Tortuga - Flying Dutchman | |
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Review von Stormrider vom 08.07.2021 (9859 mal gelesen) | |
Als Rezensent bekommt man im Laufe der Zeit ja eine Menge sehr unterschiedlich aufgemachter Releases vorgelegt. Das untere Ende sind MP3-Ordner in einer Dropbox, in denen die Songs nicht beschriftet oder nicht mal in der richtigen Albumreihenfolge nummeriert sind, den Platz auf dem Thron haben sich für den Moment hingegen TORTUGA aus der Saaribik (ein Inselstaat im Saarland) mit "Flying Dutchman" gesichert. Denn wenn ein Promopaket schon so detailverliebt und mit offensichtlicher Begeisterung für das eigene Werk zusammengestellt ist, macht es auch als Rezensent einfach Spaß sich damit auseinanderzusetzen. Der Umschlag sieht aus wie eine alte Schatzkarte, es gibt ein echtes Foto, eine Maske (früher wäre es wohl eine Augenklappe gewesen, heute ist es leider eine Mund-Nasen-Bedeckung) und sogar die Büroklammer ist stilecht schwarz. Dazu hat sich die Crew um die Piratenbraut Captain Mary Read ganz offensichtlich ihre eigene Piratenwelt geschaffen, auf die selbst Rock N Rolf stolz sein könnte. Oder um es mit den Worten der Band zu sagen: "Ja, wir sind Piraten!" Manchen mag dieser komplette Eskapismus in Form von Synonymen, Kostümen und der Aussage: "Alles was wir berühren wird Pirat!" zu viel des Guten sein, aber wenn man sich darauf einlässt und sich ebenfalls sein Holzbein anschraubt, dann kann diese kurze Flucht aus der Realität einem doch mal wieder sehr guttun. Aber all das Drumherum ist bei einer Albumveröffentlichung natürlich zweitrangig, wenn der elementare Bestandteil nur zum Kanonenfutter taugt, also schauen wir mal auf die Geschütze, welche TORTUGA auf "Flying Dutchman" musikalisch auffahren. Das Intro, 'Above The Clouds', versetzt den Hörer sogleich auf ein Geisterschiff, um der ewigen Verdammnis entgegenzusegeln. Ehrlich gesagt ist man zu diesem Zeitpunkt durchaus schon sehr gespannt wie sich der blinde Passagier ('Stowaway') wohl machen wird und bereit, selbst auf große Kaperfahrt zu gehen. Und wie das oft so ist mit großen Erwartungshaltungen, zuckt man, wenn es sich dann doch anders darstellt. Denn während das Riffing direkt zu gefallen weiß, kommen die Vocals zunächst etwas arg zahm daher. Hier hört man, dass ein größeres Produktionsbudget an manchen Stellen doch einiges ausmacht und Ms. Read ein wenig der Punch auf den (noch nicht ganz so) von Rum getränkten Stimmbändern fehlt. Da man direkt danach mit dem humoristischen 'Pirates Of Saaribia' einen vergleichsweise kindgerechten Song gesetzt hat und auch 'Parley' mit mehreren humoristischen Gimmicks aufwartet, ist man für einen Moment versucht, dem "Flying Dutchman" die Ernsthaftigkeit abzusprechen und ihn in Richtung Kinderabteilung zu schieben. Was auch nicht ganz abwegig ist, wenn man sich auf der Homepage umsieht und feststellt, dass TORTUGA auch schon eine CD für eben diese Zielgruppe in trockene Tücher gebracht haben. Ab 'Stormriders' (was ein cooler Titel für einen Track - hüstel -) schaffen es die Piraten aber dann zusehends, auch die Rocker auf ihre Planke zu ziehen, hat der Song doch die bisher erwachsenste Melodie und den stärksten Refrain. Ähnlich nach vorne gehen 'Rackham's Revenge' und 'Shark Of The Dark', welches dazu noch mit einem schicken Solo ausgestattet ist. Überhaupt kann man bei genauerem Hinhören die Gitarrenarbeit ein wenig in den Fokus rücken, denn Blackbeard und Jack The Knife schütteln sich so manches coole Riff aus der Hakenhand. Daneben schafft es auch die Kapitänin sich mit zunehmender Spielzeit ein wenig aus der sehr seichten Ecke freizuschwimmen und kann ihre eigenen Akzente setzen und ihre Crew anführen. Insbesondere das mit einer klassischen HEART-Eröffnung beginnende 'A Place Behind The Sun' zeigt, dass Mary mehr zu bieten hat als die Jungpiraten zu bespaßen. Am Ende der Kaperfahrt haben TORTUGA eine Menge schnittige Riffs und knackige Soli sowie den jederzeit hörbaren Spaß an der Musik in ihrer Beutekiste. Das ist mehr als so manch andere Mitpiraten zu bieten haben. Dennoch gibt es auch ein paar Punkte, an denen man an Deck noch etwas bohnern darf. Die Produktion könnte insgesamt durchaus wuchtiger sein, was insbesondere für die Vocals gilt, die im Mix dann auch noch recht weit nach vorne gerückt sind. Daneben ist so manche Folksequenz doch sehr, sehr schunkelig ausgefallen, und auch die Texte sind nicht immer lyrische Gourmethappen, sondern (zum Teil) eher einfache Kombüsenkost. Aber das ist ok und passt einfach irgendwie auch zum Gesamtkonzept. "Flying Dutchman" wird für viele bestimmt etwas viel Theater sein und wer sich die falschen Tracks zum Reinhören raussucht, denkt wirklich an eine Kinder-CD, aber mir macht es einfach Spaß sich für diese 40 Minuten in die Saaribik zu flüchten, einen Rum zu schlürfen und mit Captain Mary Read übers Deck zu tanzen. Objektiv gesehen sind es musikalisch wohl um die sechs Blutstropfen, weil manches wie zum Beispiel Mix, Produktion oder Vocallines doch noch etwas unausgereift wirken, insbesondere im internationalen Vergleich. Die detailverliebte Aufmachung und jederzeit spürbare Passion von TORTUGA ist mir hingegen definitiv die volle Blutstropfenzahl wert. "Flying Dutchman" ist vielleicht keine Schatzkiste mit ausschließlich musikalischen Klassikern, aber dafür ein in sich stimmiges und liebevoll und detailverliebt inszeniertes Stück klangvoller Eskapismus. Wer sich von der Piratenthematik und dem humoristischen Ansatz nicht abgeschreckt fühlt, der setzt die Segel und schaut auf selbst in der Saaribik vorbei. Vielleicht erbeutet ihr ja bei der Gelegenheit eine gute Zeit!? (Hier geht’s in die Saaribik) Gesamtwertung: 7.0 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
01. Above The Clouds 02. Stowaway 03. Pirates Of Saaribia 04. Parley 05. Stormiders 06. Code Of Conduct 07. Place Behind The Sun 08. Rackham's Revenge 09. FSM 10. Shark Of The Dark 11. Stowaway (TDHK Edition) | Band Website: www.tortuga-band.de Medium: CD Spieldauer: 39:49 Minuten VÖ: 00.00.0000 |
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