Heavy Metal Perse - Jumalia Paossa

Review von baarikärpänen vom 16.11.2022 (3618 mal gelesen)
Heavy Metal Perse - Jumalia Paossa "Wir streiten uns mit den Göttern, beobachten den Zerfall von Zivilisationen, nur um uns danach mit Hilfer der magischen Alchemie eine neue zu bauen - und manchmal stoppen wir an der nächsten Taverne!" Mit einem Augenzwinkern fassen HEAVY METAL PERSE das Konzept ihrer Lyrics zusammen ("perse" ist übrigens das finnische Wort für - um es mal höflich auszudrücken - das menschliche Hinterteil). Damit sollte dann auch schon klar sein, wohin die musikalische Reise geht. Power Metal, versehen mit dem ein oder anderen folkloristischen Tupfer, haben sich HMP auf ihre wehenden Fahnen geschrieben. Natürlich ist das nicht neu, aber man muss es meinen Landsleuten aus Kajaani schon lassen, sie haben eine ganz eigene Herangehensweise und heben sich so vom Gros der Szene ab.

Die Band selbst besteht bereits seit dem Jahr 2000 und seit 2001 spielen die Finnen in unveränderter Besetzung. Will in heutigen Zeiten ja schon was heißen, wo Band X oder Y im gefühlten Monatstakt die Musiker wechselt. Allerdings sollte man auch erwähnen, dass die Jungs alle noch in anderen Truppen quer durch das metallische Spektrum von Power Metal bis Death Metal aktiv sind oder waren, und mit HMP gerade mal ihren dritten abendfüllenden Langdreher unter das Volk bringen. Das Hauptaugenmerk, so vermute ich, liegt also nicht darauf, ein neues Album nach dem anderen auf den Markt zu bringen und monatelang auf Tour zu sein. Womit ich aber den Jungs keinesfalls unterstellen möchte, nicht mit dem nötigen Ernst bei der Sache zu sein. Jeglicher dahingehender Gedanke verflüchtigt sich sowieso schon nach dem ersten Durchlauf des neuen Albums "Jumalia Paossa", denn das Songmateral gehört mit zum stärksten, was in diesem Bereich in Finnland seit Jahren und weltweit zumindest 2022 das Licht der Welt erblickt hat. Dazu kommt noch der Fakt, dass HMP es schaffen, wo andere zehn oder 15 Songs brauchen um Eindruck zu schinden, das Ganze mit sechs Songs und einer Spielzeit von knapp 41 Minuten auf die Kette kriegen.

imgcenter


Wer Bleeding4Metal auf Facebook folgt und sich unsere sonntägliche Spotify-Playlist angehört hat, konnte ja schon einen ersten Eindruck von HEAVY METAL PERSE bekommen. Und das war ein mächtig langer Eindruck, denn 'Jumalia Paossa', der Titelsong des neuen Albums, bringt es fast auf satte 15 Minuten. Ein Album mit solch einem monumentalen Epos zu eröffnen zeugt von Selbstbewusstsein, denn so was kann auch gut nach hinten losgehen. Man denke beispielsweise an so manchen Longtrack von IRON MAIDEN, der einfach nicht aus dem Quark kommen will. Aber was HMP hier erschaffen haben ist ein Parforceritt, der all das bündelt, was guten Power Metal ausmacht. Vom fast schon QUEEN-mäßigen mehrstimmigen A-cappella-Auftakt (hat sich bei mir zu nem veritablen Ohrwurm entwickelt) über fast schon epische Passagen, abgelöst von Volldampf voraus, veredelt mit Doppel-Leads und Griffbrettakrobatik in den Solo-Passagen. Wenn man sich als Hörer am Ende des Songs verwundert fragt, ob da jetzt tatsächlich 15 Minuten ins Land gezogen sind, dann kann man der Band nur attestieren, alles richtig gemacht zu haben. Dazu passt, dass HMP es sich nach eigener Aussage zum Ziel gesetzt haben, mit "Jumalia Paossa" ein Album zu veröffentlichen, das einen Gegenpol zu den momentanen Hörgewohnheiten auf Streamingplattformen setzt. Alleine nach diesem Auftakt und dem zweiten Longtrack 'Uusi Alkemia' am Ende der Scheibe kann man festhalten: mission accomplished! Dazwischen folgen vier kürzere Nummern, die allesamt beweisen, dass HMP sehr wohl wissen, wie man auch in vier Minuten auf den Punkt kommt. Dass Sänger/Gitarrist Matias Palm nicht umsonst Teil der GAMMA RAY-Tribute/Cover Band GUARDIANS OF MANKIND war, kann man locker in Songs wie dem auch als Video veröffentlichten 'Velhojen Vesuri', 'Ahti' oder dem flotten 'Aaltojen Valkoiset Hampaat' hören. Was Geschwindigkeit angeht, liegt allerdings das an zweiter Stelle platzierte 'Kotikylää Kohti' ganz weit vorne. Ganz egal aber, ob HEAVY METAL PERSE mit Kurz- oder Longtracks aufwarten, das Ergebnis ist immer fantastisch. Was auch zum großen Teil an den musikalischen Fähigkeiten des Vierers liegt. Ohne die Leistung der Rhythmusfraktion zu schmälern allen voran Matias Palm und Juha Leikkainen an den Gitarren. Was die beiden an Doppelleads, Soli auf "Jumalia Paossa" aus den sechs Saiten holen, nötigt Respekt ab.

