Interview mit Lita Ford, Jim Gillette von Lita Ford

Ein Interview von Elvis vom 06.12.2009 (11395 mal gelesen)
Im Zuge der Veröffentlichung des starken Comebacks "Wicked Wonderland" hatten wir die Gelegenheit, mit Lita Ford und ihrem Ehemann Jim Gillette zu telefonieren. Trotz der aktuellen Tour-Strapazen - man ist in den USA unterwegs mit QUEENSRYCHE - ließen sich beide nichts davon anmerken und zeigten sich von ihrer besten Seite als überaus angenehme und freundliche Zeitgenossen. Lest selbst, was das schillernde Paar über das verruchte Wunderland zu sagen hat, wie man auf einsamen Inseln eine Platte macht, wie stressig Festivaltouren sein können, warum sie am liebsten sofort wieder nach Deutschland kommen würden und wie es so ist, wenn Mom eine Rock 'n' Rollerin ist, die mal nebenher die Königin in einem Videospiel mimt - und all das unter der Prämisse eines intakten, liebevollen Familienlebens.

Viel Spaß in der bunt-verruchten Welt der Gillettes, die letztlich erfrischend normal ist!

Lita Ford: Hallo, ich bin's, Lita!

Hallo Lita, schön, mit Dir zu sprechen!

Lita Ford: Freut mich ebenso!

Zunächst, wie geht's Dir?

Lita Ford: Oh, mir geht's ziemlich gut! Wir haben gerade eine sehr, sehr lange Fahrt von Lake Tahoe, Nevada, nach New Orleans, Louisiana, hinter uns. Das hat ungefähr drei Tage gedauert. Als wir in New Orleans ankamen, brauchten wir jetzt erstmal eine Dusche.

Wie läuft die Tour mit QUEENSRYCHE bislang denn?

Lita Ford: Es läuft großartig, absolut ausgezeichnet. Die Fans reagieren super auf uns und die Jungs von QUEENSRYCHE sind auch ausgesprochen gut zu uns. Es ist wirklich sehr, sehr gut mit tollen Reaktionen und einem verdammt wilden Publikum.

Du hast ja mit "Wicked Wonderland" kürzlich ein neues Album herausgebracht und natürlich möchte ich gerne ein wenig über die Platte plaudern. Zuallererst, wie zufrieden bist Du denn mit den Reaktionen auf das Album, jetzt wo Ihr die neuen Songs erstmals richtig live präsentiert?

Lita Ford: Wir hatten echt tolle Rezensionen bislang, bei Amazon.com war es sogar vier Wochen auf Nummer 1, was natürlich klasse ist. Ich glaube, die Leute mögen es wirklich gern. Natürlich ist es nicht 'Kiss Me Deadly' und auch nicht 'Close My Eyes Forever', es ist ein wenig härter vom Klang her und ich mag das. Das ist genau mein Ding. Ich wollte etwas schaffen, was rockt, kein langsames, langweiliges Album voller Balladen. Ich wollte einfach mal wieder so richtig rocken.

Der Klang des Albums ist, wie Du schon gesagt hast, ja viel düsterer als Deine alten Alben. Denkst Du, dass es daran liegt, dass 2009 einfach nicht mehr 1988 ist oder ist es aus Deiner Sicht ein genereller Perspektivenwechsel, der dahinter steht?

Lita Ford: Ich denke nicht, dass 2009 etwas damit zu tun hat. Wir leben schon seit vielen Jahren auf einer einsamen Insel und auf unserer Insel haben wir keine aktuelle Musik. Wir schauen kein MTV oder VH1, wir schauen gar kein Fernsehen, wir hören kein Radio. Wir wissen gar nicht, wie sich heutzutage Musik allgemein anhören sollte, wenn man jemanden fragen würde. Dieses Album haben wir einfach aus unseren Herzen heraus geschrieben und das ist eben das, was dabei herauskam, etwas Hartes.(lacht)

Du hattest eine Menge Einfluß von Deinem Ehemann, Jim Gillette, nehme ich an, richtig?

Lita Ford: Oh ja, absolut! Würdest Du gerne mal mit ihm sprechen?

Klar doch, gerne!

Lita Ford: Warte mal kurz, gleich kommt Jim.

Jim Gillette: Hallo, ich bin's, Jim!

Hi, Jim!

Jim Gillette: Wie geht's Dir so?

