neutral anhören. Das muss man auch erstmal hinkriegen. Ein bisschen mehr Abwechslung hätte ich da jedoch schöner gefunden. Aber ich bin nur die schnöde Kritikerin, die sich entspannt am Schreibtisch zurücklehnt und das musikalische Ei anderer bewertet. Trotzdem sei mir der Hinweis an dieser Stelle gegönnt.

Das Tempo der Songs ist eher zurückhaltend bis schleppend, was es nicht so ganz einfach gemacht hat, sich ein paar Mal durch die Scheibe zu hören. Draußen Frühling, die Sonne und so, drinnen geht die Welt unter - das war mitunter ein zu starkes Kontrastprogramm. Da fehlte mir ein bisschen das Einlassen können bei mir. Aber auch das Rezensentenleben ist kein Ponyhof, nicht wahr?
Eine bewegende Atmosphäre aufbauen können sie wirklich gut, die Griechen, und beim Rausschmeißer 'Denouement' gibt es noch mal etwas Biss in Form von langsam, rhythmisch mitnicken können - coole Kombi.

Fazit: "Throes" ist intensive Verzweiflung in vertonter Form. Ich mag so konsequente Geschichten, ein bisschen Schatten ist gut, um das Licht besser sehen zu können. ALLOCHIRIA haben mich gut abgeholt. Etwas mehr Pep dabei hätte ich noch besser gefunden, weil es mich auf Dauer schon etwas emotional ermüdet hat, der Welt beim Untergang zuzuhören. Das ist ein wenig so wie "The Walking Dead" ohne die Momente von "alles wird wieder gut". Man ahnt zwar, dass es nicht von Dauer ist, aber dramaturgisch ist es spannender. Und was wäre die Welt ohne Hoffnung.

Gesamtwertung: 6.5 Punkte
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Trackliste Album-Info
01. Thrust
02. Little Defeats, Tiny Victories
03. Cracking Fractals
04. Lifespotting
05. Counting Fives
06. Denouement
Band Website:
Medium: CD
Spieldauer: 45:45 Minuten
VÖ: 17.03.2017

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