Audrey Horne - Devil's Bell

Review von Stormrider vom 02.05.2022 (6512 mal gelesen)
Audrey Horne - Devil's Bell AUDREY HORNE kann man durchaus als musikalische Chamäleons bezeichnen, denn die ersten sechs Alben der Norweger decken eine recht beachtliche Bandbreite an harten Sounds, gepaart mit viel Popappeal ab. Dabei waren nicht alle Alben qualitativ gleich gut, auch das muss und darf man gern konstatieren. Nach dem sehr starken Einstand gab es mit "Pure Heavy" auch ein Album, was man nicht zwingend im Regal haben muss. Die letzten beiden Longplayer und insbesondere "Blackout" wussten dem Schreiber dieser Zeilen aber sehr zu gefallen, und der Titeltrack von "Youngblood" läuft auch heute noch sehr regelmäßig bei runtergelassenen Fenstern im Auto. Ich war also durchaus gespannt, wie sich der Sound 2022 darstellen wird.

Schon das Cover lässt vorab vermuten, dass man eine weitere musikalische Kurskorrektur vorgenommen hat. War es auf dem Vorgänger noch ein Foto mit viel Interpretationsspielraum, das irgendwie an TOOL erinnerte, gibt es nun ein eher karges, wenig detailreiches Bild mit einem Schiff, dass dem Untergang geweiht zu sein scheint und die Teufelsglocke läuten hört. Ganz so dramatisch ist es dann zum Glück nicht, und das Schiff AUDREY HORNE wird nicht so schnell untergehen. Aber ja, auch "Devil's Bell" klingt wieder etwas anders als die Vorgängerscheiben. Vom Alternative Rock auf "Le Fol" ist nicht mehr viel übrig, und auch THIN LIZZY oder der 70er Jahre inspirierte Hard Rock sind nicht mehr ganz so präsent wie zuvor. Dafür hat man sich eher in Richtung 80er Metal bewegt. Schon der Opener 'Ashes To Ashes' startet mit einem Riff, welches auch von METALLICA stammen könnte, als sie eben noch Thrash gespielt haben. Der Song nimmt danach aber eine melodische Wendung und wenn Sänger Toschie mit seinen charakteristischen Vocals hinzukommt, dann merkt man schnell, wen man hier durch die Ohrmuscheln geblasen bekommt. Aber auch die NWoBHM und hier insbesondere die gottgleichen IRON MAIDEN werden in den neun Tracks häufiger als zuvor zitiert. Das Instrumental 'Return To Grave Valley' könnte zum Beispiel auch aus der Feder von Steve Harris in den 80ern stammen. Man wartet quasi sekündlich auf den Einsatz von Mr. Dickinson, der aber nicht kommt, und dennoch funktioniert der Song wunderbar. Überhaupt sind die Twin Guitars der Herren Isdal und Tofthagen wieder einmal ausgesprochen geschmackvoll und stehen vollkommen zu Recht oft im Fokus. Man kann dem Quintett auf ihrem siebten Album nicht viel Negatives vorwerfen, denn dass hier instrumental-technisch nichts anbrennen wird, war zu erwarten. Dazu hat man mit Toschie einen der ausdrucksstärksten und auf der Bühne charismatischsten Szenefrontmänner in den eigenen Reihen, und auch die Rhythmusabteilung liefert ein drückendes Pfund und fette Grooves.

Trotz all der positiven Aspekte tue ich mich in der Bewertung und der Einordnung von "Devil's Bell" in den Bandkanon etwas schwer. Zum einen enthält es durchaus alle typischen Soundmerkmale, die man in der Vergangenheit schon mal parat hatte, auf der anderen Seiten fällt "Devil's Bell" nicht so eingängig aus wie die letzten Dreher. Dazu sind sowohl die Texte als auch das soundtechnische Gesamtbild eine ganze Nummer düsterer. Was aber in Anbetracht der letzten zwei Jahre für eine ansonsten exzessiv tourende Band auch nicht wirklich verwunderlich ist. Das Album ist insofern ein Grower, weniger ein Sammelsurium an Hits, denn auch nach dem fünften Durchlauf gibt es nicht diesen großen Ohrwurm, den man erst mal auf Repeat stellt. Das muss ja per se nichts Schlechtes sein, aber läuft ein wenig gegen die Erwartungshaltung. Am Ende bleibt nach den knapp 50 Minuten aber jedes Mal die Gewissheit, dass man zwar ein starkes, aber kein überragendes Album einer Band gehört hat, die sich stetig weiterentwickelt und dennoch genügend Trademarks in ihrem Sound hat, dass man sie immer wiedererkennt. Ich freue mich zumindest auf die nächsten schweißtreibenden Abende in irgendeinem kleinen bierdurchtränkten Club mit der Band.

Gesamtwertung: 7.5 Punkte
blood blood blood blood blood blood blood dry dry dry
Trackliste Album-Info
01. Ashes To Ashes
02. Animal
03. Break Out
04. Return To Valley Grave
05. Danse Macabre
06. Devil's Bell
07. All Is Lost
08. Toxic Twin
09. From Darkness
Band Website:
Medium: CD + digital
Spieldauer: 48:07 Minuten
VÖ: 22.04.2022

Besucher-Interaktion

Name:
Kommentar:
(optional)
Meine Bewertung:
(optional)
(Hinweis: IP-Adresse wird intern mitgespeichert; Spam und Verlinkungen sind nicht gestattet)

Artikel über soziale Netzwerke verbreiten