Gut, danke, wie schaut's bei Dir aus?

Jim Gillette: Sehr gut, ein bisschen müde vielleicht, da wir jetzt schon einen Monat auf Tour sind, insgesamt jedoch echt gut, Kumpel!

Das freut mich zu hören, ich finde Deine NITRO-Sachen von früher echt klasse.

Jim Gillette: Vielen Dank!

Mittlerweile hat sich Dein Sound doch ziemlich verändert, oder?

Jim Gillette: Klar, es würde auch ziemlich lächerlich klingen, auf der Platte so zu singen wie früher (lacht), das wäre einfach nicht richtig! (lacht wieder)

Ich meine, Du siehst ja auch komplett anders aus heutzutage, was jedoch ziemlich cool ist... schließlich ist es 2009 und nicht mehr Mitte der 80er.

Jim Gillette: Weißt Du, es ist lustig, dass Du grade das sagst, denn genauso fühlen wir uns. Als wir diese neue Platte gemacht haben, ich meine, wir waren so lange fort, doch wir haben nicht versucht, so wie früher zu klingen. Wir haben einfach das gemacht, was uns in den Sinn kam - ohne uns um den Klang, musikalischen Stil oder sonstwas zu scheren, wir haben einfach geschrieben und geschaut, was passiert. Genauso haben wir's gemacht und wir sind echt glücklich mit dem Ergebnis. Gefällt's Dir?

Yeah, ich finde die neue Platte richtig gut! Du hast, glaube ich, in einem anderen Interview gemeint - und dabei stimme ich Dir völlig zu - wenn man sich das Album eine gewisse Zeit lang anhört, stellt man fest, dass es immer noch wie Lita klingt und nicht nach irgendetwas anderem. Es ist immer noch Lita, bloss härter und etwas düsterer, was mir im Ergebnis wirklich gut gefällt.

Jim Gillette: Und es ist vor allem ehrlich. Sie konnte das Album machen ohne dass ihr irgendwelche Businesstypen in Anzügen reingeredet haben, so im Sinne von "Laß uns das so und das so machen, das verkauft bestimmt zehn Millionen Alben, also laß es uns einfach ähnlich machen wie das hier.". Wir hatten keinerlei Ahnung, was aktuell oder beliebt ist, wir leben schließlich auf einer einsamen Insel. Deshalb hatten wir keinerlei äußere Einflüsse und dachten uns nur, "Mal schauen, wohin uns das führt.". Wir haben das Album sogar teils zuhause aufgenommen, ich habe die ganzen Aufnahmen, die bei uns zuhause gemacht wurden, getätigt, es war also noch nicht mal eine außenstehende Person dabei. Es gab nur uns im Studio, was schon ziemlich nett war. Wenn wir uns mal nicht nach Aufnahmen fühlten oder der Vibe einfach fehlte, es sich einfach nicht gut anfühlte, dann sagten wir uns einfach "Okay, dann machen wir's eben morgen.". Wohingegen vor zwanzig Jahren, wenn Du Dich nicht großartig fühltest oder der Vibe einfach nicht da war, man einfach weitermachen musste, da der Spass ja locker 2.000$ am Tag kostete. (lacht) Man fühlte sich einfach schuldig, wenn man es dann nicht tat, so im Sinne von "Wir verlieren 2.000 Kröten ansonsten, also schwinge ich meinen Arsch besser dort hinein.". Zuhause aufzunehmen, ich liebe das einfach.

Mir gefällt vor allem auch das von Piggy D. (Bassist von ROB ZOMBIE) gestaltete Artwork sehr gut.

Jim Gillette: Der ist wirklich außergewöhnlich, ja.

Es ist wirklich ausgesprochen fantastisch, eines der besten Artworks, die ich seit langer Zeit gesehen habe.

