Interview mit Rob Halford von Halford

Ein Interview von Elvis vom 10.12.2009 (7352 mal gelesen)
Die lebende Legende Rob Halford hat mit seinem neuen Solowerk "Winter Songs" ein Album mit Weihnachtsliedern aufgenommen und einmal mehr seine Metalgemeinde überrascht. Die Gelegenheit, persönlich mit dem Metal God zu sprechen, nahmen wir daher natürlich gerne wahr - lest selbst, was die lebende Legende nach einer beiderseits schmeichelhaften Einleitung des Interviews zu seinem Weihnachtsalbum, Songwriting, britischen Vibes, vorweihnachtlichen Liveshows, den aktuellen Plänen von JUDAS PRIEST, dem Internet und der Zukunft des Metal im Allgemeinen zu sagen hat.

Viel Spaß mit dem Evangelium nach Rob Halford!

Rob Halford: Hallo, hier spricht Rob Halford!

Hallo Rob, schön von Dir zu hören.

Rob Halford: Die Freude ist ganz meinerseits, wie geht's Dir heute Abend, mein Freund?

Ausgezeichnet, insbesondere, wenn man bedenkt, dass mir grade die Ehre zuteil wird, mit Mr. Rob Halford persönlich zu sprechen.

Rob Halford: (lacht) Wo genau seid ihr denn in Deutschland?

Wir befinden uns in Richtung Köln, grob gesprochen.

Rob Halford: Sehr gut, Köln ist ein gutes Pflaster für Heavy Metal.

Definitiv, das ist es.

Rob Halford: Verdammt stark, ja.

So, wie geht's Dir, Rob?

Rob Halford: Mir geht's gut, ich telefoniere jetzt seit fünf oder sechs Stunden mit meinen Metalfreunden in der ganzen Welt. Das waren etliche sehr interessante und informative Interviews über das, was grade im Leben des Metal God so passiert.

Noch nicht müde, Rob?

Rob Halford: Nein, ich bin niemals müde, dazu spreche ich viel zu gerne über Metal. Ich bin glücklich über jede Gelegenheit, die sich dazu bietet, insbesondere, wenn's über eine Verbindung wie in Deinem Fall Bleeding4metal.de geht, was ja in Deutschland eine vielbesuchte Website ist. Das ist ein großartiger Weg, Neuigkeiten aus dem Metalbereich unter die deutschen Metalheads und sonst in die Welt zu bringen.

Dankeschön! Okay, dann sprechen wir doch mal ein wenig über das neue HALFORD-Album.

Rob Halford: Klingt nach einer guten Idee, also schieß los!

So, "Winter Songs" - Ich habe gehört, es sei eine Herzensangelegenheit für Dich gewesen, dieses Album aufzunehmen.

Rob Halford: Nun, ja, insofern es eine Art persönliches Statement ist, auf alle Fälle. Zum Glück fühlte jeder in der Band sich ähnlich stark wie ich dazu hingezogen, ein Album für diese besondere Zeit des Jahres zu machen. Ich denke, es ist natürlich eine ungewöhnliche Veröffentlichung, sicherlich nicht die typische Art, die ich sonst pflegen würde. Dennoch, ich glaube musikalisch betrachtet, wenn man sich mal meine musikalische Karriere vor Augen führt, ist es gar kein so weiter Sprung. Ich nehme an, einige der Botschaften, insbesondere die Texte, sind schon sehr anders. Dennoch denke ich, musikalisch und klanglich ist es schon angenehm, soweit es die Verbindung meiner Person mit der Musik betrifft, die da aus den Lautsprechern kommt.

Was ist Dein persönlicher Lieblingssong auf dem Album?

Rob Halford: Das ist eine gute Frage. Wir haben sehr viel Arbeit investiert, um sicherzugehen, dass jeder einzelne Track individuell und voller Charakter ist. Ich denke, der Opener ist ein wirklich starker Metalsong, der naturgemäß sofort zu einem meiner Favoriten anvanciert ist. Letztlich bedeutet mir jedoch jeder einzelne Song für sich etwas. Ich nehme an, das hängt auch davon ab, in welcher Stimmung ich bin und wie ich mich fühle, was ich grade denke, welche Art von Musik ich in dem Moment möchte, welche Emotion ich in welchem musikalischen Tempo und Struktur gerade genießen möchte. Ich glaube nämlich, behaupten zu dürfen, dass wir Musik stets abhängig von unserer Stimmung zur jeweiligen Zeit des Tages genießen. Manchmal mag man eben Speed Metal hören, manchmal klassischen Metal, das bedeutet mir jedenfalls dann immer etwas anderes, je nachdem, wie ich mich grade fühle. Auf alle Fälle liebe ich den Opener 'Get Into The Spirit', das ist ein großartiger Anfang, die Reise durch das Album und die Songs zu beginnen.

