Kontinuum - Kyrr | |
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Review von Zephir vom 26.04.2015 (5382 mal gelesen) | |
Wenn man an Island und Post Metal denkt, fallen einem natürlich an vorderster Front SÓLSTAFIR ein. Und wer noch …? Nun ja … Bei wem die Liste schon an dieser Stelle aufhört, der sollte sich einmal das Fünfergespann KONTINUUM zu Gemüte führen, das sich des Vergleiches mit der Combo um Aðalbjörn Tryggvason wohl kaum wird erwehren können. Anders als jene aber haben KONTINUUM in dieser Formation keinen Black-Metal-Background: Ihre Gründung im Jahr 2010 durch Birgir Thorgeirsson (Gesang, Gitarre) und Kristján B. Heiðarsson (der ehemalige Drummer, nunmehr ausgeschieden) zielte auf hypnotische, spirituelle Klänge, was sich in den bis dato von den beiden Musikern betriebenen Bandaktivitäten wohl nicht so recht integrieren ließ. Die schwarzmetallisch-mystische Tendenz der Musiker selbst hingegen lässt sich aber von Grund auf nicht leugnen: Unter den Pseudonymen Forn und Berti sind KONTINUUM-Frontman Thorgeirsson und Bassist Engilbert Hauksson aktiv bei den Black Metallern POTENTIAM, die von Jonsi Birgisson (SIGUR RÓS) produzieren ließen. Mit Black Metal hat "Kyrr", das zweite Album von KONTINUUM, dennoch nicht viel zu tun. Wenn ich mit meinen nicht vorhandenen Kenntnissen der isländischen Sprache richtig informiert bin, bedeutet der Titel so viel wie "ruhig" oder "still". Die Texte sind teils Englisch, teils in der Muttersprache Isländisch, was für die Hörerschaft ein großes Glück bedeutet - denn Englisch verstehen wir, und Isländisch klingt wunderschön. Der Opener 'Breathe' ist eine temporeiche Dunkelrock-Nummer mit viel Ohrwurmpotenzial und gut verständlichen Lyrics; das Thema ist offenbar eine nicht ganz glückliche Form der Leidenschaft. Das Riffing und der Beat haben einen nicht zu überhörenden Touch von Gothic Rock der erwachsenen, ernsthaften, ursprünglichen Sorte - irgendwo zwischen den SISTERS OF MERCY und ESCAPE WITH ROMEO auf Nordisch. 'Í Huldusal' (was bedeutet das bloß?) geht in ähnliche Richtung, wobei man sich hier in der Mitte des Songs mehr dem Post Metal zuwendet; man denke sich zur eben genannten Mischung noch eine Portion SÓLSTAFIR oder AGALLOCH hinzu: Das hypnotisch-fesselnde Moment hält einen gebannt. Es braucht nicht viel zu passieren, die Spannung ist einfach da. Das Album bewegt sich einstweilen ziemlich gleichförmig in Richtung des hellen, schneereichen Horizonts, und auch wenn das nun klingt wie ein Klischee: Die nordische Kühle ist in der Musik nicht zu überhören, sie strahlt irritierenderweise auch eigenartig warm glühend aus Thorgeirssons Stimme, die stets clean am Start ist. 'Lone' ist ein sphärisches Soundtrack-Instrumental, nach dessen Ausklingen die Gothic-Metal-Nummer 'In Shallow Seas' mit ihrer stampfenden Wucht erst einmal überrascht. Der Rausschmeißer 'Red Stream' schlägt die Brücke von diesem Charakter zurück zum Anfang, und als das Album mit Windrauschen ausfadet, möchte ich es grade noch einmal hören. Das Werk hat Tiefe, es hat Groove, es hat Tempo und bleibt dabei trotzdem kontemplativ und hypnotisch. Ein gelungenes Stück! Nachdem schon das Erstlingswerk von KONTINUMM, "Earth Blood Magic", auf MetalStorm.net als bestes Post-Metal-Album des Jahres 2012 nominiert worden war, hat man sich noch einmal gut ins Zeug gelegt. Ich möchte keine Kuschelnoten geben - die acht Punkte haben KONTINUUM wahrlich verdient. Noch mehr gäbe es vielleicht, wenn ich die Übersetzung der isländischen Lyrics hätte. Gesamtwertung: 8.0 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
01. Breathe 02. Í Huldusal 03. Hliðargötu Heimsveldi 04. Kyrr 05. Undir Þunnu Skinni 06. Lone 07. In Shallow Seas 08. Red Stream | Band Website: Medium: CD Spieldauer: 43:04 Minuten VÖ: 20.04.2015 |
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