Jim Gillette: Weißt Du, wir hofften darauf und waren recht zuversichtlich, doch er hat unsere Erwartungen echt übertroffen. Alles, was er von uns an Informationen hatte, waren die Lyrics zu den Songs und wir sagten bloss: "Hör zu, Piggy: mach' einfach, tu, was immer Du möchtest, scher' Dich nicht drum, wie sie früher aussah oder was für einen Stil sie hatte. Benutz einfach Deine Fantasie und diese Texte.". Die Texte zeichnen das Bild UNSERES "Wicked Wonderland". Das ist das, was meine Frau und ich gerne miteinander anstellen. Dennoch wollten wir das Artwork nicht so derart spezifisch. Nur weil wir gerne etwas Sexuelles anstellen, heißt das nicht, dass Du etwas davon sehen möchtest. Wir wollten, dass das Artwork Dir hilft, über dein eigenes "Wicked Wonderland" zu fantasieren. Ich denke, dass ihm das wirklich gelungen ist, auch mit dem eigentlichen Cover. Auch wenn darauf nichts wirklich sex-spezifisches zu sehen ist, ist es aus meiner Sicht aus irgendeinem Grund ein sehr erotisches Bild. Das ist lustig, bei der brennenden Stadt, dem Freizeitpark-artigen Zeug und der Ziege mit der Gasmaske. (lacht) Du würdest es vielleicht nicht für erotisch halten, doch ich finde es sexuell echt stimulierend.

Das kann ich gut verstehen, mir hat's ebenfalls von Anfang an gefallen.

Jim Gillette: Großartig, freut mich wirklich sehr, dass Du es magst, Kumpel. Wenn man sein Herz und seine Seele in etwas hineinsteckt, hofft man immer, dass andere Leute es kapieren und hoffst, dass sie dem Ganzen eine Chance geben und es genießen, doch sicher bist Du nie, insbesondere nicht, wenn Du es so angehst wie wir. Wir waren seit Jahren auf unserer Insel, ohne Fernsehen, ohne Radio oder Rockmagazine, nichts, gar nichts. Wenn Du so derart isoliert bist, dann steckst Du einfach nicht drin und hast keine Ahnung. (lacht) Wir sind echt sehr, sehr aufgeregt wegen der Rezensionen, die wir bekommen.

Gut, dass Du es erwähnst: seid ihr zufrieden mit den Rezensionen und der Reaktion auf das Album von Seiten der Presse, der Fans und natürlich auch des Publikums bei den Konzerten?

Jim Gillette: Absolut! Von ungefähr hundert Rezensionen, die ich gesehen habe, waren vielleicht fünf bis zehn schlecht und etwa neunzig sagten, dass es ein großartiges Album sei. Besser kann's doch gar nicht laufen, niemandem gefällt schließlich alles. Keiner mag genau die gleichen Sachen und es ist wirklich überwältigend deutlich auf der positiven Seite. Und die Konzerte: einfach unglaublich. Ich weiß nicht, ob Lita Dir erklärt hat, wie wir das jetzt auf der Tour machen. Wir sind ja auf Tour mit QUEENSRYCHE und tatsächlich sind die unsere Band.

Davon habe ich schon mal was gehört.

Jim Gillette: Wir kommen während des QUEENSRYCHE-Sets auf die Bühne, ungefähr zur Halbzeit. Geoff Tate stellt Lita vor, sie kommt raus und singt 'Crave', danach singen wir zusammen 'Patriotic S.O.B.' und wenn ich die Bühne verlasse, kommt Geoff Tate wieder und singt mit Lita zusammen 'Close My Eyes Forever'.

Das klingt super.

Jim Gillette: Oh ja, es ist echt klasse. QUEENSRYCHE-Fans sind ziemlich schwer zu knacken, das sind wirklich beinharte Fans von QUEENSRYCHE, von daher weiß man nie so recht, wie die Reaktion ausfallen wird, doch es ist echt unglaublich. Ich meine, Standing Ovations, die ganze Halle dreht durch, es ist ein absolutes Highlight der Show. Ist schon lustig, wir spielen nur drei Songs und jeder will mehr. Das ist ein feiner Teaser.

Ich habe eine Eurer europäischen Festivalsshows diesen Sommer gesehen, als Ihr beim Gods Of Metal in Monza gespielt habt. Ich bin nicht ganz sicher, da wurde von der neuen Platte nur 'Crave' gespielt, meine ich jedenfalls.

Jim Gillette: Genau, 'Crave' und vielleicht auch 'Betrayal'? Ich weiß es nicht mehr genau, aber wir haben auf alle Fälle 'Crave' gespielt. Hat's Dir gefallen?

Sicher, das hat er. Den Song kannte ich damals ja nicht, weswegen er schon ein bisschen herausstach zwischen 'Kiss Me Deadly' und den anderen alten Songs. Doch, er hat mir da schon gefallen.