Was ich sehr interessant fand, war, dass Du kürzlich in einem Interview meintest, dass 'Christmas For Everyone' sehr britisch sei als Song. Ich konnte das als Beschreibung sehr gut nachvollziehen, da ich erst letztes Jahr kurz vor Weihnachten ein paar Tage in Großbritannien war.

Rob Halford: Dankeschön, ja, der Song ist sehr spontan entstanden. Die Idee dazu kam mir, als ich gerade zum Studio fuhr. Als Musiker können Inspirationen zu allen Zeiten zu Dir kommen. Manchmal wacht man mitten aus einem Traum im Bett liegend auf und hat einen Song im Kopf, das ist ein verrücktes Gefühl. Für 'Christmas For Everyone' kamen mir Melodie, Hooks und alles andere in den Sinn als ich grade zum Studio fuhr. Ich sprintete hinein, schnappte mir das Mikrofon und sang schnell eine sehr schemenhafte, skizzierte Rohform des Songs ein. Als er fertig war, war mein erster Gedanke, "Wow, das kam direkt von zuhause aus England." Er hat einfach diesen britischen Vibe, der mich an die Siebziger erinnert, diese Siebziger-Attitüde. Und da ich natürlich in den Siebzigern dabei war, war das ein wichtiger Teil meines Lebens als Musiker. Nun ja, vielleicht gab mir all die Musik, an der ich gearbeitet habe, eine Art unterschwellige Idee für diesen speziellen Titel. Es ist ein amüsanter Song geworden mit einer netten, kleinen Botschaft, einer starken Melodie und tollen Hooks, er funktioniert einfach gut.

Das ist einer meiner persönlichen Favoriten auf "Winter Songs". Mir hat auch sehr gut gefallen, wie Du 'Come All Ye Faithful' interpretiert hast. Die Herangehensweise ist ziemlich klassisch und trifft für meine Begriffe superb die Seele des Songs.

Rob Halford: Dankesehr! Ja, es ist ziemlich militärisch gehalten, wenn man sich mal die Drums anhört, die rollende Snare, die krachenden Cymbals und der Bass Drum Klang. Mich erinnert es ein wenig daran, wie es klingen würde, wenn die Coldstream Guards den Song vor dem Buckingham Palace intonieren würden (lacht). Er hat ein tolles Feeling und ist ein wundervoller Abschluß für das Album meiner Meinung nach. Die Atmosphäre ist fabelhaft und er versprüht ein starkes Weihnachtsgefühl, wenn man ihn sich anhört.

Eine tolle Aufnahme, zweifellos. Gibt's eine Chance, dass wir vielleicht mal etwas von der Platte live hören werden? Eventuell ein paar HALFORD Shows?

Rob Halford: Weißt Du, das ist eine Frage, die mir all meine Freunde, mit denen ich in den letzten beiden Wochen gesprochen habe, gestellt haben, "Wann machst Du ein paar Liveshows?" und ich muss eingestehen, dass ich gar nicht wirklich über die Möglichkeit nachgedacht habe, dass meine Fans diese Musik live hören wollen könnten. Da habe ich vielleicht einen kleinen Fehler begangen. Als ich das Album aufnahm, dachte ich nicht, dass es ein Bedürfnis für ein paar Liveshows zum Support der Platte geben könnte, und jetzt ist es einfach zu spät, um noch ein paar Termine anzusetzen. Es ist zu wenig Zeit für Planung und Promotion übrig. Aber ich denke, wenn sich das hier als ein starker Moment für die Band erweist und die Fans es unterstützen, werde ich darüber nachdenken, das nächstes Jahr vor Weihnachten zu machen. Momentan haben wir auch nur 40-45 Minuten an Material dafür, was für eine volle Show nicht genug ist. Und wenn ich eine Show machen sollte, dann möchte ich nur diese Art von Musik spielen, um diese Atmospähre zu wahren. Ich möchte nicht Weihnachtslieder spielen, danach ein paar HALFORD-Songs und dann noch diverse andere Sachen. Dann möchte ich mich schon auf den Geist der Feiertage und Weihnachtszeit konzentrieren. Nun ja, vielleicht bin ich ja nächstes Jahr in der Lage eine Art HALFORD Weihnachtsshow nach Deutschland und an ein paar andere Orte zu bringen, um eine gute Zeit mit der Musik und dem Geist dahinter zu haben.

