Complex Range - The Madness behind...

Review von Odin vom 07.09.2002 (8102 mal gelesen)
Complex Range - The Madness behind... Den Gitarristen wird von Kollegen angesichts ratternder Riff-Breitseiten vorgeworfen, irgendwelche Drogen zu konsumieren, bevor sie ihre Parts einspielen, die Vocals klingen als stammten sie aus einem entfernten Traum (oder Rausch?) und stilistisch kreieren Complex Range ihre ganz eigene Interpretation von komplexem Metal aus Anleihen von Thrash, Power, Athmosphäre plus X.

Aber bei diesem Bandnamen und einer fast dreijährigen Entwicklungszeit für den ersten Longplayer kann man auch erwarten, nicht mit leichter Kost bedient zu werden. Leider - und damit kommen wir zum Hauptproblem - liegt "The Madness Behind..." wie schon die ersten Demos ("Infected Brain" war das einzig öffentlich verfügbare) vor allem aufgrund der Vocals schwer im Magen.

Die vertrackten Songstrukturen und sogar der trotz unbedrängter Produktion im eigenen Studio für meinen Geschmack viel zu flache Sound lassen sich verdauen. Auf die Vocals legt man nach eigener Aussage nicht viel Wert, was sich auch in der ausgefeilten Arbeit an den Instrumenten äußert, aber dennoch gehört der Gesang natürlich zum Gesamtbild. Und das trübt er leider, denn es gibt keinen ausgesprochen begabten Frontmann in der Truppe und die weiblichen Backings können auch nichts rausreissen. Okay, so richtig schlimm ist es nun auch wieder nicht, schließlich lassen sich die Vocals gut im dichten Gesamtsound verstecken. Denn dicht ist dieser, aber die getriggerten Drums insbesondere sind zu stark angeglichen, man hört die z.B. Bassdrum so gut wie gar nicht.

Dieses zweite Problem läßt sich durch Steigern der Lautstärke relativieren. Tatsächlich offenbaren sich mit zunehmenden Schalldruck noch weitere Feinheiten und Finessen. So kommt die düstere Stimmung insbesondere in "Black Cat" erst richtig zum Tragen (und hier sind sogar die Vocals mal richtig gut). Vielleicht gibt es ja irgendwann mal eine remasterte Version, die dann so richtig knallt...

Musikalisch stellen sich Complex Range wie gesagt vielseitig bis abgedreht dar. Highspeed wechselt mit schleppender Atmosphäre, Maschinengewehrfeuer mit konzertierenden Gitarren. So kommt es, dass man kaum die ganze Vielfalt der Songs beschreiben kann. Deshalb lassen wir hier mal den Bandkopf und Knöpfchendreher Stefan Machwirth zu Wort kommen, der uns das Album in eigenen Worten näher bringt.


Jaaaaaa, dankeschön, Kollege. Zum ersten ist es sicherlich richtig, dass unser Stil nicht einfach zu definieren ist. Wir waren immer in dem Bewusstsein, ziemlich abgefahrenen Stoff zu produzieren. Manchmal hatten wir sogar Angst, diverse Passagen könnten zu straight sein oder gar an "gewöhnlichen" Metal erinnern. Aber alle Reviews bisher bescheinigen uns zu unserer Erleichterung, dass dies nicht der Fall ist. Die Versuche, uns einzuordnen, gehen über "Industrial-Atmospheric-Punk" bis hin zu Space-Metal. Das ist toll, obwohl beim Songwriting kein Kalkül dabei war. Daher spaltet unser Debüt ziemlich. Leute mit Schubladendenken haben gewaltige Probleme, wohingegen aufgeschlossene Fans (interessanterweise aus der Voivod-Fraktion) uns interessanten Stoff bescheinigen.