Jim Gillette: Cool! Jetzt im Moment spielen wir bei einer regulären Show vier oder fünf neue Songs und ungefähr genausoviele alte Songs. Das funktionert ziemlich gut, wir machen Blöcke mit jeweils ein paar alten und ein paar neuen Songs abwechselnd... das fließt schön ineinander über. Obwohl die neuen Sachen ein bisschen härter sind, funktionert das gut.

Wie kam es dazu, dass Lita wieder Musik macht? 2006 hat sie ja mit Dee Snider zusammen 'I'll Be Home For Christmas' für das TWISTED SISTER Weihnachts-Album "A Twisted Christmas" gesungen. War das schon eine Vorausdeutung damals oder mehr so eine einmalige Zusammenarbeit, weil Ihr Dee Snider sehr gut kennt?

Jim Gillette: Dee und seine ganze Familie sind sehr gute Freunde von uns und Lita kennt Dee wirklich schon seit etlichen Jahren. Ich denke schon, dass Dee im Hinterkopf darüber nachdachte, dass es Lita vielleicht wieder hervorlocken könnte, als er das Duett mit ihr machte. Für uns galt das jedoch nicht so sehr, da unser jüngster Sohn erst vier oder fünf Jahre alt war und es deswegen einfach nicht die richtige Zeit dafür war. Lita wußte schon, dass sie zurückkommen würde, sie wartete nur, bis die Familie dafür bereit war. Sie wollte, dass es eine gute Erfahrung für die Kinder ist und dass diese nicht zu jung sein sollten, um es zu genießen. Sie wollte, dass sie etwas daraus lernen. Wir lieben Europa. Sie ist eine englische Staatsbürgerin und Europa hat daher einen ganz besonderen Platz in ihrem Herzen, deswegen möchte sie, dass die Jungs es zu sehen bekommen und die verschiedenen Kulturen oder Arten von Nahrung erleben. Übrigens, als wir beim Bang Your Head-Festival spielten, gingen wir die Straße entlang in dieses kleine Örtchen, wo jeder in diesem Hotel übernachtet und aßen das beste Steak, das wir jemals hatten. Die Jungs erinnerten sich für den ganzen Rest der Tour an das Steak in Deutschland. (lacht) Sie liebten es derart und dabei hassten sie das Essen überall sonst.

Freut mich, das zu hören.

Jim Gillette: Das war schon ziemlich cool. Sie liebten es derart und können es gar nicht erwarten zurückzukehren, um mehr Steak zu essen. Einer meiner besten Freunde war aus Deutschland. Er verbrachte ungefähr die Hälfte seiner Zeit in den USA und die andere Hälfte in Deutschland. Wenn er in den USA war, wohnte er immer bei mir. Ich habe ihn mal besucht und wohnte etwa zwei oder drei Wochen bei ihm und wir aßen jeden Abend Steak. (lacht) Jeden Abend gab es Steak und das Lustige war, wenn er bei mir in den Staaten war, pflegte er sein Fleisch richtig durchzubraten. Doch als wir in Deutschland waren, briet er es kaum an und pflegte es fast roh zu verzehren. Er gab dann immer ein bisschen an und sagte "In Deutschland kannst Du das ruhig machen, aber nicht in den USA, das Fleisch ist einfach nicht so gut" (lacht wieder). Er war echt ein Riesentyp.

Wie stehen denn die Chancen, Euch in naher Zukunft mal wieder in Deutschland oder zumindest Europa zu sehen?

Jim Gillette: Weißt Du was? Ich sage Dir jetzt, dass wir sogar gerne mehrere Monate in Europa verbringen möchten. Wir würden dort am liebsten so lange wie möglich auf Tour gehen. Wie ich schon gesagt habe, wir betrachten das als Teil der Ausbildung der Kinder. Wir sind nicht diese verblendeten Amerikaner (lacht), die Amerika für das einzig Wahre halten. Dort draußen gibt es eine große Welt und wir möchten, dass unsere Kinder andere Orte sehen und erleben. Ehrlich gesagt, wir wären sogar fast nach Europa gezogen. Als wir auf die Inseln zogen, waren wir ernstlich am Überlegen nach Europa zu ziehen. Es war bloss so viel einfacher und schneller auf die Inseln zu ziehen, so dass wir letztendlich ganz weicheimäßig dorthin gingen. (lacht) Wir denken jedoch bis heute darüber nach, dass wir gerne ein Haus in Europa hätten. Wir würden also liebend gerne nach Deutschland kommen. Und bei der Anzahl der Interviews, die wir schon gegeben haben, scheint Deutschland das Album wirklich zu mögen, so dass ich glaube, wenn wir weiter diese ganzen Interviews geben und Leute wie Du das Album auch mögen (lacht wieder), werden wir mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch kommen. Wir möchten gerne rüberkommen, wenn also die Promoter uns in all diesen Magazinen sehen und hören, dass die deutschen Fans das Album mögen, dann werden sie dafür sorgen, dass wir kommen. Sie werden uns ein Angebot machen und sagen "Kommt möglichst schnell her und spielt ein paar Shows".

