Flying Circus - Seasons 25 (Limited Anniversary Edition) | |
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Review von derkleinekolibri vom 19.09.2022 (4433 mal gelesen) | |
"Grevenbroich!" "Gesundheit!", werden einige Leute verständlicherweise in Ermangelung geographischer Kenntnisse ausrufen. Ich aber sage, dieses etwas mehr als hundert Quadratkilometer große, in Nordrhein-Westfalen im Städte-Dreieck Düsseldorf-Köln-Mönchengladbach gelegene Örtchen hat wohl eine der faszinierendsten Bands Deutschlands hervorgebracht. Als meine gerade geborenen Kinder den Alltag größtenteils bestimmten, ging die Veröffentlichung des Debüt-Albums "Seasons" von FLYING CIRCUS 1997 komplett an mir vorbei. Erst nach der Jahrtausendwende, als ich bereits von Berlin nach Franken gezogen war, machte ich diese Nachlässigkeit ungeschehen. Mit Begeisterung hörte ich mir das Album an, dessen Musik zwischen Hard Rock und Progressive Rock angesiedelt ist. Mir wurde schlagartig klar, warum man FLYING CIRCUS bereits nach dem Erscheinen dieses ersten Albums als Geheimtip handelte, und das nicht nur in unserer Heimat, sondern sogar weltweit. Nun haben sich die Mannen zum 25jährigen Jubiläum etwas ganz Besonderes einfallen lassen. Zwei CDs sollen des Hörers Herz höher schlagen lassen. Die erste CD enthält eine remasterte Version des Originals, "Seasons 1997 Remastered" betitelt, die leider nur in einem Cardboard Sleeve geliefert wird. Der zweite Silberling kommt in einem wunderschön gestalteten Digipak mit einem sehenswerten sechzehnseitigen Booklet daher und nennt sich "Seasons 25". Das Besondere daran: Die Burschen haben alles noch einmal komplett neu eingespielt, die Arrangements ein wenig geändert, hier und da etwas weggelassen und so weiter und so fort. Im Klartext, das Album ist dasselbe wie das originale und dennoch komplett anders. Schauen wir uns zuerst einmal die remasterte Originalversion an: Glasklare Aufnahmen erschallen hier. Gegenüber dem einstigen Original schon mal ein deutlicher Klanggewinn. Alleine dieser rechtfertigt schon den Aufwand des Remasterns. Die zwölf Songs selbst könnten unterschiedlicher nicht sein. Ein weiterer Pluspunkt, denn abwechslungsreiche Alben sind mir die liebsten. Natürlich ist es dann nicht verwunderlich, dass es Licht und Schatten gibt. Wobei hier eindeutig das Licht überwiegt und den einzigen Schwachpunkt, 'In All Ways And Always', in den genannten Schatten stellt. Seid mir bitte nicht böse, Jungs, aber mich erinnert das Stück an Gitarrengeplänkel à la ANGELO BRANDUARDI, das sich zudem auch noch zu sehr in die Länge zieht. Mit zunehmender Laufzeit - die CD ist 73 Minuten und 48 Sekunden lang - werden die Songs immer besser. Der erste Höhepunkt ist dann auch folgerichtig 'Interior Monologue'. Obwohl der Titel recht langsam ist, klingen die Gitarren dennoch schön hart und ein starkes Solo rundet das Stück ab. Übertroffen wird das Stück dann von 'Supersonic Man', dem man die Spielfreude der Jungs sofort anhört. Klingt etwas ähnlich wie eine Orgel, so wie hier, dann werde ich einfach schwach. Doch das war es dann noch immer nicht. Den absoluten Ohrgasmus erlebt man schließlich bei dem stark an LED ZEPPELIN erinnernden 'Never Again', eine brillante Gitarre trifft auf eine exzellente Stimme und macht diesen Titel zu einem Meisterwerk der progressiven Musik. Die Daseinsberechtigung der zweiten CD - diese ist knapp 10 Minuten kürzer als die erste - liegt darin, dass man sich die Mühe gemacht hat, die "angestaubten" Originale aufzuhübschen, sprich alle Staubmäuse zu entfernen, die man meint, auf dem Album von 1997 entdeckt zu haben. Hier ist dem Quintett etwas gelungen, das nur äußerst selten von Erfolg gekrönt sein dürfte. Trotz Straffung der meisten Titel wurde ein Produkt geschaffen, dem man die musikalische Reife der Musiker anmerkt. Mit all ihrem Wissen und Können sind sie jeden Titel neu angegangen und haben ihn verändert. Die Musik klingt wesentlich frischer und dynamischer als vorher. Sicher auch ein Ergebnis der noch besseren technischen Möglichkeiten als zu damaligen Zeiten, aber nichtsdestotrotz muss man diese Arbeit über alle Maßen loben. Klar, das dritte Stück gefällt mir noch immer nicht, aber das ist Meckern auf allerhöchstem Niveau. Das beste Ergebnis der Frischzellenkur fährt tatsächlich mein absoluter Favorit schon des originalen Albums ein. 'Never Again' ist zwar fast 80 Sekunden kürzer, klingt aber noch besser als die ohnehin schon geile Originalversion. So wird aus einem Meisterwerk ein Jahrhundertwerk. Die komplette CD stelle ich somit noch eine Stufe höher als die remasterte CD. Beide CDs kommen mit einer Banderole umwickelt daher, auf der schon viele wichtige Details abzulesen sind. Das Ganze nennt sich dann Limited Anniversary Edition und dürfte meiner bescheidenen Meinung nach in keiner guten Tonträgersammlung fehlen. Ab dem 16. September 2022 sollte dieses Doppelpack erhältlich sein, dieser Tag ist für die Veröffentlichung vorgesehen. Bindet euch die paar Taler ans Bein und gebt der "Geiz-ist-geil-Mentalität" keine Chance. Gesamtwertung: 9.0 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
01. The Jewel City 02. Footprints In The Sand 03. In All Ways And Always 04. Follow The Empress 05. Seasons 06. Antigone's Lament And Triumph 07. Let It Be Gone (Don't Bother) 08. Interior Monologue 09. Evening Solace 10. Supersonic Man 11. Never Again 12. The Jewel City... Reprise | Band Website: Medium: 2 CDs Spieldauer: 137:40 Minuten VÖ: 16.09.2022 |
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