Khemmis - Deceiver

Review von Baterista vom 28.11.2021 (6389 mal gelesen)
Khemmis - Deceiver Der Monat November hat es echt gut mit mir gemeint, was die Musik beziehungsweise die zur Review vorliegenden Veröffentlichungen angeht. Alle sehr verschieden, aber tolle Musik. Das neue Album von KHEMMIS wirkt da zum Monatsende hin für mich gleichzeitig wie eine Krönung des Ganzen.

Ich kannte die Band bisher gar nicht und bin echt froh, dass sich das nunmehr geändert hat. Epic Doom steht auf dem Etikett und das ist sicherlich passend. Gleichzeitig ist es auch zu einengend. Klassischer Metal trifft Doom und wildert auch in anderen Bereichen des Genres wie Death und Black. Die Mischung, die dabei herauskommt, ist voller Melancholie, Stärke und Weltschmerz. Zusammengehalten von der großartigen und emotional berührenden Stimme von Phil Pendergast.

Allein der Opener 'Avernal Gate' ist direkt in meine Top Ten der Lieblingssongs 2021 eingestiegen. Der Anfang mit toller, filigraner Akustikmelodie wechselt zu einer zügigen, sehr metallischen, epischen Bridge, die dann in einer doomigen Strophe voller dunkler, schöner Tiefe mündet. Zum Ende werden Dramatik, Düsternis und Melancholie dann nochmals addiert. Dieser gelungene Wechsel zwischen verschiedenen Stimmungen zieht sich nicht nur durch diesen Song, sondern durch das komplette Album. Ist klar, dass sich die Songs dann in entsprechender Länger entfalten müssen, wobei es da sicherlich noch deutlich längere Kandidaten gibt.

Die Band selbst sagt von sich, dass "Deceiver" (Betrüger, Täuscher) ihr bisher düsterstes Album ist. Was ich ad hoc zwar nicht beurteilen kann, jedoch die Bildungslücke der Vorgängeralben zügig schließen werde.

Mir gefällt gerade das Dunkle, die Trauer und Stärke, die in ihr zum Ausdruck kommt. Phil Pendergast und Ben Hutcherson (git, vocs) haben das Titelthema so schön in Worte gefasst, dass ich es hier wiedergeben möchte (in eigener Übersetzung aus dem englischen Original):

Pendergast: "Thematisch geht es in allen Liedern um die vielen Möglichkeiten, wie wir dazu verleitet werden, negative/destruktive Geschichten über uns selbst zu glauben; dass wir kaputt sind, dass wir nicht gut genug sind, dass unsere Gene unser Schicksal bestimmen. Dieser Titel ist das Etikett, das wir unserem Verstand aufdrücken, als eine (negative) Kraft, die uns dazu bringt, diese Geschichten zu glauben."

Hutcherson: “Nicht nur unser Verstand und unser Herz sind für diese Art von Täuschung verantwortlich, sondern auch die Welt um uns herum. Es gibt diese Dialektik zwischen beiden, die Leiden hervorruft. Jeder, der schon einmal mit psychischen Problemen zu kämpfen hatte oder ein Trauma erlitten hat, wird dir sagen, dass der Verstand manchmal eine eigene Bestie ist, mit der es zu ringen gilt. In diesem Sinne werden wir selbst zu Betrügern; wir glauben, dass wir es verdienen, das Gefäß für diesen Schmerz und dieses Leiden zu sein, das uns sowohl von außen als auch von innen zugefügt wird."

Wie wahr, und diese emotional-intellektuelle Tiefe begeistert mich zusätzlich. Ich kann ihnen zumindest nur beipflichten. Möchte jedoch noch hinzufügen, dass wir oft zunächst vor allem unbewusst glauben, diesen oder jenen Schmerz zu verdienen und ihn deshalb ebenso unbewusst so oft wiederholen, bis wir die Täuschung irgendwann als solche erkennen. Sofern uns das gelingt.

Zurück zur Musik und auch zum Fazit: "Deceiver" ist absolut kein Betrüger. Dieses Album packt sofort und man entdeckt auch noch neue Aspekte nach dem mehrmaligen Hören. Durch die gelungene Mischung aus Doom, Heavy Metal, Epic und der Extradosis finsteren Death Metals sowie ein paar schwarzmetallischer Ambients hier und da wird meines Erachtens eine breite Range an Hörern angesprochen. Das Cover-Artwork rundet meiner Ansicht nach das Gesamterlebnis perfekt ab. Für mich ein Meisterwerk und die erste 10 seit ... ich weiß nicht mehr wann.




Gesamtwertung: 10.0 Punkte
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Trackliste Album-Info
01. Avernal Gate
02. House Of Cadmus
03. Living Pyre
04. Shroud Of Lethe
05. Obsidian Crown
06. The Astral Road
Band Website: www.facebook.com/khemmisdoom
Medium: CD + digital
Spieldauer: 42 Minuten
VÖ: 19.11.2021

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