Das könnte echt interessant werden. Etwas völlig anderes, doch ich denke, es könnte eine tolle Show werden.

Rob Halford: Ja, da gibt es nicht wirklich viel in dem Bereich. Wenn man mal drüber nachdenkt, zu dieser Jahreszeit, weltweit gibt's da nur eine handvoll Leute, die so etwas tun. TRANSSIBERIAN ORCHESTRA ist natürlich ein Name, dann gibt's noch MANNHEIM STEAMROLLER - wie sieht's in Deutschland aus? Ich weiß natürlich, dass ihr traditionelle deutsche Musik habt, aber wie sieht's im Rock- und Metalbereich aus? Gibt's da irgendwen, der in Deutschland tourt?

Nein, nicht wirklich. Vielleicht was aus dem Pop- und Softrock-Bereich, jedoch kein Rock und kein Metal.

Rob Halford: Ich kann mir gut vorstellen, was für ein großartiges Gefühl es sein dürfte, wenn alle sich 'Get Into The Spirit', 'We Three Kings' oder 'Come All Ye Faithful' live anhören, das könnte sehr kraftvoll und emotional werden. Also, drücken wir sämtliche Daumen, einfach alle Metaldaumen, dass es nächstes Jahr zustande kommt.

Ich fände es super. Allgemein wäre es natürlich angesichts der Stärke Deines Solowerks klasse, mal wieder eine HALFORD-Show zu sehen.

Rob Halford: Nochmals dankeschön! Natürlich ist letztlich JUDAS PRIEST das, was mein Leben im Metalbereich bestimmt. Die letzten Jahre waren wir sehr beschäftigt mit diversen Veröffentlichungen und den dazugehörigen Tourneen. Jüngst waren wir ja auf einem nahezu zwei Jahre währenden Trip um die ganze Welt und haben zuerst für das "Nostradamus"-Album getourt und zuletzt für das anstehende Jubiläum von "British Steel". Dort steckte und steckt natürlich am Ende mein Herz und wird es auch immer, doch da ich stets auch in die Metal-Zukunft blicke, wird's vielleicht auch mal wieder einen passenden Moment geben, die HALFORD-Band auf Tour zu führen.

Gibt's eigentlich noch den Plan, "Nostradamus" komplett im Rahmen einer Theater-Tournee aufzuführen?

Rob Halford: Ich denke, dass es sehr stark wäre, wir haben darüber bei der kürzlich in Japan zuende gegangenen Tour auch gesprochen. Es ist eine der vielen Ideen, die wir uns anschauen werden und den Fans das Ergebnis zu gegebener Zeit mitteilen werden. Anfang 2010 werden wir ein Statement an die Presse herausgeben, in dem wir all unsere JUDAS PRIEST-Fans da draußen wissen lassen werden, was wir nächstes Jahr live-technisch vorhaben.

"Nostradamus" war meiner Ansicht nach ein sehr starkes Album. Auch wenn es als Konzeptalbum vielleicht nicht jedem gefallen hat, denke ich, dass es unglaublich wäre, das Album in seiner Ganzheit live zu erleben.

Rob Halford: Dem stimme ich zu und einige der Songs, die wir davon live gespielt haben, wurden auch sehr gut aufgenommen. Wenn nur diese handvoll Songs von "Nostradamus" live einen derartigen Effekt und solche Reaktionen hervorrufen kann, habe ich bereits eine Vorstellung davon, wie außergewöhnlich eine komplette Show mit der ganzen Musik sein dürfte. Es ist meiner Meinung nach die Art Platte, die in ihrer eigenen Welt viel stärker zur Geltung kommen dürfte, eben wenn sie vollständig aufgeführt wird. Das ist ein bisschen wie mit meinem Kumpel Geoff Tate von QUEENSRYCHE, deren Konzeptalben live ja auch unglaublich sind und nochmals irgendwie eine viel stärke Verbindung schaffen. Wenn wir "Nostradamus" live aufführen, könnten wir vielleicht ähnlich große Momente gemeinsam erreichen.

Ich hoffe, dass es klappt. Wenn man bedenkt, dass Du kürzlich Deine eigene T-Shirt-Linie gestartet hast, äußerst prominent im "Brütal Legend"-Videospiel mitgewirkst hast und bei all dem, was in den letzten Jahren in der Welt von JUDAS PRIEST passiert ist, scheint es, dass der Metal God mit 58 beschäftigter ist als jemals zuvor.

