Obseqvies - The Hours Of My Wake

Review von Metal Guru vom 10.07.2018 (4320 mal gelesen)
Obseqvies - The Hours Of My Wake OBSEQVIES penetrieren unsere Hörgänge auf ihrem Erstling "The Hours Of My Wake" mit gerade mal drei Songs - der erste dauert ca. zwanzigeinhalb, der zweite ca. siebzehn und der dritte ca. zweiundzwanzig Minuten. Insgesamt neunundfünfzig Minuten und sechzehn Sekunden können zweifellos als Full-Length-Album bezeichnet werden, wobei die außergewöhnlichen Längen der einzelnen Songs nicht etwa durch Abwechslung, Ideenvielfalt oder Materialüberfluss zustande kommen, sondern eher im Gegenteil: Was traditionelle Todesmetaller in maximal einer halben Stunde abhandelten, dehnen die Depros durch praktisch kaum noch spielbare Temporeduzierung auf (Zitat) 'three songs of eternal darkness and doom' - soso, ok, alles klar ...

Wer bisher dachte, EISENVATER aus Deutschland oder MY DYING BRIDE aus England seien sterbenslangsam, dem (oder auch der) sei die Entdeckung dieser nagelneuen Langsamkeit empfohlen! Ich kann mich nicht erinnern, in meinen bisherigen siebenundfünfzig Jahren auf diesem Planeten eine bleiernere, langsamere, mäandernde, quälendere, schleifendere Scheibe gehört zu haben. Die Band spielt so dermaßen superslow, dass ein vielleicht vorhandenes Metrum größtenteils vermutbar bleibt. Die Anzahl der zählbaren Schläge pro Minute schätze ich auf zehn bis fünfundzwanzig (only joking) oder mit anderen Worten: Die Musik (und um Musik handelt es sich bei "The Hours Of My Wake" zweifellos) scheint stillzustehen - fast! Wer es schafft, die Scheibe(n) ca. dreimal im Stück durchzuhören (und ich weiß, wovon ich rede), wird früher oder später (quasi von selbst) in einen durch und durch dumpfen Endzeitgroove gesogen - Gegenwehr zwecklos!

Die (tatsächlich leicht rauschende) Produktion verstärkt diesen deprimierten, hoffnungslosen, selbstmörderischen Eindruck noch: Das Schlagzeug (oder besser: was davon übrig geblieben ist) besteht aus dumpfen (Bass-)Drums, sumpfigen Snares und zisselnde Zimbeln lassen sich Zeit. Die grottentiefen Gitarren zerren in Zeitlupe und der Gesang (oder besser: von menschlicher Kehle erzeugtes Geräusch) spielt sich irgendwo zwischen einhundert und eintausend Herz ab (= keine S-Laute, keine Konsonanten, keine Erkennbarkeit). Als Besonderheit sei noch ein echtes oder synthetisches (?) 'Orchester' erwähnt - kakofone Chöre und strange Streicher erzeugen ein Weltuntergangsgewaber sondergleichen. Im Ernst: Die Scheibe klingt wie dickflüssiges Blei, wie fast geronnenes Blut, wie Lava kurz vor der Leichenstarre ...

Nein, viel zu tun (aka zu spielen) haben die Jungs wirklich nicht. Das wenige Bleibende wird mit Überzeugung zelebriert und der einzige, der speziell im dritten Teil dieser Audioapokalypse 'Vollgas' gibt, ist der leider namenlose Leadvokalist. Sein grunzender, heulender, klagender, schreiender, wimmernder Vokalvortrag macht mir Angst - so stelle ich mir die Auskotzung der menschlichen Seele im Angesicht Satans vor. Frage(n): Geht es ihm (dem Leadvokalisten, nicht Satan) jetzt wieder gut, kam er nach den Aufnahmen direkt in 'die Anstalt', lebt er überhaupt noch? Wer sich bezüglich Suizid & Co. also bisher nicht entscheiden konnte, besorgt sich diesen ultimativen Stimmungsverdunkler, ignoriert Risiken und Nebenwirkungen komplett und dröhnt sich diese frustrationsfördernde Droge akustischer Art - viel Zeit, Spaß und Erfolg dabei!

Gesamtwertung: 9.0 Punkte
blood blood blood blood blood blood blood blood blood dry
Trackliste Album-Info
01. Soloqvam
02. Dawning
03. Cold
Band Website:
Medium: CD
Spieldauer: 59:16 Minuten
VÖ: 30.06.2018

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