Jours Pâles - Eclosion

Review von Zephir vom 15.03.2021 (8661 mal gelesen)
Jours Pâles - Eclosion Ein neuer dunkler Stern steigt über den nächtlichen Depri-Horizont und weist den Weg nach Frankreich: JOURS PÂLES liefern ihr Post-Black-Debüt ab. Die Ehre geben sich Sologitarrist Sylvain Bégot, Lead- und Rhythmusgitarrist James Sloan, Bassist Christian Larsson, Drummer (oder Drummerin?) Phaléne sowie Frontmann und Mastermind Spellbound. Die Kategorisierung ihrer Musik als Melancholischer Black Metal trügt, denn "Éclosion" klingt mit seinem treibenden Drive und seiner Mischung aus verzweifelter Monotonie und fein eingestreuter Gitarrensolo-Melodiösität verdammt stark nach jener Entwicklungsrichtung, die der Post Black Metal in seiner Mischung mit Depressive Rock, Post Punk und weiteren eigentlich nicht schwarzmetallischen Strömungen in den zehner Jahren durchlaufen hat.

Gleich der Opener 'Illunés' prescht in einem druckvollen Tempo voraus, dessen Duktus ganz unglaublich an HARAKIRI FOR THE SKY erinnert - auch die immer leicht shoutenden, harschen Vocals lassen sofort an die Kollegen aus Österreich denken. Gleiches gilt für den nachfolgenden Track 'Aux Confins Du Silence', der mit leicht deathigen Einflüssen, dunklen Growls und passagenweise schwererem Groove garniert wird. 'Ma Dysthymie, Sa Vastitude' zeugt anschließend noch mehr als die beiden vorangegangenen Tracks von Depression und innerlichem Kampf. Anfangs verloren gezupfte Gitarrensaiten begleiten in trostlosem Tenor eingesprochene Vocals, alsdann geht der Titel in eine Art Post Black/Post Crust über, die Freunde von KING APATHY begeistern wird. Die französischen Lyrics, die monomanisch um sich selbst kreisen - "Ô ma vie, toi et moi, à jamais pires ennemis - geben dem Song allerdings eine ganz eigene Note.

Die Stimmung ändert sich ein wenig mit 'Le Chant Du Cygne'. Duriger, kämpferischer, mutiger zeigen sich hier sowohl die fast episch-erzählende Komposition wie auch der Gesang und die Lyrics, für die übrigens durchwegs Mastermind Spellbound verantwortlich zeichnet. Ins anschließende 'Éclamé' gesellt sich Gastsängerin Ondine: Es handelt sich hierbei um Lilas Dupont, die auch für die junge und noch wenig bekannte Atmospheric Black Metal-Band SILHOUETTE singt. Ihre Stimme verleiht dem Track eine ähnliche Ausstrahlung, wie sie dereinst AMESOEURS zu erzeugen wussten - und nachdem erst kürzlich HARAKIRI FOR THE SKY für ihr jüngstes Album die Zusammenarbeit mit der früheren AMESOEURS-Sängerin aus Gründen, die in den sozialen Medien ordentlich durchgehechelt wurden, hingeschmissen haben, mutmaße ich nun einmal ins Blaue hinein, dass wir Ondine zukünftig vielleicht noch öfters als Gastsängerin bei genreverwandten Bands hören könnten.

Erst zögerlich, traurig und verloren, späterhin auch verzweifelt und wütend schließt sich der Titeltrack 'Éclosion' an. Es liegt in der Natur dieses Metal-Segments, dass die Atmosphäre in ihrer Mischung aus Zorn und Hoffnungslosigkeit wenig Spielraum in Riffing und Harmonie bietet. Eine introvertierte, mitunter leicht psychotisch hypnotisierende Gleichförmigkeit ist vielen Werken mit Post Black-Bezug eigen, was bedeutet, dass man - in der richtigen Laune den eigenen trüben Gedanken nachhängend - so eine Scheibe wunderbar nochmals und nochmals durchlaufen lassen kann.

Denkste! Denn 'Suivant l'Astre' packt dann plötzlich Progression vom düstersten Schlag aus, Sologitarren- und Harmonieexperiment, und 'Des Jours À Rallonge' setzt mit dem suizidären hochfrequenten Kreischen von Gastsänger David Graf noch mal einen obendrauf. Dieser mag einigen vielleicht bekannt sein aus der georgischen Black/Depressive Rock-Formation PSYCHONAUT 4, war auch als Gastsänger bei NOCTURNAL DEPRESSION schon dabei. Auch dieser Track kommt mit groovigen Basslinien, manischen Rhythmusspielereien und teils grundtonlos wirkenden Soli so richtig aus sich heraus, sodass JOURS PÂLES nun wirklich und endgültig meine 8-Punkte-Marke knacken. Neugier auf ihr weiteres zukünftiges Schaffen weckt dann auch der instrumentale, von verwaschenen Shoegazer-/Post Metal-Saiten und Synthesizern geprägte Rausschmeißer 'C2H6O' (wer in Chemie nicht aufgepasst hat, muss googeln).

Was gibt es noch zu sagen? Ganz geistiges Kind der zehner Jahre ist "Éclosion" druckvoll und sauber produziert, was Black Metal-Puristen missfallen wird. Das 6-seitige Digipack ist mitsamt Booklet, das dankenswerterweise auch die Lyrics enthält, ansprechend gestaltet; hervorheben möchte ich vor allem das Coverart sowie das klaustrophobisch-neurotische Foto der Rückseite, das meines Erachtens den Tenor von "Éclosion" passend untermalt. Ein vielversprechendes Debüt, ich bin gespannt auf mehr!

Gesamtwertung: 8.0 Punkte
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Trackliste Album-Info
01. Illunés
02. Aux Confins Du Silence
03. Ma Dysthymie, Sa Vastitude
04. Le Chant Du Cygne
05. Éclamé
06. Éclosion
07. Suivant l'Astre
08. Des Jours À Rallonge
09. C2H6O
Band Website:
Medium: CD
Spieldauer: 50:17 Minuten
VÖ: 26.02.2021

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