Rob Halford: Ich weiß, das ist verrückt, an sich sollte ich langsamer machen als immer schneller zu werden (lacht). Das zeigt wohl letztlich mit welcher Leidenschaft ich all das tue. Ich liebe einfach alles, was Metal betrifft, ob's nun vordergründig die Musik ist oder die Erfahrung mit dem Videospiel oder die Bekleidungsfirma oder auch das Plattenlabel. Ich tue einfach, was ich kann, um die Zeit in der Heavy Metal Szene zu genießen. Natürlich ist Metal auch mittlerweile ein derart starkes, globales Phänomen geworden, dass es jede Menge Möglichkeiten für Metalheads wie mich gibt, all die Chancen und Gelegenheiten wahrzunehmen.

Was ich auch extrem bemerkenswert finde, ist dass Du, meiner Meinung nach jedenfalls, einer der ersten ganz großen Metallegenden warst, die das Internet als Medium entdeckt, gradezu umarmt und darüber eine enge Bindung zu den Fans aufgebaut hast.

Rob Halford: Als es erfunden wurde, war mir schnell klar, dass es ein sehr bedeutsamer und wichtiger Moment nicht nur für die Musik, sondern auch für den Rest der Welt sein würde und es stellte sich heraus, dass es noch mehr als das wurde. Mittlerweile sind wir weltweit 24h am Tag vernetzt. Wenn das Internet sterben würde, würde meiner Meinung nach, ehrlich gesagt, die Welt untergehen und alles kollabieren. Es ist Wahnsinn, wie sehr es alles übernommen hat und dabei gibt es erst nur wenige Jahre im Vergleich. Soweit es die Musik betrifft, verbinde ich überwiegend positive Assoziationen damit. Manche sind natürlich auch nicht so gut, doch grade für neue Bands bietet es großartige Möglichkeiten, z.B. seine eigene Website zu gestalten, die Band auf YouTube, MySpace oder Facebook zu bringen und dort zu zeigen, was man kann. Der Effekt ist im Ergebnis für den Metal fantastisch.

Es bietet viel mehr Verbindung zu allem, was Musik betrifft, ist viel aktueller und alles ist viel näher an den Fans als in der Vergangenheit. Was ist denn Deiner Meinung nach der Hauptunterschied zwischen der heutigen Zeit und früher, sagen wir mal, zwanzig oder dreißig Jahren in der Vergangenheit? Du warst dabei und hast es alles miterlebt.

Rob Halford: Nun, ich denke, der Hauptunterschied ist die Geschwindigkeit, in der wir heute leben. Unglücklicherweise geschieht mittlerweile alles so schnell. Viele der jungen Generation haben einfach nicht mehr die Zeit, sich wie wir einfach mal die Zeit zu nehmen und wie wir früher lange in einem Plattenladen zu stöbern. Nachdem wir damals eine neue Vinylscheibe gekauft hatten, setzten wir uns immer zusammen hin und hörten uns alle Titel in Ruhe gemeinsam an. In der heutigen Welt besteht alles aus schnellen Stückchen Information, ob's nun Texte sind, Twitter oder ähnliches, Nachrichten, Fernsehen, es ist einfach eine verrückte Welt geworden. Zum Glück wird es immer Nachschub an neuem Metal geben, das ist die Hauptsache, worüber ich auch sehr glücklich und aufgeregt bin. Vielleicht werden irgendwann in der Zukunft CDs langsam verschwinden und alles wird mehr so werden im Stile von "Ein Song hier, ein Song da, ein Sort dort, ein Song sonstwo", was jedoch in Ordnung ist. Die Musik wird niemals sterben, doch der Weg, wie wir sie uns anhören, wird sich definitiv ändern. Er ändert sich bereits jetzt, doch solange es immer Nachschub geben wird, vor allem an neuem Heavy Metal, ist das doch die Hauptsache.

Das hoffe ich doch sehr, Metal hat schließlich ein unglaubliches Comeback in den letzten Jahren hingelegt.

Rob Halford: Absolut, ja, es ist unglaublich, nicht wahr? Wie er wieder alles übernommen hat und egal, wohin Du in der Welt kommst, Du siehst überall Metalbands, nicht nur in unseren eigenen Ländern wie Großbritannien und Deutschland. Es gibt Metalbands an Orten, an denen man es sich niemals vorstellen könnte. Das zeigt uns, wie mächtig diese Musik ist, es ist unfaßbar.

Ein kleines Schlusswort für Deine deutschen Fans noch?

Rob Halford: Ich danke Dir vielmals für das Interview, wünsche Euch ein ausgesprochen frohes Weihnachtsfest und ein äußerst erfolgreiches, glückliches und friedliches neues Jahr. Für 2010 freue ich mich schon sehr darauf, wieder nach Deutschland zu kommen und noch mehr Metal dorthin zu bringen.

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