Das wäre großartig.

Jim Gillette: Wir wollen das wirklich, wir würden unheimlich gerne wieder nach Europa kommen. Der letzte Trip war derart schnell, ich glaube wir verließen (überlegt kurz)... war das Festival in Italien unmittelbar nach Deutschland?

Genau, das war am selben Wochenende.

Jim Gillette: Gut, dann mal so als kleiner Einblick, wie schnell das alles ging und wie ausgelaugt wir zu dem Zeitpunkt waren: am Abend der Show in Deutschland verließen wir das Hotel um 2 Uhr nachts, um zum Flughafen zu fahren. Der Flug wurde gestrichen, weswegen wir am Flughafen bleiben mussten und dort bestimmt sechs bis acht Stunden festhingen. Als wir aus dem Flugzeug kamen, wurden wir vom Flughafen in Italien sofort zum Backstagebereich gefahren. Kein Hotel, gar nichts, sofort in den Backstagebereich, wir hatten vielleicht 30 Minuten bevor wir auf die Bühne mussten. Und nach der Show ging es wieder sofort zum Flughafen. Wir hatten also an sich keinerlei Spur des Flair bei der ganzen Sache mitbekommen. Ich glaube, in Deutschland kamen wir am Tag vor der Show an, deswegen gingen wir mal raus, führten die Jungs ins Restaurant aus, wo wir das wundervolle Steak hatten, spazierten ein bisschen durch den Park, wo so ein kleiner Fluss fließt, das war alles schon nett. Es war jedoch nur ein Tag in Deutschland und ich brauche einfach viel mehr als das.

Klar, man will ja irgendwas von so einem Trip mitnehmen und daraus lernen.

Jim Gillette: Richtig, ganz genau... (leicht seufzend)Deswegen hoffe ich, dass wir eine richtige Tour zustande bekommen und nicht nur Festivals spielen werden. Ich hoffe, wir bekommen eine richtige Europatour über ein bis zwei Monate zusammen, das wäre ideal für uns. Wir würden das einfach lieben.

Ich hoffe, dass es funktioniert.

Jim Gillette: Und ich erst, oh ja.

Das wäre sicher fantastisch. Nebenbei, ich finde es unglaublich, wie sehr Ihr Eure Familie liebt und beide zeigt, wie wichtig sie für Euch ist.

Jim Gillette: Es gibt nichts Wichtigeres für uns, am meisten zählt unsere Familie für uns. Wenn jemand einen von uns nicht mag, dann hat er alle gegen sich. (lacht) Meinen Freunden sage ich immer, wenn Du einen Gillette bekommst, kriegst Du am Ende alle. Wenn Du einen von uns anpisst, dann pisst Du uns alle an. (lacht) Meine Jungs sind solche Raubeine, die willst Du wirklich nicht anpissen. (lacht)

Ich finde es wirklich toll, dass ihr einerseits früher so extrem ausgesehen habt und dabei letztlich so normal seid.

Jim Gillette: Weißt Du, was lustig ist? Seit einigen Jahren bekommen wir immer wieder Angebote für eine Fernsehshow über unsere Familie, genau deswegen, was Du grade gesagt hast. Eben weil wir diesen extremen Look hatten und die Leute dachten, dass wir uns auch genauso aufführen würden. Verrückt oder was auch immer. Dann treffen sie uns stellen fest, dass wir ziemlich normale Leute sind und genau das ist wohl die Attraktion für die Fernsehshow: diese verdammt verrückt aussehenden Leute sind normal. (lacht) Sie versuchen es weiterhin, also schauen wir einfach mal, was daraus wird.

