Agrypnie - Grenzgænger / Pavor Nocturnus

Review von Rockmaster vom 26.10.2018 (8577 mal gelesen)
Agrypnie - Grenzgænger / Pavor Nocturnus Da dachte ich mir, man wächst an seinen Aufgaben, und bestellte mir ein Album zum Rezensieren, das so komplett gegen meine Hörgewohnheiten gebürstet ist. Black Metal - deutsche Band - deutsche Texte. Das würde anspruchsvoll für mich werden. Tatsächlich habe ich dann eine große Überraschung erlebt. Das Doppelpack besteht aus dem neuen Album "Grenzgænger" mit neuen Titeln und "Pavor Nocturnis", das Songs aus den Anfangstagen von AGRYPNIE und andere Stücke beinhaltet.

Der Opener 'Auferstehung' hätte mir die Rezension beinahe leicht gemacht. Wie im Kurztext erwähnt, beginnt der Song mit einem wabernden Klangteppich, der in Zusammenarbeit von Torsten (Gesang, Gitarre, Keyboards und mehr) von AGRYPNIE und dem Ambient-Künstler Mathias Grassow entstanden ist. Der zieht sich schon eine ganze Weile, bis Torsten seine erste Textzeile hineinschreit, und mit einem Schlag der berühmt-berüchtigte Noise Generator eingeschaltet wird. Meine Herren, wenn der Double Bass menschengemacht ist, dann fress ich 'nen Besen. Schnell das Bier austrinken, bevor es durch den hämmernden Schalldruck nur noch Schaum ist. Auf jeden Fall ist mit Moe scheinbar auch ein echter Drummer beteiligt, und außer ihm noch diverse Gäste und andere Musiker.

AGRYPNIE halten das Tempo, die Härte und den wahnsinnig schnellen Rhythmus auch wieder eine ganze Weile durch. Nach kurzer Zeit bereits kam mir der Gedanke, das könnte eine technisch hochqualifizierte musikalische Lachnummer sein. Nichts da! Ich muss vermuten bzw. unterstellen, dass AGRYPNIE das harte Aufeinanderprallen von Klängen, die unterschiedlicher nicht sein können, einfach mal ein paar Minuten lang zelebrieren wollten. Danach jedenfalls entfaltet sich das gesamte Album zu einem Kunstwerk aus langen bis überlangen Songs mit komplexen Strukturen, überaus abwechslungsreichen Rhythmen und melodischen Gitarrenparts. Langsame, melodische und schnelle, harte Passagen wechseln häufig. Dazu kommen die düster-depressiv herausgeschrienen Textzeilen, die eine unglaubliche Sogwirkung auf den Zuhörer haben können. Die Texte sind negativistisch bis nihilistisch, ich schätze mal, damit hat es sich schon bei der Einsortierung von AGRYPNIE in das Fach "Black Metal". Mit den Bands, die so ab den 80ern in diesem Genre firmierten, hat die Musik meiner Ansicht nach herzlich wenig zu tun.

Bei aller Düsternis, bei aller Härte und bei aller technischen Komplexität gelingt es AGRYPNIE trotzdem, dass die Songs irgendwie eine gewisse Schönheit ausstrahlen. Auch unter dem Vorbehalt, dass sie sich musikalisch wenig voneinander unterscheiden, ist das Gesamtwerk anspruchsvoll und fesselnd. Und bei aller Kunst ist "Grenzgaenger" zu schade, einfach nebenbei gehört zu werden. Dieses Album will ungeteilte Aufmerksamkeit.

Das zweite Album im Bündel, "Pavor Nocturnis", möchte ich aus der Bewertung ein wenig ausklammern. Wenngleich neu eingespielt, hört man doch, dass es sich bei den älteren Titeln zwar nicht um Rohdiamanten handelt, aber ganz fertig geschliffen sind sie auch noch nicht. Darüber hinaus gibt es stilistische Experimente im Elektronik-Bereich und durch orchestrale Neuinterpretationen. Das mag für dein beinharten Fan interessant sein, für jemand, der die Originale nicht kennt, fehlt diesen Stücken dieses Moment, das einen vollständig in den Bann zieht - mit Ausnahme des Liedes 'Augenblick'.

Gesamtwertung: 9.0 Punkte
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Trackliste Album-Info
01. Auferstehung (11:58)
02. In Die Tiefe (07:58)
03. Aus Zeit Erhebt Sich Ewigkeit (07:02)
04. Nychthemeron (13:05)
05. Grenzgænger (07:34)
06. Die Waisen Des Daidalos (08:15)
07. Die Längste Nacht (06:49)
08. Zu Grabe (07:38)
09. Veritas Mutabilis (06:23)
10. Pavor Nocturnus (07:10)
11. Agrypnie (08:09)
12. Neon (07:05)
13. Sinnflut (09:03)
14. Augenblick (07:12)
15. 16[485] - Brücke Aus Glas (08:56)
16. Fenster Zum Hof (11:03)
17. Cogito Ergo Sum (07:40)
Band Website: www.agrypnie.de
Medium: CD
Spieldauer: 143:00 Minuten
VÖ: 12.10.2018

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