Noch ein paar Worte zu den Lyrics. Klar gibt es Hörer, die mit der finnischen Sprache recht wenig anfangen können und es schade finden, dass HMP auf englische Texte verzichten (Gruß an Patrick und BIWO). Und wisst ihr was: nachdem ich mir die Texte angesehen habe, kann ich es sogar verstehen. Auch wenn HMP oberflächlich betrachtet im Bereich Fantasy/Magie unterwegs sind oder sogar das finnische Nationalepos Kalevala erwähnt wird, finde ich immer mehr Passagen, die sich 1:1 auf momentane gesellschaftliche oder politische Missstände übertragen lassen. So im Text des Titelsongs, wo es zum Beispiel heißt: "Kohta teitäkin väärän uskon mies määrää" (frei übersetzt: Bald auch ihr, wenn ein Mann mit falschem Glauben auch regiert) oder "Tiedonjano loputon, Juoppolallia ei auta kaivo pohjaton" (frei übersetzt: Der Informationsdurst ist grenzenlos, ein bodenloser Brunnen hilft einem Säufer nicht). Ob die Band das so beabsichtigt hat oder ich nur zu viel interpretiere, sollte man vielleicht später mal klären. Kleiner Tipp noch am Rande: Harri Leinonen und Matias Palm sind auch bei MERGING FLARE aktiv, die ähnlich gelagerte Musik zocken wie HMP, allerdings mit englischen Lyrics.

Fakt ist aber, dass HEAVY METAL PERSE mit "Jumalia Paossa" ein echt überzeugendes Album eingetütet haben, das dank Stormspell Records weltweit erhältlich ist (oder bei Problemen auch direkt bei der Band) und eigentlich jedem, der auf Power- oder Heavy Metal in bester Tradition steht, gefallen sollte. Bei mir rotiert das Ding schon seit einer Woche mindestens einmal täglich. Einziger Wermutstropfen ist, dass "Jumalia Paossa" mit seinem tollen Coverartwork bis jetzt nur auf CD erhältlich ist. Trotzdem nur ganz knapp an der Höchstnote vorbei.



Gesamtwertung: 9.5 Punkte
blood blood blood blood blood blood blood blood blood dry
Trackliste Album-Info
01. Jumalia Paossa
02. Kotikylää Kohti
03. Velhojen Vesuri
04. Aaltojen Valkoiset Hampaat
05. Ahti
06. Uusi Alkemia
Band Website: www.facebook.com/profile.php?id=1000640468
Medium: CD
Spieldauer: 40:59 Minuten
VÖ: 07.10.2022

Besucher-Interaktion

Name:
Kommentar:
(optional)
Meine Bewertung:
(optional)
(Hinweis: IP-Adresse wird intern mitgespeichert; Spam und Verlinkungen sind nicht gestattet)

Heavy Metal ist ein echtes Arbeiterkind, missbraucht, ausgebeutet und ausverkauft, jede noch so doofe Schlager Kapelle darf ungestraft ihr dreckiges Geschäft mit dem Begriff treiben. Das wäre ja nicht halb so schlimm, wenn taube Schreibtischtäter nicht die Note verwechseln würden, daher für heavy Metal Kenner: nulllll!
(17.11.2022 von Gurkengandalf)

Artikel über soziale Netzwerke verbreiten