Sea Of Disorder - Merging Land and Sky

Review von Zephir vom 24.05.2015 (5084 mal gelesen)
Sea Of Disorder - Merging Land and Sky Beim kleinen, feinen Wiener Label Talheim Records findet man frische Schmankerl wie die Post-Black-Metaller ELLENDE oder auch die nicht minder genialen Depri-Vertreter LOST IN DESOLATION vom anderen Ende der Welt (hier: Australien). Grund genug also, dem Heimgezücht SEA OF DISORDER eine Chance zu geben, die ihr Debüt ebenfalls über Talheim vertreiben lassen.

Interessanterweise befindet sich meine bisherige Unkenntnis dieses österreichischen Post-Metal-Duos auf dem gleichen Stand wie die Encyclopaedia Metallum im Mai 2015, die wahrhaftig noch keinen Eintrag zu den Newcomern verzeichnet. Deshalb muss an dieser Stelle erst recht kurz auf die Bandmitglieder eingegangen werden. SEA OF DISORDER sind die beiden Cousins Robert Czeko, Gitarrist und Bassist in Personalunion, sowie Christian Hubmann, der ebenfalls Gitarre und Bass spielt, darüber hinaus auch Schlagzeug und Keyboard. Eine Menge Instrumentarium für zwei Leute, die übrigens bereits 2012 eine selbstbetitelte EP in Eigenproduktion herausgebracht haben, aber es sind auf den Aufnahmen auch Gastmusiker dabei. Gegründet haben die beiden SEA OF DISORDER, so erzählt es die Legende, nach einem gemeinsam besuchten OPETH-Konzert. Das bedeutet aber nicht, dass wir es hier mit einem Prog-Death-Verschnitt zu tun haben, obwohl die progressive Richtung schon einmal stimmt.

Das nun vorliegende erste Album trägt den klangvollen Namen "Merging Land and Sky" - ein Titel, der für eine solche Musikmischung wohl kaum treffender hätte gewählt werden können. Die sechs Titel des Albums sind wechselweise irdisch-schwerer Post-Doom mit Sludge-Einflüssen, noisige Prog-Avantgarde oder astreiner verträumter Post-Rock bis hin zu himmlisch gaze-igen Zügen. Beginnen tut 'Ghost Of Yesterday' mit industriell anmutender Düsternis und baut dann über ein zähes Ostinato-Riffing eine Spannung auf, die sich im archaischen, aber beherrscht geführten Gegröle von Gastsänger Jason Watkins (MOUTH OF THE ARCHITECT) entlädt. Hier geben sich SEA OF DISORDER urban und modern, experimentieren ein wenig mit Technik und Rhythmik und verblüffen den Hörer im folgenden Titel, '1953', umso mehr: Alles ist hell und leicht, wir schweben, wir träumen nunmehr weltentrückte instrumentale Post-Rock-Träume. Die vielen typischen Wiederholungen haben etwas Hypnotisches, aber man muss auch dazu aufgelegt sein.

Titeltrack 'Merging Land And Sky' ist die Apokalypse schlechthin, aber sie kommt nicht explosionsartig über uns, sie frisst sich zunächst mit unruhigem und überpräsentem Hi-Hat-Puls langsam ins Land. Erst gegen Ende des Songs heult die Gitarre klagend in höheren Klanggefilden, was zum handfesten Organ des nächsten Gastsängers Joshua Wing (SÓL) faszinierend kontrastiert. Der Spannungsbogen wird indes nicht gelöst, sondern fadet einfach im Nirgendwo aus, damit anschließend 'Falling Giants' blastartig losprügeln kann. Man wähnt sich beinahe im puren Metal, bis die sich multiplizierenden Gitarren, eingebaute Sprachsamples, elektronische Synthie-Effekte und abrupte Tempowechsel abermals in die (Post-)Modernität der ganzen Angelegenheit zurückführen. In diesem Stück geben die Musiker alles, so scheint es, und 'As The Clouds Disperse' braucht man dann auch als Hörer für eine Art Verschnaufpause (hier wird auch gesungen, aber clean, es klingt nach Simon und Garfunkel - das ist ein Kompliment an den dritten Gastsänger, Thomas Torsson von EF).

'Horizon' wiederum ist ein ausgesprochen progressiver Track, der mit vielen interessanten Details spielt: im Genre ungewöhnlich pur erscheinende Tondissonanzen, jazzige Basslinien, die Freude am Experiment mit elektronischen Effekten und mit - einer Tuba …? -, um nur einige aufzuzählen.

Am Ende des Albums bin ich überrascht, dass doch so viel Neues und Ungewohntes zu hören war (und ist). Mehrmaliges Rezipieren empfiehlt sich auf jeden Fall; "Merging Land And Sky" erfordert entweder ein Progressive-geschultes Hörverhalten oder aber höchste Konzentration, wenn sich die Arbeit, die SEA OF DISORDER hier gleistet haben, zu voller Wirkung entfalten soll.

Gesamtwertung: 7.0 Punkte
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Trackliste Album-Info
01. Ghost Of Yesterday (featuring Jason Watkins)
02. 1953
03. Merging Land And Sky (featuring Joshua Wing)
04. Falling Giants
05. As The Clouds Disperse (featuring Thomas Torsson)
06. Horizon
Band Website:
Medium: CD
Spieldauer: 57:39 Minuten
VÖ: 06.04.2015

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