Ich habe gesehen, dass demnächst auch ein Comic über Euch erscheinen wird.

Jim Gillette: Ja, genau! Das Schöne daran ist, dass die Leute, die ihn machen, ein Vater-Sohn Team sind. Der Sohn ist erst vierzehn Jahre alt und hat schon mehrere Comcis geschrieben, ist das nicht großartig? Genau genommen haben wir fast nur aus diesem Grund ja gesagt dazu, weil dahinter ein Vater-Sohn Team steckt.

Bislang konnte ich noch keinen Blick drauf werfen, das werde ich aber sicherlich noch tun.

Jim Gillette: Tu das, es soll nächsten Monat erscheinen.

Lita hat jetzt ja auch eine Rolle im Videospiel "Brütal Legend" erhalten.

Jim Gillette: Das ist in der Tat eine gute Story, denn die meisten Leute glauben ja immer, dass Rockstars ihre MySpace oder Facebook-Nachrichten nicht wirklich selbst bekommen, nicht wahr? Sowohl "Brütal Legend" als auch das Comicbuch kamen über MySpace zustande. Sie haben uns eine E-Mail über MySpace geschrieben. Der Schöpfer von "Brütal Legend", Tim Schafer, ein Klasse-Typ übrigens, ist ein riesiger Heavy Metal-Fan. Er hat dieses Spiel gemacht, weil er Heavy Metal liebt. Ich kann nicht genug Gutes über ihn sagen. Wenn Du alleine einen Blick auf den Soundtrack wirfst, weißt Du bereits, was für ein großer Heavy Metal-Fan er ist. Auf dem Soundtrack sind 100 Songs! Es ist wirklich ein außergewöhnlicher Soundtrack. Nun ja, er schreibt uns also eine Mail und sagt, dass er Lita gerne in einem Spiel namens "Brütal Legend" dabei hätte, mit dessen Produktion er grade beschäftigt sei. Ihm sei durchaus bewußt, dass es ein wenig komisch sei, zu versuchen, über MySpace einen Kontakt zu ihr herzustellen, doch er wisse nicht, wie er sonst an sie herankommen solle. Ich denke mir natürlich "Klar, aber sicher doch...", schaue jedoch dennoch seinen Namen nach und denke erstmal, dass es nur jemand ist, der versuchen möchte, mit ihr zu sprechen. Ich schaue jedenfalls mal unter seinem Namen und dem Namen seiner Firma "Double Fine" bei Google nach und finde ihn. Er ist ein preisgekrönter, weltbekannter Videospiel-Schöpfer. Ich rufe ihn also an und sage "Natürlich möchte sie gerne bei dem Spiel mitmachen, Kumpel!". Wir haben einen sieben und einen zwölf Jahre alten Sohn, also finden die's natürlich grandios, wenn ihre Mutter in einem Videospiel mitmacht. (lacht) Nachdem wir das gemacht hatten und die Sprach-Aufnahmen dafür abgeschlossen waren, hatten wir ihn am Telefon und ich sagte "Brauchst Du eigentlich irgendwelche Songs für den Soundtrack?", Tim meinte "Natürlich, hast Du vielleicht einen für mich?" und ich sagte "Kumpel, wir sind mitten in den Aufnahmen zu einem neuen Album!". Er sagte "Jetzt wirklich? Klar hätte ich gerne einen Song." Also sage ich "Tatsächlich haben wir grade einen Song, der noch nicht fertig ist. Wir haben zwar die Musik, aber noch keine Gesangsaufnahmen dafür. Das wäre perfekt, dann könnten wir nämlich die Lyrics so schreiben, dass sie zum Spiel passen.". Tim meinte "Okay, dann schick mir mal die Tracks zu.", ich schicke sie ihm und keine fünf Minuten später ruft er zurück und meint begeistert "Das ist Wahnsinn, laß uns das unbedingt tun.". Ich sage nur "Gut, schick mir ein paar Absätze über das Spiel, worin Du das den Inhalt, die Orte und so fort beschreibst, dann machen wir das.". Daher kommt z.B. die Textzeile "Crawling through the sea of black tears". Das Meer der schwarzen Tränen ist nämlich ein Ort, den man im Lauf des Spiels besucht. Diese Kooperation hat uns sehr gut gefallen. Lita spielt die Königin, dann haben wir den Song im Spiel und sie haben sogar noch 'Machine Gunn Eddie' von NITRO auf dem Soundtrack benutzt. Wir haben also zwei Songs und Mom ist die Königin, die Jungs sind also ziemlich begeistert, das spielen zu können. (lacht)

Coole Sache! Es sieht ja wirklich danach aus, dass grade alles für Euch läuft, soweit ich weiß, ist die Signature Gitarre ja auch auf einem guten Weg.