Eine konzeptionelle Besonderheit des Albums gibt es nicht. Erwähnenswert wäre aber, dass die Songs chronologisch angeordnet wurden. Keine Ahnung, ob wir das nochmal machen, aber die Idee fanden wir ganz interessant. Aufgrund der langen Songwriting-Phase über 3 Jahre (wir sind eher ein Session-Projekt und spielen so gut wie nie live) kann man durchgehende Veränderungen erkennen. Rat Domination ist noch von ruhigen Vocals wie auf dem Infected Brain Demo geprägt. Auf Opera Of A Deep Wound haben wir endlich den Wunsch nach Chören in Realität umgesetzt. Endless Journey lebt von einer Unmenge Gitarrensounds. Bei Firestorm war ich richtig geil auf ein abgefahrenes Gitarrensolo mit viel Echo. Dabei versprüht der Song durch die Akkorde schon irgendwie ein Seventies-Feeling. Nach all dem Speed war das epische Black Cat eine willkommene Abwechselung, den Kontrast zwischen düsterer Strophe und punkigem Gehacke umzusetzen. Total Schizo ist eins meiner Lieblingsstücke. Eine Symbiose des gesamten Albums, dazu mit viel Groove, atemlosen Highspeed-Riffing und einem schönen Refrain, den ich mit C.D. am Mikro bestreite. The End endstand dann kurzfristig, als wir beschlossen, die Spielzeit müsse noch etwas länger werden. Der Song geht ziemlich auf die Zwölf und ist bis auf den durcharrangierten Chor-Refrain aufgrund der kurzen
Entwicklungszeit recht einfach - jedenfalls für unsere Verhältnisse, hihi.

Zum Sound und zu den Vocals gibt es wenig zu sagen: eigenes Studio hin oder her, daraus jetzt ein knallendes Werk a la Andy Classen ableiten zu wollen, ist nicht so einfach. Zum einen war auch im eigenen Studio die Zeit beschränkt (denn wir haben ja Verdienstausfall in dieser Zeit, was auch wieder Kosten bedeutet), zum anderen waren wir bei unserer ersten richtigen Produktion selbst nicht ganz so sicher, wie wir zu klingen haben. Erst beim Mastering lernten wir, was wir beim Mix hätten besser machen können. Das Album hat zwar 'nen breiten Sound, aber zu wenig Druck und Punch. Es klingt sehr gut, wenn man es laut auf grossen Boxen hört, aber macht paar Probleme in normalen Alltagssituationen. Nicht dass wir jetzt unzufrieden wären, aber es ist natürlich nicht perfekt. Wir kämpften mit dem gleichen Problem wie Emperor bei der "Anthems to the welkin at dusk": man sollte alles gleichberechtigt raushören können. Nun wissen auch wir, dass es nicht funktioniert, hahaha! Als erste Reaktion darauf haben wir unser betagtes Triggermodul der Drums endlich mal ausgetauscht und werden auch noch das Gitarrenequipment dieses Jahr auswechseln. Wir versprechen euch, dass wir auf der nächsten Produktion wie ausgewechselt klingen werden. Sobald es Proberaum-Takes gibt, lassen wir das neue Material auf der Homepage erklingen. Tjaaaa, und die Vocals: ein leidiges Thema. Ich bin am Mikro 'ne Notlösung. Glaubt es oder nicht, aber wir haben in 3 Jahren hier keinen Sänger finden können. Grunzer und Brüller gibt's überall, aber 'nen Sänger, der sich dem instrumentalen Schwerpunkt von COMPLEX RANGE unterordnen kann und dabei noch alles gibt, scheint es in dieser Region hier nicht
zu geben. Wir haben jetzt aber auch die Schnauze voll von der
Sängersuche. Bei den nächsten Arrangements wird eine Menge am
Gesang gefeilt. Wir lassen uns da was einfallen. Vielleicht machen wir auch nur noch Chöre, denn da fallen einzelne Schwächen nicht so sehr auf (das 2-stimmige Black Cat hat dem Rezensenten ja auch vom Gesang am Besten gefallen). Vielleicht kommen auch 2765 Effekte drauf - keine Ahnung.

Seid euch bei einem gewiss: unser Debüt ist jetzt raus und es war eine sehr interessante Erfahrung. Nach all dem organisatorischen Business-Scheiss und Studio-Umbau sind wir brandheiss auf neue Songs und legen bald los. Wir werden noch paar Kohlen drauflegen, die Songs werden weiterhin abgefahren bleiben, und das Folgealbum wird euch soundmässig das Toupet von der Birne blasen. So lange stay tuned auf www.complex-range.de, da gibt's dann die Neuigkeiten. Und vor allem: kauft noch paar Stück vom Debüt, damit wir nicht so viel Kohle zuschiessen müssen, har har!

Euer Opa Steve


Danke für diesen - äähh - kurzen Exkurs hinter die Kulissen eurer Arbeit. ;-)

Gesamtwertung: 7.0 Punkte
blood blood blood blood blood blood blood dry dry dry
Trackliste Album-Info
1. Rat Domination
2. Opera Of A Depp Wound
3. Endless Journey
4. Firestorm
5. Black Cat
6. Total Shizo
7. The End
Band Website: www.complex-range.de
Medium: CD
Spieldauer: 46:55 Minuten
VÖ: 01.07.2002

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