Biest - Stirb Oder Friss

Review von Opa Steve vom 30.05.2020 (7169 mal gelesen)
Biest - Stirb Oder Friss Es gehört insgesamt immer eine gute Portion Mut dazu, mit deutschen Texten das Hardrock/Metal-Genre erobern zu wollen. Das liegt nicht allein daran, dass es einst mit der "Neuen Deutschen Härte" eher zweifelhafte Belebungsversuche eines Genres gegeben hatte (mit dem man dann schnell negativ assoziiert wird). Sondern es liegt auch daran, dass lyrische Schwächen in der Heimatsprache völlig barrierefrei in die Wahrnehmung prügeln, während im Englischen eine kleine Distanz beim Hörer besteht, die schon so manchen halbgaren Texter vor der totalen Inlands-Blamage gerettet hat. Bei BIEST ist es so, dass die Texte stets an Peinlichkeiten vorbeischrubben, aber zum einen ist Sängerin Jen Sanusi extrem prominent gemischt, zum anderen komme ich mit den obligatorischen Evergreen-Themen im Rockbereich nicht immer gut klar, die so gerne Freiheit, Moral oder Underdog-Dasein in den Mittelpunkt stellen, wobei sich bei BIEST auch noch Zwischenmenschliches hinzufügt. Wenn Texte so im Vordergrund stehen, muss ich mir automatisch immer die Frage stellen, ob diese tatsächlich authentisch sind, oder ob nicht doch ein gewolltes Rollenverständnis aufgebaut wird. Und da bleibt bei mir oft so ein Geschmäckle, weil ich da auch Jen nicht wirklich einordnen kann. Wirklich gelungen finde ich auf dieser Scheibe auf jeden Fall 'Anders' und 'Stillstand'. Interessanterweise sind es mit die massentauglichsten Songs der Scheibe, die mich lyrisch am besten überzeugen konnten. Die Power-Balladen könnte man sich von jeder deutschen Rockband so vorstellen und sie sind auch anschmiegsam genug, um im Radio gespielt zu werden.

Nach den Texten, die ich wirklich nur in solchen Fällen bewusst wahrnehme, kommen wir natürlich auch zur Musik. Und die ist recht unaufgeregt. Die Charttauglichkeit habe ich ja oben bereits erwähnt. Da BIEST immer wieder auf eingängige Hooks setzen, ist dies auch bei vielen anderen Titeln gegeben. Wenn 'Nervengift' in der Strophe nicht so kernig riffen würde, wäre der Refrain definitiv auch ein großer Airplay-Anwärter. Der dominante Hardrock ist abseits der großen Hooks jetzt nicht von der Marke, dass man diesem Debütalbum eine zwingende Kaufempfehlung bescheinigen müsste. Vieles ist schon mal gehört und sticht zu wenig hervor, teilweise haftet den Songs eine - wenn auch sympathische - "Naivität" an. Man kennt das, wenn man vor allem live irgendwelche Newcomer aufgrund ihres definitiven Herzbluts schon mal abfeiert, obwohl man genau weiß, dass ihre musikalische Leistung doch noch etwas hinter dem Schnitt hinterherhinkt. Es ist mit ein Stück weit zu brav und müsste bei den dominanten Powervocals von Jen einfach noch eine Portion Eier bekommen. Will sagen: Die Diskrepanz zwischen der gewünschten Emotionalität der Texte und der Musik ist mir noch zu weit. Dennoch nicht so, dass es irgendwie tatsächlich schlecht wäre. BIEST haben mit "Stirb Oder Friss" ihr Debüt vorgelegt - für die Zukunft ist der Bedarf an Weiterentwicklung definitiv noch hoch, wenn sie aus dem Brei der Tausenden Hobby-Bands hervorstechen wollen.

Gesamtwertung: 6.0 Punkte
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Trackliste Album-Info
01. Ehrlich & Verlogen
02. Kamikaze
03. Abrakadabra
04. Halte Es Aus
05. Anders
06. Nervengift
07. Seelenräuber
08. Stillstand
09. Hier Bei Mir
10. Stirb Oder Friss
11. Wenn Alles Gesagt Ist
12. Ich Bleib
Band Website:
Medium: CD
Spieldauer: 44:24 Minuten
VÖ: 22.05.2020

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