Jim Gillette: Ja, wir arbeiten noch daran, das ist zwar noch nicht abgeschlossen, aber wir bleiben dran. Meiner Meinung nach hätte es schon vor zwanzig Jahren eine Gitarre geben müssen. Mich wundert's wirklich, dass es nie eine gab, ich meine, wenn Du als Mädchen eine Gitarre in die Hand nimmst, wäre es nicht cool, wenn's eine Lita-Gitarre wäre?(lacht)

Ganz genau. Auch wenn ich weiß, dass ihr nicht wirklich darin involviert seid, es gibt ja bald sogar einen Film über Litas alte Band THE RUNAWAYS.

Jim Gillette: Stimmt, wir haben nichts damit zu tun, aber weißt Du, lustig ist... Dee Snider interviewte Scout Taylor-Compton, die Lita in dem Film spielt. Vor ungefähr acht Wochen meinte er zu uns "Mann, ich habe mit ihr gesprochen, sie würde echt gerne mal mit Lita sprechen. Sie weiß, dass Lita nicht involviert ist, sie weiß, dass Lita die Leute hinter dem Film nicht mag, aber sie bat mich darum, Euch mitzuteilen, dass sie weiß, warum Lita nicht wie diese Leute ist. Sie weiß, dass es Lita immer nur um die Musik ging, sie immer bloss losrocken wollte und denkt, dass sie selbst einen wirklich guten Job hingelegt hat. Sie hofft, dass, wenn Lita es zu sehen bekommt, sie stolz auf sie sein wird.". Tja, vor ungefähr einer Woche ruft mich dann ein anderer Freund an und sagt "Hey, ich sitze hier neben Scout Taylor-Compton, möchte Lita vielleicht "Hallo" sagen?" (lacht) Ich sage also "Mal schauen" (lacht) und Lita sagt "NEIN!" Just bevor ich nein sagen konnte, sagt sie "Ach, weißt Du was, doch.". (lacht wieder) Okaaaay... Lita sprach dann mit ihr und am Ende weinten beide. Lita mochte sie wirklich sehr und mochte auch, was sie über den Film und die Leute dahinter zu sagen hatte. Vor ein paar Tagen gipfelte es darin, dass Scout bei unserer Show in Lake Tahoe letzten Samstag war. Sie und Lita trafen sich und es war sehr cool, sie ist ein verdammt cooles Mädchen. Lita mag sie wirklich sehr gern. Wenn Du bei MySpace mal unter "My Photos" schaust, entweder auf der letzen oder vorletzten Seite, ich glaube, es ist entweder 22 oder 23, kannst Du die Bilder von dem Abend sehen. Wir machten ein paar Fotos mit Scout an dem Abend. Insofern, das war schon richtig cool.

Ich freue mich schon auf den Film, ihre Arbeit bei beiden ROB ZOMBIE "Halloween"-Filmen hat mir sehr gut gefallen.

Jim Gillette: Sie ist ein ausgesprochen cooles Mädchen, verdammt cool. Scout ist einfach echt. Lita meinte kürzlich, wir haben eine Pressemitteilung in ein paar Tagen und ich fragte, was sie über Scout sagen wolle. Sie sagte dann etwas, was mich wirklich berührt hat, sie meinte nämlich "Scout hat ein Herz und eine Seele.". Das stimmt völlig, und es ist etwas, wenn ich mir viele Schauspieler und Schauspielerinnen anschaue (lacht leicht zynisch), was man nicht von vielen behaupten kann. (lacht laut)

Das kann ich nicht bestreiten.

Jim Gillette: Die meisten sind richtige Fake-Personen. (lacht laut)

Besser hätte ich's nicht sagen können. Da wir langsam zum Ende kommen müssen, vielleicht noch ein oder zwei Fragen dann. Das neue Merchandise, was ihr neulich bei der Competition verlost hat, gefiel mir sehr gut. Wird das auch online angeboten werden oder gibt's das ansonsten nur bei den Shows zu kaufen?

Jim Gillette: Es wird auch online erhältlich sein, doch vorher müssen wir erst noch abklären, wie wir den Store handhaben werden. Designt ist er schon und auch wirklich cool geworden. U.a. werden wir die Picture Disc des Albums verkaufen. Ich glaube, in Europa gibt's die gar nicht zu kaufen und der einzige Ort in den Staaten, wo sie erhältlich sein wird, ist direkt über uns. Es ist eine stark limitierte Picture Disc Vinyl Ausgabe des neuen Albums "Wicked Wonderland", die nur mit Autogramm exklusiv über unsere Website erhältlich sein wird. Das ist echt cool. Wir arbeiten noch daran. Hier ändert sich grade alles, ich bin mir sicher, dass es das auch bei Euch tut, nur vielleicht nicht so schnell wie hier. In den USA kaufen die Leute diese Dinge gar nicht mehr so, es sind alles nur noch Downloads. Wir lieben selbst noch die gute, alte Zeit, als man eine Schallplatte bekam, die Folie, das Plastik außenrum aufriß, sie öffnete, auf den Plattenteller legte, die Schutzhülle rausnahm, die Texte las beim Hören und sich die Fotos ansah - es war einfach eine ganzheitliche Erfahrung, verstehst Du, was ich meine?

Sicher, das kann ich absolut verstehen. Auch heute ist das noch großartig, wenn es so läuft und man nicht einfach nur einen Download hat. Es ist einer der Gründe, warum ich so begeistert vom Artwork von "Wicked Wonderland" bin.

Jim Gillette: Genau, wir haben das mit Absicht getan, weil wir aus diesem Holz geschnitzt sind. Wir sind einfach Leute, die Zeit, Geld und Gedanken an das Artwork verschwendet haben. Das scheint heute gar nicht mehr viel zu gelten. Wir wollten einfach, dass die Leute etwas davon haben - ich meine, es gibt jede Menge junger Leute, die noch nie von Lita gehört haben. Sie sind vielleicht zehn Jahre alt und sehen sie z.B. bei "Brütal Legend" und schauen sich danach mal das Album an. Wir wollten, dass diese Kids dieselbe Erfahrung machen wie wir damals, mit all dem Artwork, den Texten und Bildern. Sie sollten eine aufregende Präsentation bekommen und wenn mehr Bands so denken würden, würde die CD auch nicht nach und nach verschwinden. Vielleicht würden die Jugendlichen sagen "Hey, ich könnte es zwar downloaden, doch ich will einfach den ganzen Kram drumherum sehen."

Das ist meiner Meinung nach ein Weg, den man einschlagen könnte, den Leuten wieder eine entsprechende Erfahrung zu bereiten, ganz richtig gesagt. Okay, wo wir soweit durch sind, vielleicht noch ein Schlußwort für die deutschen Fans?

Jim Gillette: Wir lieben Deutschland, wir lieben die Menschen dort, das gute Essen und würden sehr gerne wieder mal Zeit bei Euch verbringen. Hoffentlich macht ihr es möglich, dass wir touren, indem ihr es verlangt. Wir möchten echt sehr gerne wieder Zeit in Deutschland verbringen. Welche besseren Weg könnte es geben, die ganze Familie mitzubringen, und ein bisschen Rock 'n' Roll zu spielen, während man ein Land bereist? (lacht)

Richtig, ich hoffe, wir sehen Euch in Kürze hier!

Jim Gillette: Hoffentlich klappt's, dass wir bis zum Sommer rüberkommen. Übrigens, wo Dein Nickname "Elvis" ist, wir machen diese Weihnachtsgeschichte an der Wall Street. Es klingt vielleicht verrückt, aber wir läuten die Schlußglocke (lacht) und spielen dann vier Songs, zwei normale Songs und zwei Weihnachts-Songs. Und einer der beiden Songs ist ein Elvis-Song - erinnerst Du Dich an das Weihnachts-Album von Elvis? (fängt an singen und Elvis zu imitieren, bis er einen Lachanfall bekommt) Genau den werden wir spielen - wir sind wirklich aufgeregt, das wird ein Riesenspaß! Danke für Eure Unterstützung, Elvis, wir wissen das echt zu schätzen - passt auf Euch auf!

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